Mit 2,1 Millionen Infizierten ist Indien das Land mit der drittgrößten HIV-Epidemie der Welt – eine Herausforderung nicht nur für das Gesundheitssystem. Axel Schock war zu Besuch in Mumbai.
Eine gute Stunde dauert die Fahrt von der Central Station in den Stadtbezirk Borivali im Norden Mumbais. Prachtbauten der britischen Kolonialherren, Business-Center und Ministerien, die die Südspitze der Megacity prägen, sucht man hier vergebens.
In den engen Gassen werden Obst und Gemüse feilgeboten, auf den breiteren drängen sich die Rikscha-Taxis. Die Hochhäuser dazwischen, so scheint es, haben ihre besten Tage schon Jahrzehnte hinter sich. In diesem hektischen Gewusel also soll sich das SAATHII-Zentralbüro des indischen Bundesstaates Maharashtra befinden, immerhin einer der größten indischen Bundesstaaten, mit einer Fläche fast so groß wie die Bundesrepublik. SAATHII steht für „Solidarity and Action Against the HIV Infection in India“ und ist eine der größten HIV-Organisationen des Landes.
Handwerker arbeiten vor ihren kleinen Werkstätten, Hühner scharren in der Erde, Rinder streunen umher und aus einem kanalisierten Wasserlauf dampft Kloakengestank. Wenige Meter davon entfernt findet man dann tatsächlich auch das Apartmenthaus, in dem sich SAATHII eingemietet hat.
Wüsste man nicht die Wohnungsnummer, man wäre verloren. Kein Schild im Treppenhaus verrät den Mieter im sechsten Stock. Erst an der Wohnungstür findet sich das Kürzel. Von drei karg eingerichteten Zimmern aus koordiniert die Organisation ihre zahlreichen HIV-Projekte in Maharashtra.
Dr. Manish Mudaliar und sein Team sind sichtlich erfreut über den Besuch aus Deutschland. Stolz erzählen sie von der Entwicklung ihrer Organisation. Ins Leben gerufen wurde sie Anfang der 1990er-Jahre von einer aus den USA zurückgekehrten Ärztin. Gemeinsam mithilfe von Freiwilligen, insbesondere von Studierenden, wurden damals von der an der Ostküste Indiens gelegenen Stadt Chennai aus vor allem medizinische Betreuungsprojekte initiiert.
Aufbau eines landesweiten Netzwerks
Nach und nach erwarb man sich nicht nur das Vertrauen der Gesundheitsbehörden in Delhi, sondern, viel wichtiger, auch der regionalen und lokalen Verwaltungen. Sukzessive entstand so – mit finanzieller Unterstützung von UNAIDS, der Elizabeth Taylor AIDS Foundation und anderen internationalen Geldgebern – in mittlerweile der Hälfte aller Bundesstaaten ein Netzwerk mit Selbsthilfegruppen, zielgruppenspezifischen Präventionsangeboten und HIV-Test- und Mutter-Kind-Programmen.
Wie in vielen anderen Ländern setzt man auch hier auf Peer-to-Peer-Angebote, insbesondere innerhalb der schwulen Community und bei den Sexarbeiterinnen.
Fast 90 % wissen nichts von ihrer Infektion
Nach aktuellen Schätzungen sind 2,1 Millionen der 1,2 Milliarden indischen Einwohner_innen HIV-infiziert. Doch 87 Prozent, und damit mehr als doppelt so viel wie im weltweiten Durchschnitt, wissen nichts von ihrer Infektion. Das Gesundheitsministerium berät deshalb aktuell über die Zulassung von HIV-Heimtests.
Seit 2004 haben Menschen mit HIV in Indien Anspruch auf eine kostenlose Behandlung. Dass sich die Regierung dazu entschloss, ist auch der Lobbyarbeit von Organisationen wie SAATHII zu verdanken. In den Neunzigerjahren wurden Patient_innen in Krankenhäusern oft ungefragt auf HIV getestet und nach einem positiven Befund unter fadenscheinigen Gründen weggeschickt, ohne dass ihnen die Diagnose mitgeteilt worden war.
