„Wir sind da. Wir sind stark. Wir sind überall!“

In Stuttgart fiel der Startschuss zur Jubiläumsausgabe der „Positiven Begegnungen“. Zur mittlerweile 20. Ausgabe von Europas größer Konferenz zum Leben mit HIV sind über 400 Menschen angereist.

Bisweilen tut es ganz gut, mal kurz zurückzublicken. Einfach nur, um zu sehen, welchen langen, auch schwierigen Weg man bereits erfolgreich bewältigt hat.

Bei der Eröffnungsveranstaltung der Positiven Begegnungen (PoBe) in der Stuttgarter Liederhalle wurden die 400 Teilnehmenden durch eine Toncollage auf eine solche Zeitreise geschickt.

Schnipsel aus Medienberichten, etwa zum Beginn der Aidskrise und zur Gründung der Deutschen AIDS-Hilfe, Statements von Aktivist_innen, markante Interviewsätze von Politiker_innen wie Rita Süssmuth und Peter Gauweiler machten auf kompakte Weise deutlich, was in den vergangenen drei Jahrzehnten die HIV-Community bewegt und was sie selbst in Bewegung gebracht hat.

Langjährige, kraftvolle Geschichte

Als sich 1990 zum ersten Mal Menschen mit HIV und Aids zur ersten Bundespositivenversammlung (dem Vorläufer der Positiven Begegnungen) in Frankfurt am Main trafen, seien Tod und Stigma noch übermächtig gewesen, so DAH-Vorstand Björn Beck in seiner Eröffnungsrede.

Doch die Aktivist_innen der ersten Stunde haben sich davon nicht unterkriegen lassen. „Sie haben sich gezeigt und einfach gemacht. Sie haben, bei allen Konflikten, zusammengehalten und viel erreicht. Auf diese langjährige, kraftvolle Geschichte“, beton Beck, „können wir heute aufbauen.“

Mitten im Leben

Das Lebensbedrohliche des Virus ist gebannt, Menschen mit HIV sind heute mitten im Leben. „Wir sind überall“, zitiert Beck das Motto dieser 20. Positiven Begegnungen, „aber nicht immer sichtbar – und dort auch nicht immer sicher.“ Und damit auch noch lange nicht am Ziel.

Im Laufe der viertägigen Konferenz werden in Workshops, Arbeitsgruppen und Diskussionsrunden deshalb auch Strategien und Projekte entwickelt, wie Diskriminierungen, etwa in der Arbeitswelt und im Gesundheitswesen, verhindert oder veraltete Bilder von HIV und Aids korrigiert werden können.

Ein elfköpfiges Team aus den unterschiedlichsten Lebenswelten hat über ein Jahr lang dazu ein breit gefächertes Programm entwickelt und vorbereitet.

Die Positiven Begegnungen waren seit Anbeginn nicht nur Ort für Diskussionen, Debatten und Denkimpulse, sondern eben auch der Begegnungen und der Bewegung. Stellvertretend für die vielen Tausend, die an den bisherigen Konferenzen teilgenommen haben, teilten einige ihre ganz persönlichen PoBe-Momente.

Intensive Gespräche, starke Persönlichkeiten, Liebesglück

Immer wieder wird das überwältigende Gefühl genannt, zum ersten Mal unter so vielen anderen Positiven zu sein. Michael ist dankbar, durch die PoBe so viele starke Persönlichkeiten kennengelernt zu haben. Marc hat auf der PoBe 2012 im Alter von 13 Jahren zum ersten Mal erlebt, wie intensiv die Gespräche mit gleichaltrigen HIV-Positiven sein können und sich die Offenheit und der Zusammenhalt untereinander anfühlt. Nun will er keine PoBe mehr verpassen. Und Michael, Mitarbeiter in Lauras „Kings Club“ und seit zehn Jahren ehrenamtlich bei den Positiven Begegnungen im Team von „Lauras Café´“, will auf diese Weise Solidarität zu zeigen. Und zudem ist er der Beweis, „dass die Positiven Begegnungen auch Glück bringen können“: Vor exakt acht Jahren, bei der PoBe in Bielefeld, hat Michael seinen Lebensgefährten kennengelernt.

Standing Ovations für Laura

Natürlich darf auch auf den 20. Positiven Begegnungen der traditionelle Konferenztreffpunkt „Lauras Café“ nicht fehlen. Gastgeberin Laura Halding-Hoppenheit ist nicht nur ein unverzichtbarer Teil der Positiven Begegnungen, sondern der HIV-Bewegung überhaupt, und deshalb unter anderem Ehrenmitglied der DAH und im Vorstand der Stuttgarter Aidshilfe.

Auch ihre Verdienste um ihre Wahlheimat sind so eindrücklich, dass Stuttgart sie längst zur Ehrenbürgerin gemacht hat.

Wer also, wenn nicht sie, wäre besser prädestiniert, die Schirmherrschaft der Stuttgarter PoBe 2018 zu übernehmen? Ihre Begrüßungsworte waren so warm- und offenherzig, wie man es von ihr gewohnt ist und wofür sie geliebt wird.

Ihre „Großfamilie“ – so bezeichnet sie liebevoll die HIV-Community – dankte ihr denn auch mit Standing Ovations. Bis Sonntag wird Laura mit ihrem Team dazu beitragen, den Gemeinschaftssinn zu stärken und für die besondere Atmosphäre auf der Konferenz zu sorgen.

Dass Veranstaltungen wie die Positiven Begegnungen immer noch wichtig sind, betonte auch Laura. Zum Beispiel, um Menschen zu bestärken, die sich nicht noch nicht trauen, anderen von ihrer HIV-Infektion zu erzählen.

All denen gelte es zu zeigen: „Wir sind da. Wir sind stark. An uns kommt niemand mehr vorbei!“. Eine bessere Bestärkung zum Auftakt dieser Positiven Begegnungen kann es wohl kaum geben.