PrEP-Geschichten

Spätestens seit 2015 ist wissenschaftlich belegt: Die PrEP schützt vor HIV. Zwei Jahre später trägt die Dokumentation PrEP 17 Stimmen und Erfahrungen zusammen – und erzählt, warum sich Menschen für die „Pillen davor“ entschieden haben.

2015 hatte der Hamburger Filmemacher und HIV-Aktivist Nicholas Feustel die wegweisende britische PROUD-Studie filmisch vorgestellt, in der die Wirksamkeit der HIV-Prä-Expositions-Prophylaxe (kurz PrEP, „Pillen zum Schutz vor HIV“) bestätigt werden konnte.

Zwei Jahre danach hat Feustel nun für die von der Aktivistengruppe Prepster in Auftrag gegebene Nachfolge-Doku „PrEP 17“ („The coming of age of PrEP“) einige seiner damaligen Interviewpartner_innen noch einmal besucht und auch ehemalige Studienteilnehmer zu ihren Erfahrungen befragt.

„Den fürchterlichen Stress danach gibt es nicht mehr“

Interviewpartner Bobby ist seit vier Monaten „auf PrEP“. Irgendwann, sagt er, kannte er sich gut genug, um zu wissen, dass „extra Vorsichtsmaßnahmen“ notwendig waren. Seit er sich mit der PrEP vor einer HIV-Infektion schützt, gebe es diesen „fürchterlichen Stress danach“ nicht mehr, wenn der Sex eben mal nicht so ganz safe war. „Früher hätte ich mir da Sorgen gemacht.“

Keine Entscheidung fürs ganze Leben

PrEP-User zu sein, ist für Bobby kein Grund zur Scham, im Gegensteil. „Wenn man die PrEP nimmt, zeigt das nur Verantwortungsbewusstsein, dass man sich um seine Gesundheit kümmert.“

Bobby über die PrEP

Nick Feustel (re.) im Interview mit dem PrEP-Nutzer Bobby für die Dokumentation „PrEP 17 – The coming of age of PrEP“

Für den schwulen trans* Mann Jamie, der aufgrund von „Kondomunfällen“ bereits die Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) nehmen musste, ist die zusätzliche Sicherheit, die ihm die PrEP bietet, auch aus einem weiteren Grund wichtig: Er fürchtet, dass ein HIV-positives Testergebnis ihn psychisch und physisch so sehr belasten würde, dass sich die im Rahmen seiner Transition noch ausstehenden Operationen womöglich verzögern könnten.

„Ich hatte damit angefangen, weil ich mit vielen Typen Spaß hatte“

Dass die PrEP nicht unbedingt eine Entscheidung fürs ganze Leben ist und sich vor allem für Phasen mit höheren HIV-Risiken eignet – und sei es nur ein wildes Partywochenende –, zeigt das Beispiel von Antonio.

Er war als Teilnehmer der PROUD-Studie in den Genuss der PrEP gekommen, hat sich inzwischen jedoch entschieden, die Pillen nicht mehr zu nehmen. „Ich hatte damit angefangen, weil ich damals mit vielen Typen Spaß hatte.“

Dann lernte er seinen jetzigen Lebenspartner kennen „und ich hatte nur noch mit einem Typen Spaß“. Das Paar lebt nun in einer monogamen Beziehung, vertraut einander, hat keinen Sex mit anderen, und damit gibt es für Antonio auch keinen Grund mehr, die PrEP zu nehmen.

Überraschender Rückgang bei den HIV-Zahlen – auch dank PrEP

Neben PrEP-Nutzern und -Aktivist_innen kommt auch die Wissenschaft in Feustels Dokumentation zu Wort. Sheena McCormack, Leiterin der PROUD-Studie, zeigt die Auswirkungen der PrEP auf: Im vergangenen Jahr sei die Zahl der HIV-Infektionen in der britischen Hauptstadt bei MSM um über 40 Prozent gesunken, erzählt sie, – mehrere Londoner Kliniken für sexuelle Gesundheit wurden zeitgleich von dieser Entwicklung überrascht.

„PrEP 17“ Sheena Cormack

Sheena McCormack, Leiterin der Proud-Studie zur PrEP, berichtet in der Doku „PrEP 17“ von dem Rückgang bei den HIV-Zahlen in London.

Neben verstärkten Testangeboten und dem frühen Behandlungsbeginn bei HIV-Infizierten habe die PrEP einen großen Beitrag zu diesem deutlichen Rückgang geleistet, so McCormack. Und das, obwohl das teure Medikament zur Vorbeugung von HIV vom staatlichen Gesundheitsdienst in England (noch) nicht finanziert wird.

Viele jedoch bestellen sich kostengünstigere Generika aus dem Ausland. Und weil eine PrEP auf eigene Faust viele Risiken birgt, bieten die Kliniken in Großbritannien ihre Unterstützung an – indem sich PrEP-Nutzer dort ärztlich beraten und begleiten lassen können.

PrEP 17: Unaufgeregt, kompakt und ein klares Plädoyer

An der 2015 abgeschlossenen PROUD-Studie waren explizit nur Männer beteiligt, die Sex mit Männern haben. Doch auch für andere Personengruppen kann die PrEP ein wichtiges Instrument zum Schutz vor einer HIV-Infektion sein, beispielsweise für trans* Frauen und Frauen aus der Black Community. Mit der PrEP, so eine der interviewten Aktivist_innen, „können Frauen die HIV-Prävention erstmals selbst in die Hand nehmen“.

„Frauen können die HIV-Prävention erstmals selbst in die Hand nehmen“

Nicholas Feustels halbstündige Doku, produziert mit finanzieller Unterstützung der Elton John Aids Foundation, ist ein unaufgeregtes, kompaktes und mit klaren Statements argumentierendes Plädoyer dafür, allen Gruppen, die hohen HIV-Risiken ausgesetzt sind, die PrEP zugänglich zu machen.

Der Film „PrEP 17 – The coming of age of PrEP“ (in englischsprachiger Originalversion mit deutschen Untertiteln) kann kostenlos auf der Webseite der britischen Initiative „Prepster“ angeschaut und darf auch öffentlich gezeigt werden, zum Beispiel auf Informationsveranstaltungen zur PrEP. Im Bedarfsfall kann auch eine DVD beim Regisseur angefordert werden.