HIV-positive Patient_innen waren schlicht unerwünscht, schon gar nicht wollte man HIV-Therapien anbieten. Mit der Hilfe von SAATHII wurden – neben den staatlichen – mittlerweile landesweit auch über 10.000 private Kliniken in die Versorgung eingebunden.
Menschen mit HIV erhalten hier nicht nur kostenfrei Medikamente, sondern können mit einer vorurteilsfreien Behandlung durch geschultes medizinisches Personal rechnen. Niedergelassene HIV-Fachärzt_innen sind in Indien hingegen eine Rarität. Manish Mudaliar schätzt sie auf gerade einmal 50 – landesweit.
Kostenlose HIV-Medikamente – aber nur „so weit wie möglich“
Dennoch sind nur rund 43 Prozent der positiv getesteten Menschen in Therapie. Die Ursache dafür sehen HIV-Organisationen in dem nationalen „HIV- und Aids-Präventions- und Kontrollgesetz“, das im März 2017 die „Rajya Sabha“ passierte, die zweite Kammer des indischen Parlaments.
Nur 43 % der HIV-Positiven sind in Therapie
Demzufolge ist der Staat dazu verpflichtet, HIV-Infizierten und an Aids Erkrankten die notwendigen Medikamente „as far as possible“ kostenfrei zur Verfügung zu stellen.
„So weit wie möglich“ bedeutet: Anders als von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlen, wird nicht allen HIV-Infizierten grundsätzlich eine antiretrovirale Therapie (ART) angeboten, sondern erst dann, wenn die Zahl der CD4-Helferzellen unter 500 gefallen ist oder die Patient_innen zusätzlich an Hepatitis oder Tuberkulose erkrankt sind.
„Soweit wie möglich“ bedeutet zudem: Zweitlinientherapien mit teureren Medikamenten werden in der Regel nicht bereitgestellt. Resistenzen aber sind keine Seltenheit, insbesondere in ländlichen Gebieten, wo HIV-Patient_innen aufgrund der langen Anfahrtswege zu den Kliniken oft ungewollt ihre Therapie unterbrechen müssen.
„Indien könnte ein führendes Beispiel in der HIV-Behandlung sein“
Für HIV-Aktivist_innen ist das Gesetz ein Offenbarungseid. „Es ist äußerst beunruhigend, dass die indische Regierung sich selbst dieses Schlupfloch geschaffen hat, zumal in einer Zeit, in der das HIV-Programm der Regierung in Unordnung ist und antiretrovirale Medikamente über lange Zeit nicht lieferbar sind“, klagt Gregg Gonsalves, Vorsitzender der International Treatment Preparedness Coalition (ITPC).
Befremdlich sind die Gesetzesformulierung und die instabile Medikamentenversorgung nicht zuletzt auch, weil Indien als der größte Hersteller generischer Arzneimittel weltweit gilt. „Indien könnte ein führendes Beispiel in der HIV-Behandlung für die Welt sein“, sagt ITPC-Geschäftsführer Solange Baptiste. Stattdessen jedoch würde faktisch das Recht auf Leben für HIV-Infizierte ausgehöhlt.
Verweigerung am Welt-Aids-Tag
68.000 Todesfälle infolge von Aids wurden allein 2015 landesweit registriert; in einigen Städten wurde ein Anstieg von bis zu 20 Prozent verzeichnet. HIV-Organisationen führen diese Entwicklung auf die restriktive Behandlungsstrategie und die dadurch verstärkt auftretenden opportunistischen Infektionen zurück. Die „National AIDS Control Organization“ (NACO), eine Unterbehörde des Gesundheitsministeriums, hingegen wiegelt ab und sieht als Grund dafür eine bessere Erfassung der Todesursachen.
Auch für das Aids-Forum Mumbai, einen Dachverband von HIV-Einrichtungen und -Organisationen, ist die Streichung des folgenreichen Halbsatzes aus dem Gesetz überfällig. Um den politischen Druck zu forcieren, nutzte man den Welt-Aids-Tag 2016 für einen demonstrativen Akt der Verweigerung: Man erklärte ihn zu einem „Zero Activity Day“ und cancelte die Mitwirkung an sämtlichen offiziellen Aktionen rund um den Welt-Aids-Tag.
