Exakt vor 30 Jahren, im Jahre 1981, wurde erstmalig bei amerikanischen PatientInnen eine Immunschwächekrankheit beobachtet, die später als AIDS (engl. für erworbenes Immunmangelsyndrom) bezeichnet wurde. Bereits nach wenigen Jahren konnte von den beiden Wissenschaftlern Montanier und Gallo fast zeitgleich ein Virus als Urheber dieser Erkrankung nachgewiesen werden. Das anfangs als HTLVIII bezeichnete Virus erhielt schon bald die Bezeichnung HIV (humanes-Immunmangel-Virus). In den folgenden Jahren breitete sich diese Infektion über die ganze Welt aus und forderte bereits Millionen Tote.
Definition
Immer wieder wird eine HIV-Infektion mit AIDS gleichgesetzt. Dies ist allerdings nicht ganz richtig.
- Als HIV-positiv bezeichnet man einen Patienten, wenn eine HIV-Infektion nachgewiesen ist (positiver HIV-Test).
- Als AIDS-krank gilt ein HIV-positiver Patient erst, wenn AIDS-definierende Erkrankungen auftreten.
Häufigkeit
Weltweit sind schätzungsweise 35 Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert. Der Schwerpunkt der Infektion liegt in Afrika südlich der Sahara. In der westlichen Welt hat HIV glücklicherweise nie diese katastrophalen epidemischen Ausmaße angenommen wie in Schwarzafrika.
In Österreich sind laut Studien der österreichischen AIDS-Gesellschaft etwa 6.000 Menschen mit HIV infiziert, ungefähr 4.000 stehen in medizinischer Betreuung. In den 30 Jahren seit dem erstmaligen Auftreten von AIDS sind in Österreich bereits mehr als 1.000 Tote zu beklagen.
Ursache
HIV kann sich wie alle Viren nur mit Hilfe so genannter Wirtszellen, im Falle von HIV, in erster Linie spezieller weißer Blutkörperchen, den Helferzellen (CD4-Zellen) vermehren. Bei dieser Vermehrung werden die für die Abwehr (Immunität) so wichtigen Helferzellen zerstört, ihre Zahl nimmt so über die Jahre ab. Erst wenn eine kritische Grenze unterschritten wird (200 CD4-Zellen/µl), kommt es zu einer Abwehrschwäche.
Diese Abwehrschwäche begünstigt bestimmte lebensgefährliche Infektionen (so genannte opportunistische Infektionen) und Tumore, diese Phase der HIV-Infektion wird als AIDS bezeichnet.
Symptome
Die HIV-Infektion verläuft in drei Phasen.
1. Phase:
Wenige Wochen nach der Infektion können in 40-80% der Fälle grippeähnliche Symptome auftreten, man bezeichnet diese Phase als akute HIV-Infektion (Primär- oder Primo-Infektion).
- Zu Fieber,
- Glieder- und Gelenksschmerzen können sich unter anderem
- Lymphknotenschwellungen,
- kleine schmerzhafte Geschwüre (Ulcera) im Mund,
- Durchfall
- und eine manchmal dramatische Gewichtsabnahme (10kg in wenigen Wochen) gesellen.
Nach wenigen Wochen verschwinden diese Beschwerden auch ohne Therapie.
2. Phase:
Nun folgt eine meist jahrelange vollkommen beschwerdefreie Phase.
3. Phase:
Nach vielen Jahren kommt es meist zu einer so deutlichen Schwächung des Abwehrsystems (Immunsystems), sodass die verschiedensten, für HIV-negative Menschen vollkommen ungefährlichen, Erreger Infektionskrankheiten (opportunistische Infektionen) und Tumore auslösen können.
Diese Infektionskrankheiten und Tumore werden als AIDS-definierende Erkrankungen bezeichnet. Zu diesen zählt man unter anderen eine bestimmte
- Lungenentzündung (PcP, Pneumocystis-Carinii-Pneumonie),
- eine Netzhautentzündung des Auges (CMV-Retinitis),
- eine Entzündung des Gehirns (Toxoplasmose)
- oder das Kaposi-Sarkom (bösartiger Tumor der Haut und der Schleimhäute).
Unbehandelt führen diese Infektionen schicksalhaft zum Tod des Patienten.
Diagnose
Eine HIV-Infektion wird im Blut mittels Labortests nachgewiesen. Wir unterscheiden 3 Arten von Tests:
- den HIV-Antikörper-Test, der auch immer wieder umgangssprachlich aber nicht ganz korrekt als „AIDS-Test“ bezeichnet wird. Er weist die als Reaktion vom menschlichen Abwehrsystem gebildeten Antikörper nach. Diese Antikörperbildung benötigt einige Wochen, daher ist ein HIV-Antikörpertest erst nach 12 Wochen aussagekräftig (diagnostisches Fenster). Der Test ist billig und wird von den Sozialversicherungen bezahlt. Im Falle eines positiven Ergebnisses werden mit der gleichen Blutprobe aus Sicherheitsgründen automatisch Bestätigungstests durchgeführt (zum Beispiel Western-Blot-Test).
