Leitbildinterview mit Ralf Behrendt
Ralf Behrendt arbeitet auf der Station 9.05 der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Hadamar.
Der Dipl.-Sozialarbeiter/Sozialpädagoge ist seit fast 22 Jahren bei Vitos beschäftigt und seit einigen Jahren in der Funktion eines Bezugstherapeuten tätig.
Was war Ihr erster Eindruck, als Sie das Vitos Leitbild gelesen haben?
Zunächst einmal habe ich mich gefreut, dass es eine Neuauflage gibt und das alte Leitbild überarbeitet wurde. Ich wusste, dass sich dazu eine Gruppe von Mitarbeitern zusammengefunden hatte. Dort hätte ich mich gerne eingebracht, aber es hat sich dann nicht ergeben.
Welche Rolle spielt für Sie das Leitbild – alles nur schöne Worte oder doch mehr?
Ich möchte mal mit der Vitos „Werteblume“ anfangen, die unser Unternehmenswerte beschreibt: kompetent, zugewandt, vertrauenswürdig und transparent. Die finde ich gut, aber ziemlich abstrakt. Das Leitbild macht es nun konkreter und damit kann man sich leichter darin wiederfinden. Und ja, es spielt durchaus für mich eine Rolle im Alltag. Ich nehme es als Zielvorstellung. Ganz eindeutig ist es keine Beschreibung der Realität. Es hilft mir aber, mein Handeln zu reflektieren.
Haben Sie dafür ein Beispiel?
Ja. Im dritten Absatz des Leitbildes unter „Unser Miteinander“ findet sich der Satz: „Wir pflegen eine offene Fehlerkultur.“ Dieser Satz hat mir neulich geholfen, einen Fehler einzugestehen und offen damit umzugehen. Er hat mich bestärkt, Verantwortung zu übernehmen und „die Flucht nach vorne anzutreten“. So gesehen war das Leitbild in dieser Situation für mich eine Orientierungsunterstützung.
Wie soll das Leitbild gelebt werden?
Mein Wunsch ist es, dass wir das Leitbild präsent halten und uns immer wieder vor Augen führen. Ich denke dabei sicher nicht an einen täglichen „Leitbildmorgenappell“! Aber warum benennen wir es nicht immer wieder bei unseren Besprechungen und erinnern uns gegenseitig insbesondere bei Konflikten daran? Es könnte auch fester Bestandteil der Supervision sein.
Was versprechen Sie sich davon?
Wenn wir uns die übergeordneten Leitsätze vor Augen halten, wirken sie sich auf unsere konzeptionelle und konkrete Arbeit aus. Wir können sie dazu nutzen, unser Handeln und unsere Haltung zu reflektieren und uns weiterzuentwickeln. Ich finde das Leitbild sehr hilfreich, um mich in meinem Selbstverständnis zu überprüfen. Das halte ich für einen guten Umgang mit den Patienten für wichtig. Gerade wenn es Situationen gibt, die einen an die Grenzen bringen. Ich hatte neulich eine Begebenheit, wo mich ein Patient mit einem Nazispruch konfrontierte. Gerade dann merke ich, dass wir für die Beziehungsarbeit ein Menschenbild brauchen, das von Wertschätzung und humanistischer Haltung gegenüber unseren Patienten geprägt ist – ganz gleich warum der Mensch bei uns in der Klinik ist oder wie er sich verhält.
Wirkt das Leitbild auch nach innen, also auf der Kollegenebene?
Auch hier finde ich das Leitbild sehr gut, um uns daran zu erinnern, dass wir im Sinne des Patienten alle an einem Strang ziehen und uns gegenseitig die jeweilige Arbeit so leicht wie möglich machen sollten. Der letzte Absatz „Wir als Mitarbeiter“ enthält hier den Satz, der es für mich auf den Punkt bringt: „Respektvoller Umgang und gegenseitige Anerkennung unserer Leistungen sind uns wichtig. Wir unterstützen einander.“
Bildquelle: Vitos