Brauchen wir Superkliniken?

„Im deutschen Gesundheitssystem fehlt weder Geld noch Personal, sondern eine Portion Shopping-Mentalität.“ Dieser Satz stammt aus einem Kommentar in der Süddeutschen Zeitung Ende Oktober. Es ging um die Frage, ob es zu viele Krankenhäuser in Deutschland gibt und die Versorgungsqualität darunter leidet. Deshalb die Frage: Brauchen wir in Deutschland nur wenige Superkliniken, wie etwa in Dänemark?

 

gesundheitshelden-eu_superklinik_qDeutschland ist das Land der Krankenhäuser. Die gut 80 Millionen Bewohner verteilten sich 2015 auf beinahe 2000 Krankenhäuser, die 498 Betten beherbergten. Pro Krankenhaus gibt es im Schnitt folglich 40.000 potentielle Patienten. Viele kleine Kliniken, die nicht gut ausgestattet sind – das Hauptproblem, dem wir uns anscheinend stellen müssen – liegen in Ballungszentren, also in Gegenden, die mit Versorgern dicht besiedelt sind.

Experten fordern weniger Kliniken

Die Qualität der Krankenhausversorgung stand bereits Ende des letzten Jahres auf dem Prüfstand. Mit dem Krankenhausstrukturgesetz sollte sie gesteigert werden; es ging hauptsächlich um Qualität als Kriterium, das Pflegestellen-Förderprogramm und die Notversorgung. Damals ging es aber nicht konkret um die Anzahl der Kliniken in Deutschland.

Jetzt hat sich die Nationale Akademie der Wissenschaften zu Wort gemeldet. In acht Thesen plädieren sie für eine bessere Verteilung der Ressourcen (finanziell und personell) sowie eine durchaus drastische Reduzierung der Anzahl an Krankenhäusern. Die Umstrukturierung nach ihren Vorstellungen würde 330 Klinikzentren in ganz Deutschland übriglassen.

Die Autoren der Thesen gehen mit ihrem Vorschlag bekannte Wege, nur forscher als bisher. Bettenabbau ist bereits seit den 90er-Jahren Thema und ein Mittel, um Geld-, Personal- und Qualitätsprobleme zu lösen. Der Unterschied liegt darin, dass sie Betten samt Gebäude reduzieren wollen.

Die 8 Thesen

  1. Ökonomisches Handeln im Gesundheitssystem ist geboten – aber ausschließlich zum Wohl des einzelnen Patienten und der Gesellschaft.
  2. Mehr Geld macht ein System nicht automatisch leistungsfähiger.
  3. Vorhandene Überkapazitäten dürfen nicht dazu führen, dass außermedizinische Überlegungen die Indikationsstellung beeinflussen.
  4. Eine Weiterentwicklung des DRG-Systems allein reicht nicht aus, um die ökonomischen Fehlentwicklungen zu beheben.
  5. Qualifiziertes medizinisches Personal ist derzeit im Grunde ausreichend vorhanden, aber auf zu viele Häuser verteilt.
  6. Eine angemessene Analyse des Gesundheitssystems braucht Transparenz und den Zugang zu Informationen.
  7. Wettbewerb hat Grenzen.
  8. Die Gesundheitsversorgung braucht klare und verlässliche politische Rahmensetzungen, innerhalb derer ein Qualitätswettbewerb stattfinden kann. Es braucht zusätzlich politischen Mut, die notwendigen Strukturveränderungen anzugehen.

Ihre Kritik gilt vor allem der Ausstattung vieler Krankenhäuser. Nur jedes vierte Krankenhaus verfügt über einen Computertomografen und jedes fünfte Haus hat kein Intensivbett. Medizinische Kompetenz wird den Autoren nach zu stark verteilt. So sehr, das dadurch teilweise medizinische Probleme entstehen.

Medizinische Probleme durch zu viele Krankenhäuser

In Berlin etwa verfügen nur 15 Kliniken über eine zertifizierte Stroke-Unit. Nur sie können also die intensivmedizinische Behandlung von Schlaganfällen sicherstellen. Nichtsdestotrotz fahren Krankenwagen Schlaganfallpatienten zu Krankenhäusern, die nicht entsprechend ausgestattet sind. Der Grund liegt in ihrer zeitnahen Erreichbarkeit. Auch in anderen Zahlen zeichnet sich die teils mangelnde Qualität der krankenhäuslichen Versorgung ab. 2013 beispielsweise verstarben 8,7 Prozent der Herzinfarktpatienten über 45 Jahre auf der Station des Krankenhauses, in das sie eingeliefert wurden. Das sind doppelt so viele wie in Schweden oder Australien.

Politisch ist die Schließung von Krankenhäusern nicht gut angesehen und die Gunst der Wähler könnte Schaden nehmen. Beim Wort „schließen“ denken wir schnell an Personalkürzung und Stellenabbau, obwohl das gar nicht geschehen soll. Vielmehr ist von Umstrukturierung die Rede. Hinzu kommt die Angst, dass die ärztliche Versorgung in ländlichen Regionen weiter abnehmen würde. Dem muss aber entgegengehalten werden, dass die kleinen, der Schließung zum Opfer fallenden, Kliniken den Autoren zu folge gerade in Ballungsgebieten liegen. Berlin beispielsweise hätte zukünftig also nicht mehr dreimal so viele Krankenhäuser, wie Mecklenburg-Vorpommern.

Bild: Flickr.com, Bildausschnitt; Jim Moore; CC BY 2.0

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