Wie wirken sich Arzneimittelrabattverträge auf die Therapietreue von Patienten aus? Welche ökonomische Bedeutung haben diese Verträge? Und welche Folgen haben sie für die Anbieterstruktur der pharmazeutischen Hersteller? Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) hat diese Fragen empirisch überprüft. Die Bilanz fällt überaus positiv aus. „Durch die Arzneimittelrabattverträge können unnötige Medikamentenwechsel vermieden und die Anbietervielfalt im generikafähigen Markt erhöht werden“, so Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Außerdem konnten über die Verträge die Listenpreise für Arzneimittel 2017 um vier Milliarden Euro reduziert werden. Demnach sorgen Arzneimittelrabattverträge im generikafähigen Markt dafür, dass Patienten stabiler versorgt werden: 2016 haben 85 Prozent der Patienten, die einen Wirkstoff über einen längeren Zeitraum einnehmen müssen, ihr Medikament dauerhaft von demselben Hersteller erhalten. „Rabattverträge tragen dazu bei, unnötige Medikamentenwechsel zu vermeiden. Das wirkt sich positiv auf die Therapietreue und somit den Erfolg der Therapie aus“, erklärt Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Für seine Analyse hat das WIdO die mehr als 45 Millionen wirkstoffbezogenen Profile von AOK-Arzneimittelpatienten der Jahre 2006 und 2016 bei generikafähigen Wirkstoffen und Wirkstoffkombinationen untersucht. Demnach erhielten 2006, dem Jahr vor der Einführung der Rabattverträge, nur 74 Prozent der Patienten ihr Arzneimittel dauerhaft vom selben Anbieter. „Der Anteil der Patienten ohne Medikamentenwechsel ist zwischen 2006 und 2016 um 15 Prozent gestiegen“, so Schröder. „Ein Medikamentenwechsel erfolgt heute in der Regel nur dann, wenn Arzt und Patient dies für notwendig erachten.“ Höhere Herstellervielfalt bei Generika Um eine mögliche Veränderung der Anbieterstruktur zu untersuchen, hat das WIdO die Verteilung der Umsätze auf die verschiedenen Arzneimittelhersteller im Jahr 2006 der aktuellen Umsatzkonzentration im generikafähigen Markt gegenübergestellt. Die Analyse zeigt, dass sich der Vertragswettbewerb auch mit Blick auf die Vielfalt der am Markt teilnehmenden Generika-Hersteller gelohnt hat. Zeigte sich bereits im Jahr 2006 eine insgesamt niedrige Marktkonzentration, so ist diese 2017 noch weiter gesunken: Der für die Messung der Marktkonzentration etablierte Herfindahl-Hirschman-Index hat sich von 478 auf 298 reduziert. Dieser Index wird unter anderem vom Statistischen Bundesamt und der Europäischen Kommission zur Beobachtung der Marktkonzentration herangezogen. Gemäß der Europäischen Kommission kennzeichnet ein Wert unterhalb von 1000 eine niedrige Marktkonzentration, ein Wert bis 1800 eine mittlere Konzentration und Werte oberhalb 1800 eine starke Marktkonzentration. „Daraus kann man eine Tendenz zu einer abnehmenden Marktkonzentration im Generikamarkt ablesen“, so Helmut Schröder. Das lässt auch den Umkehrschluss zu, dass die Nutzung von Rabattverträgen mit einem steigenden Anbieterwettbewerb im Generikamarkt einhergeht und damit die Vielfalt fördert. Die Pharmaindustrie bringt den Aspekt der Marktkonzentration immer wieder als Argument gegen Rabattverträge ins Spiel. Sie befürchtet, dass diese Verträge durch einen stärkeren Kostendruck zur Bildung von Oligopolen und damit letztlich zu einer Konzentration des Marktes führen. Als Folge würden nur noch wenige Hersteller überleben, von denen dann eine gewisse Marktmacht ausgehe. Diese Befürchtungen werden von der WIdO-Analyse widerlegt. Hohe Produktvielfalt, geringere Preise 2017 wurden bei den insgesamt 2.439 verordneten Wirkstoffen und Wirkstoffkombinationen im Durchschnitt mehr als 18 verschiedene Produkte angeboten, zu einem Umsatz von 37,2 Milliarden Euro. Auf den Markt der generikafähigen Arzneimittel, die nach Ablauf des Patentschutzes von mehreren Herstellern angeboten werden können, entfielen über 50 Prozent des Gesamtumsatzes. Bei den Generika standen im Schnitt sogar 27 verschiedene Produkte zur Verfügung, bei einzelnen generikafähigen Wirkstoffen wurden sogar über 500 wirkstoffgleiche Alternativen angeboten. Insbesondere in diesem Marktsegment können die gesetzlichen Krankenkassen seit dem Jahr 2007 die Produktvielfalt nutzen, indem sie für die Versorgung ihrer Versicherten zu einzelnen Wirkstoffen Rabatte verhandeln und entsprechende Verträge mit den Arzneimittelherstellern eingehen. Entsprechend intensiv wird der vom Gesetzgeber gewünschte Vertragswettbewerb von Gesetzlichen Krankenkassen und pharmazeutischen Herstellern genutzt. 2017 konnten die Krankenkassen ihre Arzneimittelausgaben mithilfe der Rabattverträge um insgesamt vier Milliarden Euro senken. „Durch die preiswertere Versorgung mit Generika können die frei werdenden finanziellen Mittel für eine qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten genutzt werden, und das ohne jeglichen Qualitätsverlust“, so Schröder. Pressemitteilung der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. – Bundesapothekerkammer – Deutscher Apothekerverband e. V.
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