Die antiretrovirale Therapie für alle würde für den indischen Staat jährliche Mehrkosten in Höhe von 15 Millionen Euro bedeuten. Das Geld, so ein NACO-Sprecher, sei nicht das Problem, sondern vielmehr die Versorgung der zusätzlichen HIV-Patient_innen.
So mangelt es beispielsweise schlicht an technischen Einrichtungen wie etwa Labors. Für die über zwei Millionen Menschen mit HIV gibt es lediglich sieben Einrichtungen, in denen die Viruslast bestimmt werden kann. So kommt es übrigens auch immer wieder zu HIV-Übertragungen durch Blutkonserven, die aus Kostengründen beziehungsweise wegen fehlender Kapazitäten nicht getestet wurden.
Doch Mutter-Kind-Übertragungen, intravenöser Drogengebrauch und kontaminierte Blutprodukte machen lediglich knapp zwei Prozent der 86.000 HIV-Neuinfektionen (2015) aus. Hauptübertragungsweg bleibt ungeschützter Sex.
Zwangsprostitution ist eines der größten Probleme des Landes
In Indien steht man bei der Prävention dabei vor ganz eigenen Herausforderungen. Zum Beispiel in Sachen Sexarbeit. Zwangsprostitution ist eines der größten Probleme des Landes. Auch ein großer Teil der geschätzt 150.000 Sexarbeiterinnen in Mumbai wurde unter falschen Versprechungen aus ärmlicheren Gebieten Indiens oder aus Nepal und Bangladesch in Bordelle verschleppt.
Wenn sie nach Jahren der sexuellen Ausbeutung freikommen, bleibt ihnen meist nur, ihr Überleben weiterhin als Prostituierte zu sichern. Dann erst haben Hilfsorganisationen die Möglichkeit, diese Frauen durch Peer-to-Peer-Projekte zu erreichen, sie über Gesundheitsvorsorge aufzuklären beziehungsweise ihnen einen Ausstieg aus der Prostitution zu ermöglichen.
Die Rolle der Fernfahrer und Wanderarbeiter in der Infektionskette
Wer tagsüber ahnungslos durch die schmalen Gassen von Mumbais Stadtteil Kamathip streift, wird kaum bemerken, dass er_sie sich im größten und bekanntesten Rotlichtviertel des Landes befindet. Prostitution ist in Indien offiziell verboten, doch viel befürchten müssen weder Freier noch Bordellbesitzer. Dennoch verlaufen die Geschäfte relativ diskret. Auffällig ist lediglich die Dichte an Arztpraxen für Haut-und Geschlechtskrankheiten, die ganz offensiv für ihre Dienste und auch für HIV-Tests werben.
Bordellbetriebe wie in Kamathip gelten als wichtige Glieder innerhalb der Infektionsketten von den Metropolen hinein in die ländlichen Gegenden. Ein Drittel der Freier nämlich gehört nach Erhebungen zu den über vier Millionen Fernfahrern Indiens. Sie transportieren die Güter durchs Land und verdienen so gut, dass sie sich die 50 bis 250 Rupien (1 bis 3 Euro) für den Besuch im Bordell leisten können.
Auch viele der über neun Millionen Wanderarbeiter pro Jahr, meist Bauern, die während der Trockenzeit in den großen Städten für den Lebensunterhalt ihrer Familien sorgen, sind wichtige Kunden.
