Die gute Tat des Tages war heute, dass ich über eine halbe Stunde damit verbracht habe, eine Patientin zu nötigen ein Glas Wasser zu trinken.
Vorgeschichte: Sie hat bei uns ein Dosett, das sie einmal wöchentlich gerichtet bekommt und abholt. Dabei bringt sie das alte Dosett retour. Dabei fällt heute auf, dass erstens etwas verwirrt scheint und dass sie viele Tabletten in der letzten Woche nicht genommen hat. Das ist schlecht. Nicht genommene Tabletten wirken nicht und viele muss man auch wirklich regelmässig nehmen. Eine Aufgabe die das Dosett erleichtern soll – und auch wir indem wir wöchentlich ein Auge drauf haben – ist ja die Adhärenz – also, dass die Medikamente richtig genommen werden.
Darauf angesprochen meint sie, dass sie nicht genau wisse, wieso … wahrscheinlich habe sie es einfach vergessen, denn sie war ziemlich krank (Erkältet) und hat die letzten Tage viel im Bett verbracht und kaum etwas gegegessen und getrunken.
Hmmm – wenig getrunken? Bei älteren Leuten (und das ist sie) löst Dehydration ziemlich schnell psychologische Phänomene aus … auch Gedächtnisprobleme etc. Also frage ich mehr nach über ihr Trinkverhalten.
Sie erzählt mir, dass sie allgemein etwas Mühe hat mit dem trinken, vor allem hat sie nie Durst, also sieht sie auch nicht ein, weshalb sie trinken muss.
Dabei ist sie auch jetzt nicht wirklich fit. Sie erscheint mir mehr gedämpft, als das nur von halbüberstandener Erkältung erklärbar ist.
Ich frage sie, ob ich etwas testen darf – dafür bräuchte ich ihren Arm.
Sie reicht ihn mir und ich kneife die Haut (vorsichtig natürlich) zusammen. Ältere Haut ist schon dünner, so geht das gut, aber was bei ihr auffallend ist: wie langsam die Hautfalte danach wieder verschwindet. Ich erkläre ihr, dass das ein Zeichen von Dehydration ist – also dass sie enorm ausgetrocknet ist. Immerhin bleibt die Hautfalte nicht stehen, dann hätte ich sie wohl grad ins Spital oder zum Arzt geschickt, aber so stelle ich ihr ein Glas Wasser mit dem neuen Dosett vorne dran und erkläre ihr, dass sie das doch bitte trinken soll, bevor sie geht.
Sie hat wirklich eine geschlagene halbe Stunde gebraucht dafür, bis sie es (mit viel huffen und puffen, Gesicht verziehen und zwischen den kleinen Schlucken viel reden) ausgetrunken hat. Die halbe Stunde habe ich ausser mit Smalltalk auch mit Information ausgefüllt, wie wichtig ein ausreichender Flüssigkeitshaushalt ist und dass sie zu Hause auch trinken muss.
Ich hoffe, sie hält sich dran. Ansonsten landet sie nämlich wirklich noch beim Arzt deswegen.