- den HIV–PCR-Test, der direkt die Viren nachweist und so bereits nach 2 Wochen aussagekräftig ist. Dieser Test hochsensibel und hochspezifisch, allerdings teuer und wird von den Sozialversicherungen nicht bezahlt.
- den so genannten Schnelltest, bei dem es sich auch um einen HIV-Antikörpertest handelt, der allerdings ohne Laborausstattung in Form eines Streifentests durchgeführt werden kann. Das Ergebnis ist daher in 15 bis 20 Minuten vorhanden. Auch dieses Testverfahren ist wie der oben erwähnte klassische Antikörpertest erst nach 12 Wochen aussagekräftig und muss im Falle eines positiven Ergebnisses mittels Bestätigungstests bestätigt werden.
Achtung!
All diese HIV-Nachweisverfahren gehören in die Hände eines Spezialisten, von selbst durchgeführten „Heimtests“ ist daher aus medizinischen und psychologischen Gründen strikt abzuraten.
Lösungsansätze
Sozialberatung
Die MitarbeiterInnen und PsychologInnen der AIDS-Hilfen sprechen auch immer wieder vom „sozialen AIDS“ und meinen damit die Diskriminierung und Ausgrenzung von HIV-Infizierten und AIDS-Kranken. Eine Sozialberatung ist daher bei manchen PatientInnen unumgänglich.
Psychotherapie
Zwei Phasen der HIV-Infektion sind psychisch besonders belastend für HIV-positive Patienten: die Wochen und Monate nach der Diagnosestellung und die Phase zu Beginn der HIV-Therapie sollten in bestimmten Fällen daher von einem Psychologen/ einer Psychologin begleitet werden.
Rezeptfreie Medikamente und Alternativen
Vor der Behandlung einer HIV-Infektion mit rezeptfreien und/oder alternativmedizinischen Präparaten kann nur gewarnt werden.
Rezeptpflichtige Medikamente
Inzwischen stehen 30 verschiedene Medikamente aus 5 verschiedenen Substanzgruppen zur Behandlung einer HIV-Infektion zur Verfügung. Allen gemeinsam ist, dass sie die Vermehrung von HIV blockieren. Sie tun das allerdings auf verschiedene Wege.
- Während die reversen Transkriptasehemmer die Umschreibung der Viruserbmasse (RNA) in DNA blockieren,
- verhindern die CCR5-Blocker das Andocken von HIV an die menschlichen Zellen,
- die Integrasehemmer den Einbau von HIV in den menschlichen Zellkern
- und die Proteasehemmer die Eiweißreifung von Virusprotein.
Mit einer HIV-Therapie beginnt man abhängig von der Zahl der Helferzellen (zur Zeit unter 350-500 CD4-Zellen/µl), das Ziel jeder HIV-Therapie ist es, die Viruskonzentration so sehr zu senken, dass keine Viren mehr im Blut nachweisbar sind. Eine moderne HIV-Therapie, wie sie uns heute zur Verfügung steht, konnte die Sterblichkeit in der westlichen Welt dramatisch senken, im Idealfall sogar gegen Null drücken.
Vorbeugende Maßnahmen
Das HIV-Infektionsrisiko kann man nach heutigem Wissensstand auf zwei Arten minimieren:
Safer-Sex
Schon wenige Jahre nach dem ersten Auftreten der HIV-Infektion in den frühen 1980er-Jahren erkannte man, dass man die HIV-Übertragung durch das Praktizieren von Safer-Sex verhindern kann.
Safer Sex bedeutet, dass keine infektiösen Körperflüssigkeiten, wie Samenflüssigkeit (Sperma) oder Vaginalflüssigkeit auf die Schleimhaut (Penis, Scheide, Mastdarm oder Mund) des Partners gelangt. Dies verhindert man, indem beim Vaginal- und Analverkehr ein Kondom verwendet wird und der Samenerguss (Ejakulation) im Mund es Partners verhindert wird.
Optimale HIV-Therapie
Erst seit der Veröffentlichung eines entsprechenden Statements einer Schweizer Expertengruppe (EKAF, eidgenössische Kommission für AIDS-Fragen) im Jahre 2008 ist diese Art der Risikoreduktion offiziell „anerkannt“. Diese Erklärung besagt, dass von optimal behandelten HIV-positiven PatientInnen, die sich regelmäßigen medizinischen Kontrollen unterziehen, ihre HIV-Medikamente regelmäßig einnehmen und bei denen keine genitalen Infektionen vorliegen, nur eine extrem geringe Infektionsgefahr ausgeht.
Diese beiden Maßnahmen gemeinsam können das HIV-Infektionsrisiko auf ein möglichst geringes Niveau senken.
Autor
Dr. Horst Schalk ist Allgemeinmediziner in Wien (www.horstschalk.at). Von 1994 bis 1999 war er Arzt der AIDS-Hilfe Wien. Er ist Vorstandsmitglied der ÖGNÄ-HIV (Österreichische Gesellschaft niedergelassener Ärzte zur Betreuung HIV-Infizierter), Mitglied der österreichischen AIDS-Gesellschaft, Obmann von HOMED (Homosexuelle im Gesundheitswesen) und Mitglied der DAGNA (deutsche Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte im HIV-Bereich).