Nachbesserungsrecht für Zahnärzte – Chance im Prozess

Das OLG Dresden hat in einem Beschluss vom 06.12.2016 (Az: 4 U 1119/16) das Nachbesserungsrecht von Zahnärzten bei der Anfertigung von Prothesen bejaht.

Der Fall:

Der Patient wurde von seinem beklagten Zahnarzt mit einer Oberkieferprothese versorgt. Zudem ließ sich der Patient von einem anderen Zahnarzt am Unterkiefer behandeln. Dabei traten jedoch Störungen auf, die der Kläger vom Beklagten beheben lassen wollte. Dies verweigerte der Zahnarzt, da er die Behandlung am Unterkiefer nicht vorgenommen hatte. In der Folge traten jedoch Mängel an der vom Beklagten angefertigten Oberkieferprothese auf. Als dieser davon Kenntnis erlangte, bot er dem Patienten die Nachbesserung in seiner Praxis an. Der Kläger lehnte das Angebot ab, da er aufgrund der Behandlungsverweigerung bezüglich des Unterkiefers von einem gestörten Arzt-Patienten-Verhältnis ausging. Es sei ihm unzumutbar, die Reparatur vom Beklagten durchführen zu lassen. Vielmehr ließ er diese von einer anderen Praxis übernehmen und verlangte Kostenersatz.

Die Entscheidung:

In begrüßenswerter Weise hat das OLG Dresden diesen Anspruch – ebenso wie das LG Chemnitz in der Vorinstanz (Az: 4 O 308/14) – abgelehnt. Es arbeitet in seiner Entscheidungsbegründung zunächst heraus, dass auch der zahnärztliche Behandlungsvertrag grundsätzlich als Dienstvertrag einzustufen ist und daher im Regelfall gerade kein Behandlungserfolg geschuldet sei. Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn – wie im vorliegenden Fall – nicht die Heilbehandlung, sondern die technische Anfertigung einer Prothese im Vordergrund steht (OLG Dresden, Beschl. v.  06.12.2016 – 4 U 1119/16 – Rn. 4). In einer solchen Konstellation greift die Mängelgewährleistung des Werkvertragsrechts nach §§ 634 ff. BGB.

Das Nachbesserungsrecht:

Will der Patient gemäß den §§ 634 Nr. 2, 637 I BGB einen aufgetretenen Mangel anderweitig beheben lassen und dafür Kostenersatz verlangen, muss er dem Zahnarzt zunächst eine Frist zur Nacherfüllung setzen. Diese ermöglicht es dem Zahnarzt, die Fehler an der gefertigten Prothese selbst zu beheben ohne zusätzlichen Kostenersatzansprüchen ausgesetzt zu sein. Versäumt der Patient eine solche Fristsetzung, wird das Nachbesserungsrecht des Zahnarzt umgangen und etwaige Ansprüche scheiden aus.

Dabei geht das OLG Dresden auch davon aus, dass die Frist vorliegend nicht gemäß den §§ 637 II, 323 II BGB entbehrlich gewesen ist. Zum einen hatte der Zahnarzt die Nacherfüllung nicht verweigert, da er dem Patienten die Nacherfüllung ausdrücklich angeboten hatte und sich die Behandlungsablehnung nur auf die nicht vom Beklagten durchgeführte Unterkieferversorgung bezog. Zum anderen war es dem Kläger auch nicht unzumutbar, die Nachbesserung durch den Beklagten durchführen zu lassen. Dies wird u.a. damit begründet, dass der Mangel an der Oberkieferprothese vorrangig auf einem Laborfehler durch den zuständigen Zahntechniker basiere. Einen solchen habe der Zahnarzt zwar rechtlich zu vertreten, hervorgerufen habe er ihn jedoch nicht (OLG Dresden, Beschl. v.  06.12.2016 – 4 U 1119/16 – Rn. 10).

Der Beschluss setzt die Entscheidungspraxis des OLG Dresden fort, das bereits im Jahr 2008 das zahnärztliche Nachbesserungsrecht hervorgehoben hatte (OLG Dresden, Beschl. v. 21.01.2008 – 4 W 28/08). Dennoch ist er als „Aufatmen“ zu werten. Schließlich bestätigt er das Recht auf Nacherfüllung. Dessen Bestehen war aufgrund des Urteils des BGH vom 29.03.2011 (VI ZR 133/10) teilweise angezweifelt worden. Der BGH hatte einen zahnärztlichen Behandlungsfehler als solch ein vertragswidriges Verhalten eingestuft, das den ärztlichen Vergütungsanspruch entfallen lassen kann. Das OLG zeigt aber nun einmal mehr auf, dass daneben für das Gewährleistungsrecht ein eigener Anwendungsbereich bestehen bleibt.

Praxistipp:

Zahnärzte werden durch die Entscheidung in ihrer Position bestärkt. Werden Mängel von Prothesen oder ähnlich technischen Anfertigungen gerügt, sollten Ärzte dem Patienten immer auf ihrem Nachbesserungsrecht bestehen und dies den Patienten stets anbieten. Günstig ist es, sich dieses Angebot schriftlich bestätigen lassen. In jedem Fall sollte das Angebot in der Patientenakte dokumentiert werden. Dadurch lässt sich die Bereitschaft zur Reparatur nachweisen. Dies ist insbesondere dann von Interesse, wenn der Patient eine erneute Behandlung ausschlägt.

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