Arbeiten als Ärztin in der Kinder- und Jugendpsychiatrie
Als Arzt zu arbeiten, ist anspruchsvoll und bedeutet viel Verantwortung. Es bedeutet auch, stets auf dem neusten Stand der Forschung zu sein. Nicht immer lässt sich dieser Beruf gut mit der Familienplanung vereinbaren. Häufig wechseln vor allem junge Ärztinnen nach der Geburt des ersten Kindes zu einer anderen Stelle. Doch ist der Nachwuchs etwas größer, meldet sich oft die Sehnsucht, wieder den Kittel überzustreifen und Menschen zu helfen.
Bekomme ich nach all den Jahren überhaupt noch eine Stelle in einer Klinik? Habe ich nicht längst den Anschluss an den neusten Forschungsstand verloren? Werde ich den Herausforderungen des klinischen Alltags gewachsen sein? – Diese Fragen stellen sich viele Ärztinnen nachdem sie einige Jahre nicht praktiziert haben, so auch Dr. Susanne dos Santos.
Wieso sich die Kinder- und Jugendpsychiatrie zum Wiedereinstieg besonders gut eignet und welche Vorteile es hat, Ärztin und gleichzeitig Mutter zu sein, berichtet sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Dr. Regina Overmann.
Dr. Susanne dos Santos:
Ich weiß noch genau, wie aufgeregt ich war, als ich mich auf den Weg zum Vorstellungsgespräch für eine Assistenzarztstelle in der Vitos Klinik Hofheim, einer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Riedstadt machte. Nach zwei Jahren klinischer Erfahrung in der Pädiatrie hatte ich aus familiären Gründen meinen beruflichen Schwerpunkt gewechselt und viele Jahre im Medizin-Controlling in einer Teilzeitstelle gearbeitet. Lange Zeit hatte ich mich nicht getraut, noch einmal den Sprung zurück in die Klinik zu wagen, obwohl es immer mein Traum war, mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Ich hatte große Zweifel, ob ich nach so vielen Jahren überhaupt noch eine Stelle in einer Klinik bekommen würde. Und wenn ja, würde ich den Herausforderungen des klinischen Alltags gewachsen sein? Irgendwann fasste ich mir dann doch ein Herz, bewarb mich in der Vitos Klinik Hofheim und wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Die Chefärztin Dr. Anette Duve und die Oberärztin Dr. Anke Maria Waleska empfingen mich freundlich und gaben mir das Gefühl, wirklich willkommen zu sein.
Als ich die Zusage für die Assistenzarztstelle erhalten hatte, war ich durch das mir entgegengebrachte Vertrauen sehr motiviert und fest entschlossen, mich der neuen Aufgabe zu stellen. Während meiner Einarbeitung erhielt ich viel Unterstützung von allen Seiten. Ich stellte mit Freude fest, dass ich in den Teams neben langjährigen, sehr erfahrenen Mitarbeitern und jungen Berufsanfängern auch auf andere Wiedereinsteiger aus ganz unterschiedlichen Fachrichtungen traf. Auch sie hatten sich ganz bewusst nach einer bereits abgeschlossenen Facharztausbildung, einer Tätigkeit im Ausland oder einer fachfernen Tätigkeit noch einmal für eine Facharztausbildung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie entschieden.
Mittlerweile arbeite ich bereits zwei Jahre als Assistenzärztin in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und freue mich jeden Tag wieder auf die vielen unterschiedlichen Lebensgeschichten, familiären Dynamiken, die abwechslungsreiche multiprofessionelle Teamarbeit. Ich genieße es, ständig Neues zu lernen, und fühle mich aufgrund der guten, vertrauensvollen Zusammenarbeit sowohl mit den Kollegen als auch in den berufsgruppenübergreifenden Behandlungsteams sehr wohl. Ich bin jeden Tag froh über meine Entscheidung, doch noch den Sprung in eine Facharztausbildung gewagt zu haben. Gerade meine eigene Lebenserfahrung und die Erfahrung mit meinen eigenen Kindern sind mir hier sehr zugutegekommen und helfen mir, die Nöte der Kinder und Jugendlichen und deren Eltern noch besser zu verstehen.
Dr. Regina Overmann:
Ist man als Mutter auch Ärztin oder umgekehrt, ist es nicht überraschend, wenn sich die medizinische Ausbildung auch auf den familiären Alltag auswirkt. Besonders interessant fand ich es, mitzuerleben, wie unterschiedlich sich jedes meiner Kinder entwickelte – obwohl jedes die gleichen Grundbedürfnisse hatte. Auch die Interaktion zwischen den Geschwistern, beziehungsweise das Miteinander der Kinder mit ihren Freunden, haben eine unermessliche Vielfalt an menschlichen Interaktionen präsentiert. Gut funktioniert haben zwischenmenschliche Begegnungen meist nach den gleichen Prinzipien. Waren die nicht gegeben, kam es oft zu Streit und Unverständnis.
Im Laufe der Zeit hat mich immer mehr beschäftigt, warum manche Menschen an Verhaltensweisen festhalten, die zu Unfrieden führen, andere dagegen ausgewogene Lösungen finden können. Insbesondere bei Kindern fiel mir immer wieder auf, wie sehr ihr Wohlgehen davon abhängt, wie ihnen Mitmenschen, vor allem Erwachsene, begegnen. Diese Beobachtungen und die relativ jungen Erkenntnisse der Neurobiologie und Neuropsychologie haben mich fasziniert.
Die Kinder- und Jugendpsychiatrie ist genau der Bereich der Medizin, in dem das, was ich als Mutter gelernt habe, mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen untermauert, therapeutische Qualität bekommen kann. Die somatischen Grundlagen der Medizin scheint man, wie das Fahrradfahren, nicht zu verlernen. Mit mehr Lebenserfahrung lässt sich das medizinische Wissen mit den philosophisch-psychologischen Aspekten des Menschseins sehr gut kombinieren. Dabei ist naheliegend, dass die Erfahrung, die man mit der eigenen Familie gemacht hat, Einfluss darauf hat, wie man als Arzt mit anderen Familien arbeitet.
In der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Vitos Klinik Hofheim in Riedstadt arbeite ich nun seit drei Monaten als Stationsärztin mit einem weiten Spektrum unterschiedlicher psychiatrischer Krankheitsbilder und Altersstufen. Die tägliche Zusammenarbeit mit ärztlichen Kollegen, dem Betreuerteam, den Spezialtherapeuten wie Ergo- und Mototherapeuten oder den Therapeuten aus der tiergestützten Therapie gibt immer wieder essenzielle Impulse. Hier werden die Kinder in unterschiedlichen Settings von anderen Seiten gesehen. Im Austausch von Therapeuten und Pflegern entsteht so ein vielseitiges Bild von den Fähigkeiten und Bedürfnissen der Kinder. Das wiederum unterstützt die psychotherapeutische Arbeit mit analytischem Schwerpunkt sehr. Wenn dann Kinder nach erfolgreicher Zusammenarbeit mit einem qualifizierten Team wieder zurück in den Alltag können und neu beginnen, ihr Leben zu gestalten, ist das die größte Motivation, jeden Tag auf die Station zu kommen und sich immer aufs Neue dem zu stellen, was die Kinder und Jugendlichen von uns brauchen.
Sie wollen sich einen Eindruck machen, wie es ist, als Arzt/Ärztin in der Vitos Klinik Hofheim zu arbeiten?
Dann schauen Sie sich unseren Klinikfilm an:
Bildquelle: Vitos