Jedes Jahr findet ein besonderer CSD im Wendland statt. Manuel Izdebski sprach mit einem der Organisatoren über den „kleinsten Pride Deutschlands“
Letzten Samstag war es wieder soweit. Von Salderatzen aus zog die bunte Parade über Groß Gaddau nach Klein Gaddau und wieder zurück. „Wir trauen uns vom Hof“, begründet Heinz Laing vom CSD-Team das Engagement. Mit ihm haben wir am Tag nach der Veranstaltung gesprochen. Ein Anruf beim kleinsten Pride Deutschlands in der niedersächsischen Provinz:
Hallo Heinz, schon von den Strapazen eurer gestrigen CSD-Veranstaltung erholt?
Nein, noch nicht. Die Abschlussparty ging bis um drei Uhr in der Früh. Jetzt müssen wir noch aufräumen.
Vier Trecker, eine Fußtruppe, Aufsitzrasenmäher und Bollerwagen
Wie war es denn? Seid ihr zufrieden mit eurem Pride?
Das sind wir! Es waren wohl knapp 150 Leute dabei, das ist großartig. Eine Abordnung vom Hamburger CSD hat uns besucht. Die kamen extra mit einem Bus. Das hat uns sehr gefreut. Wir hatten vier Trecker mit Hänger, unsere Fußtruppe und ein paar Aufsitzrasenmäher und Bollerwagen. Die Hänger haben wir natürlich geschmückt. Ich selber besitze nur einen Traktor, die anderen haben wir uns von den umliegenden Bauern geliehen.
Von Salderatzen über Groß Gaddau nach Klein Gaddau und zurück
Ihr macht ja eine richtige Demo-Parade. Wie verläuft denn die Strecke?
Wir starten bei uns auf dem Dorfplatz in Salderatzen. Dann geht es ca. 1,5 km über die Bundesstraße und Groß Gaddau nach Klein Gaddau. Dort halten wir eine Zwischenkundgebung ab. Die Einwohner empfangen uns dort jedes Jahr mit Sekt. Von dort aus ziehen wir dann wieder zurück nach Salderatzen, insgesamt sind das etwa dreieinhalb Kilometer.
Auf Fotos habe ich gesehen, dass euch auch die Polizei eskortiert.
Ja, die Parade ist offiziell als Demo angemeldet. Die sichern alles ab wegen des Verkehrs. In den Dorfstraßen und zwischen den Feldern ist das nicht so das Thema, aber wir müssen auch über eine Bundesstraße, die stark befahren ist. Dann wird für uns der Verkehr gestoppt und alle müssen warten, bis wir durch sind. Das ist aber kein Problem, die Autofahrer winken oder machen sogar Fotos.
Wie geht denn die Dorfbevölkerung mit eurer Parade um?
„Wir ernten nur positive Reaktionen“
Die kennen das schon. Einige stehen am Gartenzaun und gucken, andere haben sogar die Regenbogenfahne gehisst. Wie gesagt, in Klein Gaddau werden wir jedes Jahr auf dem Dorfplatz mit Sekt empfangen. Da halten wir eine kleine Zwischenkundgebung ab. Das Dorf hat vielleicht 50 Einwohner und ich würde wetten, dass die fast alle CDU wählen. Jedenfalls ist man dort eher konservativ, aber den Spaß machen sie mit. Wir ernten nur positive Reaktionen.
Hat euer CSD auch ein Motto?
Na klar, wir unterscheiden uns da nicht von anderen CSD-Veranstaltungen. In diesem Jahr haben wir uns auf die Botschaft „Die Würde des Menschen ist unantastbar – keine Stimme für Intoleranz“ geeinigt. Es ist ja auch wichtig, dass wir sichtbar sind. Hier auf den Dörfern leben auch Lesben und Schwule. Niemand soll versteckt leben müssen. Unser Credo lautete immer schon „Wir trauen uns vom Hof!“
Wer steckt denn hinter eurem CSD?
„Wir trauen uns vom Hof!“
Formal bin ich der Anmelder der Demo, aber natürlich sind wir ein Team. Mein Mann und ich haben vor Jahren unseren Hof in Salderatzen zum Gästehaus „Herrenhaus Salderatzen“ umgebaut. Einmal im Jahr organisieren wir für schwule Männer eine Erlebniswoche, die „schwule Landpartie“. In diesem Kreis ist auch vor fünf Jahren die Idee für den CSD geboren. Gemeinsam mit dem schwulen Stammtisch im Wendland wird das dann umgesetzt.
Gibt es auch einen würdigen Abschluss?
Ja, die Abschlusskundgebung mit einer Ansprache findet in Salderatzen statt. Danach folgt bei uns auf dem Hof ein Wettbewerb im Handtaschen-Weitwurf. Und anschließend gibt es in der Scheune noch eine CSD-Party.
Das hört sich doch gut an. Und wie ist es bei euch um den Flirtfaktor bestellt?
Gut! Ich weiß zumindest von einem schwulen Paar, das sich bei uns kennengelernt hat. Heute sind die beiden verpartnert. Man kann sich also auch finden.
Auch der Flirtfaktor ist gegeben
Der CSD Wendland findet parallel zum CSD in Berlin statt. Ist das nicht unglücklich?
Auf die Veranstaltungen in Hamburg oder Braunschweig konnten wir Rücksicht nehmen, für Berlin ging das nicht. Ich denke aber, dass die Berliner eines Tages bei uns anfragen werden, ob wir unseren Termin nicht verschieben können, wenn wir uns weiter so steigern. Übrigens habe ich gehört, dass es gestern in der Hauptstadt unwetterartig gegossen hat. Hier gab es nur einen warmen Landregen.
Wird es im nächsten Jahr wieder einen CSD im Wendland geben?
Wir entscheiden das von Jahr zu Jahr. Man muss so eine Veranstaltung auch stemmen können. Aber ich denke schon, dass wir wieder dabei sind.
Und Gäste von außerhalb sind dann willkommen?
Natürlich, wir freuen uns über jeden Teilnehmer.
Heinz, vielen Dank für das Interview und schön, dass ihr im Wendland Flagge zeigt!