Ein Beitrag von Friedrich Kiesinger, Geschäftsführer der Albatros gem. Gesellschaft für soziale und gesundheitliche Dienstleistungen mbH.
Viele Geflüchtete sind durch die Fluchtursachen, die Fluchterfahrung, die Isolation im Gastland, so wie die oft lange ungewiss bleibende Zukunft oder Perspektivlosigkeit in der neuen Heimat starken Belastungen ausgesetzt, was häufig zu psychischen Erkrankungen führt. Angesichts großer Herausforderungen in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung von geflüchteten Menschen wurden vom Senat im Juni 2016 in Berlin 24 Stellen bewilligt, die an bestehende Strukturen der Kontakt- und Beratungsstellen (KBS) angesiedelt wurden.
Die Kontakt- und Beratungsstellen wurden im Zuge der Enthospitalisierungs-Bewegung in den 1970er und 1980er Jahren in Berlin ins Leben gerufen und bieten ambulant psychiatrische Vor- und Nachsorge, Beratung und Unterstützung für Menschen, die in einer sie belastenden, problematischen Lebenssituation Hilfe suchen, sowie einen offenen Treffpunkt mit Gruppenangeboten. In jedem Berliner Bezirk gibt es eine oder mehrere solcher Beratungsstellen. Die Aufgabe der 24 zusätzlichen Fachkräfte ist die Vermittlung von psychisch kranken Geflüchteten in das Regelsystem, sowie langfristig auch deren Inklusion in die KBSen, zum anderen gilt es auch, zur Vernetzung zwischen verschiedenen bereits aktiven Institutionen beizutragen.
Aus dieser Aufgabe wurden verschiedene Konzepte abgleitet. Es wurden in vielen Unterkünften psychosoziale Sprechstunden eingerichtet. Diese haben den Vorteil besonders schwer Erkrankten den Zugang zu Beratung zu vereinfachen, sowie Menschen, in deren Kulturraum Psychotherapie keine größere Rolle spielt, über Möglichkeiten der Behandlung aufzuklären.
Auf Grund der großen Zahl an Geflüchteten, die im Jahr 2015 und 2016 nach Berlin kamen, wurde in vielen Unterkünften zum Teil auch Personal ohne sozialarbeiterische Ausbildung angestellt. Manche von diesen Angestellten haben wenig oder keine Erfahrung im Umgang mit psychisch Erkrankten. Hier soll ein Wissensaustausch zwischen Psychologen, Sozialarbeitern und Angestellten der Unterkünfte mit unterschiedlicher Ausbildung dazu beitragen, dass das Personal der Heime als Mittler zwischen psychisch kranken Bewohnern und den psychosozialen Beratern bzw. dem Regelsystem handeln kann.
Es wurden zudem Gruppenangebote für Geflüchtete ins Leben gerufen, die niederschwellig einen Rahmen bieten, aus dem sich das Erkennen von Bedarfen und gegebenenfalls Beratungsgespräche entwickeln können, so gibt es etwa Frauengruppen und Kochgruppen. Es wurde auch damit begonnen, existierende Gruppen von Regelbesuchern der KBSen für Geflüchtete zu öffnen, etwa Musikgruppen oder Sportgruppen. Wichtig ist hierbei auch die Aufklärung der Regelbesucher, die sich zum Teil in ihren prekären Lebenssituationen durch die Präsenz einer weiteren Gruppe von ebenfalls Hilfe bedürftigen bedroht fühlen.
Auch mit geringeren Zahlen an Zuwanderern steht bei der psychosozialen Versorgung geflüchteter Menschen noch ein langer Prozess bevor. Bei vielen Geflüchteten steht zunächst das Überleben im Vordergrund, oft treten psychische Erkrankung erst bei Klärung wesentlicher Fragen zum Aufenthalt, Unterkunft und im dem Verbleib von Familienangehörigen im Ausland in den Vordergrund, und auch nach dem Erhalten eines Bleiberechts stehen noch große Hürden bevor, ehe gesellschaftliche Teilhabe möglich ist.
Die Thematik wird im „Forum psychische Gesundheit“ vorgestellt. Am 3. Kongresstag (22.05.2017) wird in Raum A1 von 9:00 – 10:30 Uhr die Podiumsdiskussion mit dem Thema: „Integration Geflüchteter unter Berücksichtigung des psychosozialen und gesundheitlichen Versorgung“ u. a. mit Staatssekretär Lutz Stroppe , Bundesministerium für Gesundheit, stattfinden sowie auch ein Workshop zum Thema „Herausforderung Flüchtlinge: Versorgung- Betreuung- Integration“ am 22. Mai von 11:30-12:30 Uhr im Ausstellungsforum auf der der Fläche „Forum Psychische Gesundheit“ (Stand Nr. 47).