Psychosomatisch. „Die Schmerzen sind psychosomatisch.“
Wenn diese Diagnose gestellt wird, löst das schon einmal Reaktionen aus wie: „Jetzt wird alles auf die Psyche geschoben, als ob mein Kind nichts hätte“ oder „Aha, das ist also nichts Schlimmes, dann soll sich mein Kind also nicht so anstellen?“.
Oft wird das Wort „psychosomatisch“ schon nicht mehr verwendet, und Beschwerden werden stattdessen zum Beispiel als „funktionell“ beschrieben.
„Funktionell“ drückt meiner Meinung nach ein bisschen schöner aus, dass hinter den Beschwerden wirklich etwas steckt.
Ich nehme in diesem Beitrag einmal Schmerzen als Beispiel.
Wann bezeichnet man ein Leiden, also zum Beispiel Kopfschmerzen oder Bauchschmerzen, als psychosomatisch bzw. funktionell?
Kurz gesagt, wenn nach angemessener Diagnostik die Beschwerden nicht durch ein anderes medizinisches Problem erklärt werden können.
Sehr spannend ist aber, dass man in Versuchen zeigen konnte, dass bei funktionellen Beschwerden im Körper tatsächlich etwas anders funktioniert als bei Menschen, die diese Beschwerden nicht haben.
Zum Beispiel konnte man in Untersuchungen des Gehirns nachweisen, dass das Gehirn von Menschen mit Reizdarm im MRT eine andere Aktivität in der Verarbeitung von Schmerzen zeigt, als das Gehirn von Menschen ohne Reizdarm.
Man kann inzwischen gut erklären, dass sich über Nervenbahnen Dinge im Körper abspielen, die dazu führen, dass ein Schmerz vom Körper gelernt wird, auch wenn der Auslöser vielleicht gar nicht mehr vorhanden ist. Und dass der Schmerz dann chronisch werden kann.
Für alle, die gerne Beweise sehen möchten: es ist also tatsächlich etwas da.
Wobei ich der Meinung bin, dass immer etwas da ist, auch wenn man es nicht direkt zeigen kann. Wenn ein Kind Schmerzen hat, dann hat das einen Grund, ob sichtbar oder nicht, und ihm muss geholfen werden.
Was können wir nun tun, um einem Kind mit funktionellen Beschwerden zu helfen?
Zum einen ist es wichtig, dass wir die Beschwerden ernst nehmen und sagen: Ja, das was du fühlst ist echt. Aber wir müssen unserem Kind auch die Sorge nehmen und Mut machen.
Dabei kann es helfen, wenn man erklärt, wie es zustande kommt, dass es dauernd einen Schmerz fühlt, den wir anders körperlich nicht erklären können.
Ein, wie ich finde, ganz toll erklärendes ca. 11 minütiges Video dazu
Außerdem hilft ein verhaltenstherapeutisches Training, bei dem Kinder und Eltern lernen, mit dem Schmerz umzugehen. Entspannung bei Yoga, Autogenem Training, Progressiver Muskelrelaxation, Traumreisen usw. hilft – was ich als Yogalehrerin natürlich besonders gerne empfehle.
Noch einmal zum Schluss: Die Diagnose sollte wie gesagt erst dann stehen, wenn durch eine angemessene Diagnostik andere Ursachen ausgeschlossen wurde. Zeichen dafür, dass weitere körperliche Untersuchungen erforderlich sind, habe ich unter anderem im letzten Artikel „Bauchschmerzen – Sind die echt, oder ist das nur die Psyche?“ beschrieben.
Und nicht zu vergessen: Auch wenn eine körperliche Ursache gefunden wurde, spielt häufig die Psyche ebenfalls eine Rolle, wie zum Beispiel bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Daher sehe ich es so, dass es sich immer lohnt, an beiden Seiten zu arbeiten.
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