Freitag nachmittag. Telefon. Eine Frau ruft an. Die Pharmaassistentin nimmt ab.
Nach ein paar Minuten reicht sie sie mir mit den Worten: „Sie glaubt mir nicht, dass man für Novalgin ein Rezept braucht.“
„Pharmama am Telefon?“
Frau: „Ja – ich weiss nicht, ob ihre Kollegin ihnen erzählt hat, um was es geht … ich habe mir vor 2 Monaten den Arm gebrochen, dann war ich dafür im Spital, wo sie operieren mussten. Das ist jetzt gut, jedenfalls haben sie mich nach Hause geschickt, ich habe aber immer noch Schmerzen. Zuhause habe ich noch Novalgin gefunden, das habe ich vor ein paar Jahren einmal bekommen … das ist aber noch gut, also habe ich das genommen. Jetzt kommt das Wochenende und ich habe Angst, dass sie nicht reichen. Ihre Kollegin will mir aber keine geben.“
Das hat sie nicht gesagt, erst mal nur dass es rezeptpflichtig ist. Aber … Detail … wegen dem muss ich ja jetzt mit ihr reden.
Pharmama: „Okay. Sie haben das also vor ein paar Jahren schon gehabt und vertragen?“
Frau: „Ja.“
Pharmama: „Was haben sie Ihnen im Spital für Schmerzmittel gegeben?“
Frau: „Gegen Ende auch Novalgin, glaube ich.“
Pharmama: „Und Sie haben bei der Entlassung kein Ausgangsrezept dafür bekommen?“
Frau: „Nein, ich habe ihnen gesagt, ich habe noch etwas zu Hause und die Idee war, dass ich bald danach zum Arzt gehen würde, aber das habe ich noch nicht geschafft. Und jetzt ist er sowieso nicht da.“
Pharmama: „Okay, ich denke am besten mache ich ihnen einen Vorbezug für die Novalgin und sie nehmen nach dem Wochenende mit dem Arzt Kontakt auf, damit er ein Rezept dafür ausstellt.“
Frau: „Die Packung kostet nur etwas über 5 Franken! Weshalb braucht das ein Rezept?!“
Pharmama: „Ah, aber der Preis eines Medikamentes hat keinen Zusammenhang mit seiner Wirkung. Das Novalgin ist rezeptpflichtig, weil es eine seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkung hat, auf die man achten muss. Agranulocytose. Das kann Blutbildveränderungen machen.“
Frau: „Oh, und wie äussert sich das?“
Pharmama: „In Hautproblemen und Übelkeit erst mal.“
Frau: „Oh. Ist mir vielleicht deshalb nicht so gut?“
Pharmama: „Seit wann ist ihnen nicht gut?“
Frau: „Seit heute morgen ist mir schwindelig und so.“
Pharmama: „Und seit wann nehmen Sie die Novalgin?“
Pharmama: „Seit heute mittag.“
(!) … ich brauche einen Moment, damit ich ruhig genug weiterreden kann. Nicht dass sie merkt, dass ich jetzt innerlich lache.
Pharmama: „Dann kommt das aber nicht vom Novalgin.“
Frau: „Nicht?“
Pharmama: „Nein, Nebenwirkungen treten erst auf, nachdem man das Medikament genommen hat.“
Frau: „Aha. Dann kann ich das also nehmen?“
Pharmama: „Ich denke ja. Ich mache ihnen also einen Vorbezug für eine kleine Packung und sie telefonieren am Montag mit dem Arzt und besorgen ein Rezept?“
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