10 Jahre (bei) Vitos

Jubiläumsinterview mit David Sochor und Torsten Scholl

10 Jahre Vitos. Dieses Jubiläum feiern zwei Mitarbeiter von Vitos Teilhabe, die unterschiedlicher nicht sein könnten, die aber dennoch einiges verbindet. David Sochor und Torsten Scholl. Beide Teamleiter. Beide seit 10 Jahren in Idstein beschäftigt. David Sochor ist verantwortlich für zwei Tagesgruppen der Jugendhilfe, Torsten Scholl für die ambulanten Dienste der Behindertenhilfe. Dieses Jubiläumsinterview findet bewusst gemeinsam statt, um die Entwicklung, die Vitos Teilhabe genommen hat, zu verdeutlichen.

10 Jahre Vitos: Können Sie sich noch an Ihre erste Arbeitswoche erinnern?

Torsten Scholl: Nach der ersten Woche kannte ich bereits die Lebensgeschichten aller Klienten, da rauchte durchaus ein bisschen der Kopf. Die Einarbeitung durch die Kollegen war herzlich, gewissenhaft und strukturiert.

David Sochor: Für mich war es eine neue Welt. Ich kam von einem anderen Träger, bei dem vieles anders organisiert war, beispielsweise gab es durch die wohnortnahe Betreuung eine viel intensivere Elternarbeit. Bei Vitos in den Tagesgruppen ging es aufgrund der weiten Fahrtwege der Kinder zu Beginn zu einem großen Teil um das Begleiten der Schule. Hier hat sich der Blick auf die Wichtigkeit einer professionellen Elternarbeit enorm verändert. Zudem  gab es wenig Vernetzungen mit anderen Gruppen. Das ist heute viel besser!

An welche Momente erinnern Sie sich besonders gerne zurück?

David Sochor: Als Erzieher ist mein größtes persönliches Highlight, dass wir Kinder und Jugendliche ohne oder mit schlechter Perspektive auf ihrem Weg begleiten können/dürfen und ihnen zum Beispiel mit einem Schulabschluss eine Richtung geben. Davon zehrt man lange. In meiner Funktion als Teamleiter bin ich stolz darauf, zwei Teams zusammengeführt zu haben. Ich konnte gemeinsame Prozesse einführen und dadurch unsere Arbeit vereinfachen. Synergien ergaben sich.  Auch räumlich haben wir die Trennung abgeschafft, indem wir einen Durchgang zwischen den Gebäuden reaktiviert haben.

Torsten Scholl: Ein besonderes Erfolgserlebnis war für mich mein erster Klient, der eine eigene Wohnung bezog und den ich in diesem Prozess mitbegleiten konnte. Zudem habe ich im Laufe der Zeit das Betreute Wohnen wesentlich mitgestaltet und aufgebaut.

Was waren besondere Meilensteine in der bisherigen beruflichen Laufbahn bei Vitos?

Torsten Scholl: Gerade die Entwicklung der letzten zwei bis drei Jahre würde ich als wichtigen Meilenstein sehen. Der Mensch steht bei uns immer mehr im Mittelpunkt. Es geht um eine personenzentrierte Beratung und Unterstützung. Früher hatte ein Klient weniger Mitsprachemöglichkeiten und war in unsere vorgegebenen Strukturen eingebettet. Heute stehen das selbstbestimmte Tun und das Recht auf Mitsprache im Zentrum unserer Arbeit für die Klienten.

David Sochor: Bei uns werden die Kinder und Jugendlichen heute auch viel mehr in Entscheidungen involviert. Wir überarbeiten beispielsweise gerade den gesamten  Hilfeplanprozess und dies gemeinsam mit den Kindern. Das heißt, alle Strukturen werden überprüft und entweder überarbeitet oder verworfen. Ein großes Stichwort ist hier Empowerment.

Wir wollen – gemeinsam mit dem betroffenen Kind – Strategien entwickeln, um den Grad der Selbstbestimmung zu erhöhen. Damit ermöglichen wir dem Kind, seine Interessen wieder eigenmächtig, selbstverantwortlich und selbstbestimmt zu vertreten. Dies wäre vor einigen Jahren in diesem Umfang undenkbar gewesen.

10 Jahre Vitos

10 Jahre Vitos

Wie sehen Sie die generelle Entwicklung Ihrer Arbeit bei Vitos?

Torsten Scholl: Konzeptionell haben wir uns immens weiterentwickelt. Die Arbeitsstruktur und die Methodenvielfalt haben sich dadurch verbessert. Es wird kontinuierlich in die Mitarbeiterqualifikation investiert und das merkt man an vielen Dingen. Wir werden immer professioneller. Gerade im ambulanten Bereich ist Flexibilität sehr wichtig, denn kein Tag ist wie der andere. Dabei nicht in Hektik zu verfallen, ist an manchen Tagen geradezu eine Kunst.

David Sochor: Wir sind auf dem richtigen Weg. Die Impulse, die besonders in den letzten Jahren auch von der Geschäftsführung kamen, gehen in die richtige Richtung. Öfter einmal einen Blick über den Tellerrand werfen, lohnt sich und gerade in Idstein haben wir ja den Vorteil, auch einmal den Kollegen der Behindertenhilfe über die Schulter sehen zu können.

Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?

David Sochor: Ich bin ja noch nicht so lange in der Position des Teamleiters tätig, daher freue ich mich darauf, weitere Erfahrungen in der Personalverantwortung zu sammeln und mich weiterzuentwickeln. Die Zukunft der Tagesgruppen steht immer wieder zur Debatte, daher erhoffe ich mir, dass ich in den nächsten Jahren verschiedene Konzepte umsetzen kann. Wir würden beispielsweise gerne die Elternarbeit umstrukturieren, um den Transfer des Erlernten in den Familien zu stärken. Denn oft kann das Gelernte in der Tagesgruppe nicht ohne Hilfe zu Hause umgesetzt werden.

Torsten Scholl: Ich wünsche mir, dass wir in den nächsten Jahren noch viel mehr Menschen mit einem höheren Hilfebedarf zur Selbständigkeit verhelfen können. Es gibt viele Beispiele von eigenständigen Wohnformen beispielsweise einer inklusiven WG mit Studierenden. Hier ist – aufgrund von mangelndem Wohnraum für Menschen mit Behinderung – Kreativität gefragt und darauf freue ich mich!