COPD-Patienten stellen – im Gegensatz zu Patienten mit Lungenkrebs – seltener ausdrücklich die Frage, wie lange sie mit der Krankheit überleben können. Genaue Aussagen zur Prognose sind schwierig, da sie von vielen Faktoren abhängt. Der BODE-Index ist derzeit eine der zuverlässigsten Formeln für die Lebenserwartung eines COPD-Patienten.
Wie lassen sich Überlebenswahrscheinlichkeiten bei COPD berechnen?
Die Überlebenswahrscheinlichkeit (Betonung auf: WAHRSCHEINLICHKEIT!) läßt sich anhand verschiedener Werte oder Formeln ermitteln. Dazu zählen:
- FEV1 (Einsekundenkapazität)
- GOLD-Klassifikation (Stadien 1-4, Gruppen A bis D)
- BODE-Index
- ADO-Index (Alter – Dyspnoe – Obstruktions-Index)
- COTE-Index (COPD-Komorbiditäten-Index)
Was ist der BODE-Index?
Der BODE-Index berücksichtigt vier wichtige Einflußfaktoren auf die Lebenserwartung von COPD-Patienten. BODE ist ein Kurzwort. Es setzt sich aus den englischen Anfangsbuchstaben der vier Einflußfaktoren zusammen:
- B für „Body-Mass-Index“ (BMI). Der BMI errechnet sich aus Körpergröße und Gewicht.
- O für „Obstruction“ (Verengung der Atemwege). Die Verengung der Atemwege wird anhand der Einsekundenkapazität (FEV1) bestimmt.
- D für „Dyspnoe“ (Atemnot, Luftnot). Die Luftnot wird anhand der „modified Medical Research Council Dyspnea Scale (mMRC-Skala) bestimmt.
- E für “Exercise capacity” (körperliche Belastbarkeit). Die körperliche Belastbarkeit wird mit dem 6-Minuten-Gehtest gemessen. Der Patient muß sechs Minuten lang auf ebener Strecke laufen. Ein gesunder Erwachsener legt dabei durchschnittlich 700 bis 800 Meter zurück, ein COPD-Patient – je nach Fitness – entsprechend weniger.
Welche Ergebnisse liefert der BODE-Index?
Für die einzelnen Einflußfaktoren (B-O-D-E) werden – je nach den ermittelten Werten eines Patienten – Punkte von 0 bis 3 vergeben. Die COPD-Lebenserwartung wird berechnet, indem die Punktezahlen der einzelnen Einflußfaktoren zusammengezählt werden.
Es können Punktzahlen zwischen 0 und 10 erreicht werden. Je niedriger der BODE-Punktwert, umso höher die Lebenserwartung. Der BODE-Index ermöglicht Patienten und Behandlern, den jeweiligen Zustand einzuschätzen.
An dieser Stelle kommt die „Psychopneumologie“ ins Spiel – denn:
Der BODE-Index besiegelt nicht das Schicksal!
Die aktuelle Studienlage belegt, wie bedeutsam das körperliche Aktivitätsniveau für den Verlauf der COPD ist. Deshalb wurde 2009 eine neue Version des BODE-Index vorgeschlagen. Sie stuft den 6-Minuten-Gehtest mit einer höheren Punktzahl ein und setzt die FEV1-Bewertung herab. Im modifizierten BODE-Index können bis zu 15 Punkte vergeben werden.
Therapieerfolge durch Pneumologische Rehabilitation oder durch eine operative Lungenvolumenreduktion spiegelt der BODE-Index deutlich wider.
Der BODE-Index: Entmutigung oder Ermutigung?
Äußert ein Patient im psychopneumologischen Gespräch Ängste und Unsicherheiten im Hinblick auf die Zukunft, so geht es dabei häufig um Fragen wie Abhängigkeit durch Pflegebedürftigkeit oder Angst vor dem Ersticken. Manchmal ergibt sich im Verlauf auch die Frage nach der Lebenserwartung. Der BODE-Index kann dann als eine „Waage“ dargestellt werden.
In der einen Waagschale liegen die „Entmutigungs-Gewichte“:
- kritisches Untergewicht
- Verengung der Atemwege
- Luftnot
- eingeschränkte Gehstrecke
Die andere Waagschale kann der Patient selbst bestücken mit „Ermutigungs-Gewichten“:
- gesunde, gehaltvolle Ernährung
- Vermeiden von Exazerbationen (durch Rauchstop, Grippe- und Pneumokokken-Impfung, Medikamente, ggf. LTOT und NIV)
- „Pflege“ der Lungenfunktion (Inhalation, Sekretmanagement, Atemphysiotherapie)
- Behandlung der Begleiterkrankungen (z. B. der psychischen Probleme wie Ängste und depressive Stimmung)
- körperliches Training (Lungensport)
So kann der Patient sein Gefühl der Selbstwirksamkeit stärken und den Zeiger der BODE-Waagschalen in Richtung günstigere Prognose bewegen.
Mit herzliche Grüßen von Monika Tempel [Sauerstoff und Sinn] www.monikatempel.de