„Anders als Männer, die Sex mit Männern haben, Drogengebraucher_innen oder Transgender haben Fernfahrer und Wanderarbeiter kaum ein Bewusstsein für Infektionsrisiken“, erklärt SAATHII-Mitarbeiter Dr. Surendra Yadav. „Sie geben das Virus dann unwissentlich an ihre Ehefrauen weiter.“ Im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge wird die HIV-Infektion bei diesen diagnostiziert – noch bevor die Männer von ihrer Infektion wissen. „Für diese Frauen beginnt dann oft eine Zeit in der Hölle. Die Schwiegereltern werfen ihnen vor, unmoralisch gelebt und das Virus in die Familie gebracht zu haben.“
Stigma und Ausgrenzung trotz Antidiskriminierungsgesetz
Seit durch die Behandlungsmöglichkeiten HIV nicht automatisch eine tödliche Erkrankung ist, habe sich glücklicherweise viel verändert, sagt Yadav. „Die Menschen sehen, dass ihre HIV-positiven Freunde und Familienangehörigen genauso weiterarbeiten wie zuvor.“
Dennoch: Stigma und Diskriminierung bleiben vorherrschende Probleme. Selbst in deutschen Medien waren Geschichten von HIV-positiven Kindern in Indien zu lesen, die nach Protesten besorgter Eltern nicht mehr am Schulunterricht teilnehmen durften. Oder von Kleinkindern, die von ihren ebenfalls positiven Müttern auf Bahnhöfen ausgesetzt werden – in der Hoffnung, dass sie in Waisenhäusern versorgt werden.
Dass sich eine Person des öffentlichen Lebens als positiv outet, ist kaum vorstellbar
Auch Manish Mudaliar kennt diese Geschichten, und man spürt, wie unangenehm sie ihm sind. „Indien hat sich verändert, und wir haben große Fortschritte gemacht. Das ist viele Jahre her, und so etwas gibt es nicht mehr“, entgegnet er freundlich, aber bestimmt.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs wird er sich korrigieren: Solche Vorfälle seien zwar selten geworden, aber vor allem in ländlichen Gebieten müssten insbesondere Frauen und Kinder mit HIV immer noch damit rechnen, offensiv ausgegrenzt zu werden.
Mittelfristig werde das 2014 verabschiedete Antidiskriminierungsgesetz den Menschen helfen, sich gegenüber Arbeitgeber_innen beispielsweise bei Mobbing und Kündigung durchzusetzen, und einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft bewirken, ist sich Mudaliar sicher.
Offen HIV-positive Rollenmodelle, wie man sie etwa von Kampagnen der Deutschen AIDS-Hilfe kennt, sind für ihn allerdings derzeit kaum vorstellbar; ebenso wenig, dass sich eine Person des öffentlichen Lebens als HIV-positiv outet. „Einen Magic Johnson würden wir uns hier sehr wünschen, aber den wird es so schnell nicht geben“, sagt er.
Homosexualität im Verborgenen – ein Problem für die HIV-Prävention
Auch einen offen schwulen Star gibt es nicht, dafür aber mittlerweile einige Künstler, Journalisten, Anwälte und andere regional bekannte Männer, die offen schwul leben.
Homosexualität ist in der indischen Gesellschaft weithin tabuisiert. Ursache hierfür ist ein Relikt aus der britischen Kolonialzeit. Der 1861 verabschiedete Paragraf 377 des indischen Strafgesetzbuches stellt „sexuelle Handlungen wider die Natur“ unter Strafe.
Der Paragraf war schon lange Jahre nicht mehr zur Anwendung gekommen, bevor er 2009 für verfassungswidrig erklärt wurde. Im Jahr 2013 allerdings wurde diese Entscheidung wieder revidiert. Derzeit zeigen weder Justiz noch die konservative Regierung von Premier Narendra Modi besonderen Eifer, sich mit der Sache zu beschäftigen. Dennoch würden Safer-Sex-Programme, die gezielt auf schwule Männer ausgerichtet sind, von staatlicher Seite unterstützt, so Surenda Yadav.
Indiens Schwulenparagraf: 2009 für verfassungswidrig erklärt, seit 2013 wieder im Gesetz
Doch der gesellschaftliche Makel bleibt. Nur ein Teil der Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), bewegt sich daher innerhalb der LGBTI-Community, besucht beispielsweise deren Partys, Bars oder Massageclubs und kann so auch durch Präventionskampagnen erreicht werden.
