Mit dem Relaunch startet ein neues Angebot von „Sauerstoff und Sinn“ – das „Lexikon der Psychopneumologie“. In loser Folge erscheinen Einträge zu wichtigen Schlüsselbegriffen der Pneumologie und ihren Bezügen zum Thema „Lunge und Psyche“. Nach und nach soll eine allgemeinverständliche Einführung für Interessierte entstehen, die eine alphabetische Suche nach häufig benutzten Fachausdrücken und Abkürzungen ermöglicht. Der erste Eintrag unter dem Buchstaben „A“ gilt – Überraschung!!! …
A_Atemnot_Dyspnoe
Atemnot (Dyspnoe) ist die Empfindung, nicht genug Luft zu bekommen. Was als Atemnot (Dyspnoe) empfunden wird, unterscheidet sich von Mensch zu Mensch und von Situation zu Situation. Ebenso unterschiedlich können die Ursachen und die Auswirkungen von Atemnot (Dyspnoe) sein.
Eine wissenschaftliche Definition beschreibt die vielschichtige Empfindung Atemnot (Dyspnoe) wie folgt:
- Atemnot (Dyspnoe) ist die individuelle Erfahrung von Atembeschwerden.
- Sie besteht aus unterschiedlichen Empfindungen von wechselnder Heftigkeit.
- Körperliche, seelische, soziale und Umwelt-Faktoren wirken bei dieser Erfahrung zusammen.
- Atemnot (Dyspnoe) kann weitere körperliche Reaktionen und Verhaltensweisen hervorrufen.
(Definition in Anlehnung an Definition der ATS = American Thoracic Society)
Atemnot (Dyspnoe) kann auftreten:
- in Ruhe (Ruhedyspnoe)
- bei körperlicher Belastung (Belastungsdyspnoe)
- bei emotionalen Belastungen (Streßdyspnoe)
- bei alltäglichen Handlungen (Sprechdyspnoe, Dyspnoe beim Essen)
Gemessen wird Atemnot (Dyspnoe) bei Lungenerkrankungen am häufigsten mit:
- der Borg-Skala (Borg CR10-Skala, benannt nach dem Entwickler Gunnar Borg)
- der ATS-Skala (Dyspnoe-Skala der American Thoracic Society)
- der MRC-Skala (British Medical Research Council-Skala) bzw.
- der mMRC-Skala (modifizierten British Medical Research Council-Skala)
- der VAS (Visuellen Analog-Skala)
Da diese einfachen Skalen nicht alle Gesichtspunkte der Atemnot (Dyspnoe) erfassen, gibt es Fragebögen für die genaueren Zusammenhänge zwischen körperlicher Aktivität und Atemnot (Dyspnoe), zum Beispiel:
- den SGRQ (Saint George´s Respiratory Questionnaire)
- den CRQ (Chronic Respiratory Questionnaire)
Bei diesen Fragebögen werden auch die Folgen der Atemnot (Dyspnoe) für Stimmung ud Alltagsbewältigung berücksichtigt. Damit sind wir beim Thema „Psychopneumologie“ angelangt.
Ängste im Zusammenhang mit Atemnot (dyspnoea-related fear) sind häufig.
Sie zeigen sich als:
- Angst vor Atemnotanfällen
- Angst vor Atemnot in bestimmten Situationen (körperlicher, seelischer, sozialer Belastung)
- Angst vor dem Ersticken
Angst und Atemnot wirken eng zusammen. Schon die Vorstellung von einer bevorstehenden Atemnot-Situation kann bei ängstlichen Patienten die Wahrnehmung der Atemnot (Dyspnoe) steigern. Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen und gleichzeitig bestehenden Panikattacken nehmen ihre Atemnot (Dyspnoe) stärker wahr als nicht-ängstliche Patienten. Dadurch können die Atemnot-bezogenen Ängste (dyspnoea-related fear) zum Auslöser von Panikattacken werden.
Wie stark die Ängste im Zusammenhang mit Atemnot ausgeprägt sind, mißt der CAF (COPD-Angst Fragebogen). Eine genaue Erfassung der Atemnot-bezogenen Ängste ist bedeutsam, da sie sich nachweislich ungünstig auf die Lebensqualität und den Krankheitsverlauf auswirken.
Eine gezielte Behandlung von Atemnot-bezogenen Ängsten durch psychopneumologische Angebote erfolgt im Rahmen von:
- Patienten-Schulungen (z. B. NASA oder COBRA der Deutschen Atemwegsliga e. V.)
- Pneumologischer Rehabilitation (stationär oder ambulant)
- Lungensport (z. B. Angebote der AG Lungensport)
In Studien wurde nachgewiesen, daß kein direkter Zusammenhang zwischen der Schwere der Atemnot (Dyspnoe) und dem Ausmaß von Angst oder Depression besteht. Ängste und Depressionen zeigen sich bei einigen Patienten bereits in frühen Krankheitsstadien. Umso wichtiger ist eine einfühlsame und umsichtige Befragung der Patienten auch im Hinblick auf ihre psychische Belastung durch Atemnot (Dyspnoe). Eine routinemäßige und regelmäßige Untersuchung (Screening) auf Belastungen im seelischen und zwischenmenschlichen Bereich ist für die angemessene Behandlung von Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen unerläßlich.
Mit herzlichen Grüßen von Monika Tempel [Sauerstoff und Sinn] – www.monikatempel.de