Meine Arbeit als Facharzt für Psychosomatische Medizin
Dr. med. Cornelius Honold ist leitender Oberarzt und stellvertretender Klinikdirektor der Vitos Klinik für Psychosomatik Heppenheim. Hier berichtet er von seiner Arbeit.
Bei uns in der Vitos Klinik für Psychosomatik Heppenheim stehen 24 Behandlungsplätze, davon 6 tagesklinische zur Verfügung. Wir behandeln zum Beispiel viele Patienten mit somatoformen Störungen, die also organisch gesund sind, aber dennoch unter körperlichen Beschwerden leiden. Sie haben beispielsweise Rückenschmerzen mit ungeklärter Ursache. Weil sich die Beschwerden körperlich äußern, ist es manchmal nicht einfach, die Patienten von der Notwendigkeit einer psycho-therapeutischen Behandlung zu überzeugen.
Hier in Heppenheim haben wir außerdem einen Schwerpunkt auf Traumafolgestörungen. Das sind vor allem Patienten, die entweder als Erwachsene psychisch nicht verarbeitete traumatische Erfahrungen machen mussten oder auch in ihrer Kindheit oder Jugend eine Traumatisierung erlitten haben, zum Beispiel durch körperliche Übergriffe. Die Folgen können Depressionen, Angst- oder Zwangsstörungen sowie eine posttraumatische Belastungsstörung sein. Nicht behandelt werden bei uns Patienten mit einer Psychose, einer manifesten Suchterkrankung und Eigen- oder Fremdgefährdung.
Wir arbeiten in einem multiprofessionellen Team. Dazu gehören Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Fachkrankenpfleger, Gestaltungs-, Ergo-, Physio- und Bewegungstherapeuten sowie eine Sozialarbeiterin.
Die medikamentöse Therapie spielt eine untergeordnete Rolle
Eine medikamentöse Therapie spielt bei uns eine untergeordnete Rolle, unser Hauptinstrument ist die Psychotherapie. Für die Patienten finden mehrmals in der Woche therapeutische Gespräche statt, entweder als Einzel- oder Gruppengespräche. Unser Ziel ist es, bei den Patienten einen Reflexionsprozess in Gang zu setzen. Die Idee dahinter: Wenn die Patienten wichtige (Lebens-)Themen bearbeiten, können sich Krankheitssymptome verändern und manchmal weichen. Die kombinierte voll- und teilstationäre Behandlung dauert in der Regel acht Wochen. Das Behandlerteam bleibt bei uns auch bei einem Wechsel von der vollstationären in die tagesklinische Behandlung gleich, das ist ein großer Vorteil für die Patienten.
Ich selbst leite bei jeder unserer vier Kleingruppen mit jeweils sechs bis sieben Patienten zweimal wöchentlich eine Gruppenpsychotherapiesitzung. Diese Aufgabe gefällt mir auch deshalb so gut, weil ich damit als Oberarzt sehr nah an den Patienten bin. Ich interessiere mich sehr für die biografischen Zusammenhänge aktueller Symptome. Ich finde es wichtig, zugewandt zu sein und den Patienten auf Augenhöhe zu begegnen. Allerdings darf man sich selbst dauerhaft nicht zu sehr verausgaben und muss bei aller Empathie die eigene seelische Gesundheit im Blick behalten. Wer diesen Beruf ausübt, sollte emotional stabil sein und sich in einer stabilen Lebenssituation befinden. Für Kollegen, die selbst schwer belastet sind, kann diese Arbeit in der Psychotherapie sehr herausfordernd, manchmal überfordernd sein.
Unter Psychosomatik kann sich nicht jeder etwas vorstellen
Als Oberarzt habe ich auch eine supervisorische Funktion. Ich bespreche mit meinen Kollegen Behandlungspläne und auch Therapiestunden. Dabei sehe ich es auch als meine Aufgabe an, darauf zu achten, dass sich Kollegen emotional nicht zu sehr belasten. Und natürlich habe ich auch eine Reihe an organisatorischen und verwaltungstechnischen Aufgaben. Dabei geht es unter anderem um die Dokumentation, um Arztbriefe oder auch um Qualitätsstandards, die wir gemeinsam mit den Kollegen aus der Psychiatrie festlegen.
Als Facharzt für Psychosomatische Medizin erlebe ich es oft, dass meine berufliche Tätigkeit erklärungsbedürftig ist: Die Öffentlichkeit kann sich unter Psychiatrie etwas vorstellen, unter Psychosomatik eher nicht. Hinzu kommt, dass es wenige Kliniken für Psychosomatik gibt und in unserem Fach insgesamt auch wenig ausgebildet wird. An meinem Beruf schätze ich die Nähe zum Patienten. Für mich war schon während des Studiums klar, dass ich mich sehr für Menschen interessiere und kranke Menschen ganzheitlich behandeln möchte. Ein wichtiger Vertreter der psychosomatischen Medizin, Viktor von Weizsäcker, hat gesagt: Wir behandeln keine Krankheiten sondern Menschen. Das entspricht auch meiner persönlichen Haltung.