Pflegeschüler besuchen Seminar über wertschätzende Kommunikation
Wir, Larissa Kahabka und Dorota Zaba, sind Schülerinnen des ersten Ausbildungsjahres an der Vitos Schule für Gesundheitsberufe Hochtaunus.
Unser Kurs „K-17“ nahm während der Blockwochen an einem Seminar über wertschätzende Kommunikation teil. Wir freuen uns, hier über unsere Erfahrungen zu berichten.
Bewertungsfrei beobachten
Bewertungsfrei beobachten – klingt erst mal einfach. Ist es aber nicht, wie wir schnell merkten.
Denn bewertungsfrei zu beobachten, bedeutet, das Tun des anderen im Hier und Jetzt zu beschreiben, ohne es mit einer Bewertung, Interpretation oder Diagnose zu vermischen. Es bedeutet auch, keine Vorwürfe an den anderen zu richten.
Wir waren neugierig auf die Inhalte, die uns zeigen sollten, wie wir wertneutral beobachten.
Silvia Lichtenthäler, die Dozentin, sprach mit uns über Gefühle und deren Bedeutung im zwischenmenschlichen Austausch. Die Interpretation von Gefühlen kann häufig zu Missverständnissen führen. Jeder Mensch ist für sein Lebensgefühl selbst verantwortlich, so ihre Aussagen.
Wir erhielten die Möglichkeit, von uns erlebte zwischenmenschliche Konflikte in der Gruppe anzusprechen und in einem Rollenspiel gemeinsam darzustellen.
So konnten wir einen anderen Blickwinkel einnehmen und unser eigenes Erleben und das unserer Mitschüler empathisch nachvollziehen. Wir haben gelernt, dass Wahrnehmung immer subjektiv ist. Ich kann in der Kommunikation mit meinem Gegenüber etwas bestimmtes meinen, dass es dann von meinem Gegenüber auch so aufgefasst wird, wie ich es gemeint habe, ist nicht gesagt.
Es braucht Mut, Reife und Eigenständigkeit, die eigenen Gedanken zu offenbaren und trotz anderer Auffassungen bei sich selbst zu bleiben und das individuelle Denken anderer Menschen zu akzeptieren.
In unserem angestrebten Beruf der Gesundheits- und Krankenpflegerin werden wir mit vielen unterschiedlichen Menschen kommunizieren. Auf diese interessanten Erfahrungen freuen wir uns. Es wird aber sicher auch herausfordernde Situationen geben. Das im Seminar gelernte Handwerkszeug wird uns hoffentlich dabei helfen, mit solch herausfordernden Situationen umzugehen.
Verständnis und Weiterentwicklung
Während der dreitägigen Schulung konnten wir uns in Rollenspielen ausprobieren. So konnten wir vergangene Konflikte neu bewerten und durch Einfühlungsvermögen in uns und andere wohlbringende Lösungsmöglichkeiten erkennen.
Als wir in herausfordernden Situationen Verständnis zeigten, merkten wir, dass sich das auf unsere persönliche Weiterentwicklung auswirkt und unser Bewusstsein schärft.
Durch unterschiedliche Meinungen können Erwartungen, Forderungen und Kontrollverlust entstehen. Wir haben gelernt, dass es in so einer Situation reicht, bedürfnisorientierte Fragen zu stellen, um einen Konflikt zu entschärfen oder gar nicht erst entstehen zu lassen.
Vier-Ohren-Modell
„Wir lernen durch unsere Erziehung nicht, in Selbstbestimmung zu gehen und verharren in Anpassung.“, teilte uns Silvia Lichtenthäler mit. Sie ermutigte uns dabei, empathisch auf unsere eigenen Wünsche und auf die anderer einzugehen.
Unser Kurs fand sich in Kleingruppen zusammen und erprobte sich in den Rollen der „Giraffe“ und des „Wolfes“ – den Tiersymbolen in der gewaltfreien Kommunikation.
Silvia Lichtenthäler hatte uns Plüschohren mitgebracht. So konnten wir noch besser in unsere jeweilige Rolle schlüpfen, was wir sehr unterhaltsam fanden.
Die Giraffe ließ uns sSelbst-Empathie fühlen: Stellten wir die Ohren nach außen, bedeutete das, dass wir eine Frage an unser Gegenüber richteten: „Was fühlst du und was brauchst du? Ich respektiere dich.“
Stellten wir die Ohren nach innen, konnten wir in uns hineinhorchen: „Was fühle ich und was brauche ich? Ich achte auf meine Bedürfnisse.“
Der Wolf förderte bei uns Nicht-Empathie. Er sieht Gefühle des Ärgers, der Schuld, Scham und Depression. Die nach außen gerichteten Ohren bedeuteten, dass wir vorwurfsvoll auf das Verhalten unserer Mitmenschen reagieren: „Du bist schuld.“
Die nach innen gerichteten Ohren bedeuteten, dass die Aggression auf uns selbst gerichtet ist: „Ich bin blamiert und habe keinen Wert.“
So konnten wir unser Kommunikationsverhalten näher betrachten. Vergangene Erfahrungen, die uns unruhig stimmten, konnten wir auf den vier Ebenen der unterschiedlich ausgerichteten Ohren neu bewerten.
Das ließ uns erkennen, dass uns die Ohren der Giraffe halfen, Probleme zu lösen. Sie vermittelten uns einen Pol der Ruhe, da es in dieser Situation keiner Bewertung bedarf.
Wir konnten somit lernen, was uns im beruflichen Alltag weiterbringt, um andere zu verstehen und auch, um unser eigenes Wohlbefinden zu vebessern.
Wir gewannen durch die kompetente und warmherzige Unterstützung von Silvia Lichtenthäler viele neue und interessante Eindrücke über unser Kommunikationsverhalten. Jeder Mensch ist verschieden und doch haben wir im Grunde alle dieselben Bedürfnisse – Respekt, Akzeptanz, einander verstehen, erkennen und ansehen.
Bildquelle: Vitos