Eier bemalen für Ostern – einmal nicht ganz so alltäglich

Frisch gekocht liegen die Eier bereit. Ausreichend abgekühlt sind sie, wie Carina Hundert mit einem Griff überprüft. Die Tische sind abgeräumt – Alexander Riehle, Peter Ludwig und die anderen Bewohner warten schon ungeduldig, wollen eigentlich am liebsten sofort starten. Andere sind noch etwas skeptisch. Allen voran Gabriele Keiner. Sie will heute eigentlich nur zuschauen.

Lebensqualität trotz schwerer Krankheit
Lyudmyla Heidenreich und Henry Schubert

Lyudmyla Heidenreich und Henry Schubert

Im Vitos Pflegezentrum Weilmünster wohnen Menschen, die nach einer schweren neurologischen Erkrankung mit so gravierenden Folgen zu kämpfen haben, dass sie ihr Leben nicht ohne Hilfe bewältigen können. Einige müssen beatmet werden, andere liegen im Wachkoma. Wieder andere haben einen Teil ihrer Selbstständigkeit wiedererlangt, sind allerdings dennoch auf Unterstützung angewiesen. Spezielle Pflegerollstühle, Sauerstoffgeräte und andere medizinische Hilfsmittel gehören zum alltäglichen Bild. Mithilfe der pflegerischen und therapeutischen Mitarbeiter feiern die Bewohner aber auch Fasching oder bemalen eben Ostereier. Alexander Riehle verschenkt seine Ostereier gerne an die Mitarbeiterinnen des Pflegezentrums. Er möchte in der Hinsicht noch was gut machen. Beim letzten Mal hat er nämlich jemanden vergessen. Das erste Osterei mit Herz und Namen ist daher einer Art Wiedergutmachung für vergangenes Jahr. Vier weitere Eier mit Herzen stehen für ihn aber noch auf dem Plan.

Kunstwerke mit Initialen

Das Prinzip klingt eigentlich ganz einfach: Pinsel in die Hand, Wasser, die passende Farbe und das gewünschte Muster auf das Ei. Aber wer hält das zerbrechliche Gebilde, wenn die eine Hand etwa durch einen Spasmus, also eine Verkrampfung, kaum beweglich ist? Mit ein wenig Hilfe von Nadine Machado, Sina Müller, Lyudmyla Heidenreich und Carina Hundert ist das Problem zu lösen. Die Mitarbeiterinnen des Pflegezentrums sind an diesem Vormittag die zweite Hand für jeden.

Antonio Citera und Sina Müller

Antonio Citera und Sina Müller

Aufmunternde Worte gibt’s inklusive. Wer zumindest eine frei bewegliche Hand hat, wird animiert, mitzumachen. Am Gesichtsausdruck jedes einzelnen ist abzulesen, wie viel Konzentration es erfordert. Schließlich soll das Muster ja nicht durch zittrige Linien auffallen. Der Ehrgeiz ist schnell geweckt.

Erfolgserlebnis inklusive

Für einige der Bewohner ist der Griff zum Pinsel allerdings noch außerhalb ihrer Möglichkeiten. Sie können ihre Bewegungen einfach noch nicht ausreichend koordinieren. Dafür haben die Mitarbeiterinnen mit Stickern vorgesorgt. Schließlich ist nicht nur ein selbst bemaltes, sondern auch ein selbst beklebtes Ei etwas Besonderes. Gabriele Keiner hat bei den anderen gesehen, was möglich ist und traut sich letztendlich doch. Eines der Eier möchte sie selbst bekleben. Hilfe nimmt sie dabei nur so viel an, wie unbedingt notwendig. Lyudmyla Heidenreich darf ihr das Ei halten und sie darf ihr auch die verschiedenen Sticker zeigen. Dank ihrer Entschlossenheit schafft sie es, die filigranen Blumen mit einer Hand selbst aus dem Heft zu lösen und auf dem Ei zu befestigen.

Gabriele Keiner

Gabriele Keiner

„So schön habe ich Ostern lange nicht mehr gefeiert“, sagt sie mit Blick auf ihr eigenhändig gestaltetes Kunstwerk.

Bilder: Sonja Achenbach