Viele andere hingegen heiraten, um den gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen, und leben ihr Schwulsein nur heimlich und außerhalb der klassischen schwulen Strukturen und Räume aus. Für Präventionist_innen ist das ein Problem.
„Wir versuchen, sie dort zu erwischen, wo sie sich ihre Dates organisieren: auf Dating-Plattformen wie Gayromeo und Grindr“, verrät Yadav. Ehrenamtliche Mitarbeiter chatten mit diesen versteckt lebenden MSM und vermitteln die wichtigsten Safer-Sex-Regeln.
Transgender in Indien – per Gesetz geschützt und dennoch marginalisiert
SAATHII benutzt zwar nicht wie die Deutsche AIDS-Hilfe, den Begriff der „strukturellen Prävention“, doch das Grundverständnis ist ähnlich. Um langfristig HIV und Aids unter MSM und Transgendern erfolgreich zu bekämpfen, ist es wichtig, die LGBTI-Community zu stärken und deren Lebensbedingungen zu verbessern. Überraschend: Für SAATHII bedeutet dies auch, in Kooperation mit anderen Organisationen lesbische Frauen nicht nur bei ihrer sexuellen Selbstbestimmung, sondern auch bei der Erfüllung ihres Kinderwunsches zu unterstützen.
Und auch das „T“ in LGBTI hat im Kampf um rechtliche Gleichstellung eine herausragende Bedeutung. „Transgender sind hier gewissermaßen Vorreiter für Schwule und Lesben“, erklärt Manish Mudaliar.
„Das Antidiskriminierungsgesetz ist ein ungeheuer wichtiges Signal“
2014 wurde durch ein Urteil des höchsten Gerichts des Landes offiziell das „dritte Geschlecht“ anerkannt. Trans* Menschen werden nun in die Gleichstellungsprogramme auf dem Arbeitsmarkt und im Bildungssystem einbezogen und sind durch ein Antidiskriminierungsgesetz geschützt. „Das ist ein ungeheuer wichtiges Signal, das sehr viel für das Selbstwertgefühl ausmacht“, betont Mudaliar.
Doch hinkt die Gesellschaft solchen Gesetzen weiter hinterher. Hijras, wie Mann-zu-Frau-Transgender in Indien bezeichnet werden, sind seit Jahrhunderten ein fester Bestandteil der Kultur. Ihr Segen bei Kindsgeburten, Hauseinweihungen und Hochzeiten versprach einst Glück. Doch von dieser herausgehobenen Stellung ist nur noch wenig zu spüren.
Dass 2015 mit Madhu Kinnar im Distrikt Raigarh erstmals eine Hijra zur Bürgermeisterin gewählt wurde, ist eine Besonderheit. Die meisten Hijras hingegen leben – marginalisiert, ausgegrenzt und verachtet – in Hausgemeinschaften und haben in der Regel kaum Bildung sowie wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Notgedrungen verdienen sie sich ihren Lebensunterhalt durch Betteln oder Sexarbeit.
Hijras: marginalisiert, ausgegrenzt und verachtet
Immer wieder sieht man Hjiras an Straßenkreuzungen oder in Mumbais Vorortzügen, die singend oder Trommel schlagend auf sich aufmerksam machen und so um Almosen bitten. Zumeist aber werden sie beflissentlich ignoriert oder mit abschätzigen Blicken bedacht.
Ein nationales, von UNAIDS finanziertes Projekt der „India HIV/Aids Alliance“ arbeitet seit einigen Jahren daran, die Community der Hijras zu stärken und ihnen den Weg ins Gesundheitssystem und in die HIV-Versorgung zu ermöglichen.
Und auch auf akustische Weise versucht man, die geschätzt 1,9 Millionen Transgender in Indien zu stärken: durch die weltweit erste Hijra-Pop-Formation, die 6 Pack Band. Gleich ihr erster Song, eine mit indischen Rhythmen durchsetzte Coverversion von Pharrell Williams „Happy“, wurde zu einem Hit und lieferte eine Plattform, um zu mehr Respekt und die Anerkennung von Hijras aufzurufen.