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"Raucher-Apps" 12/2014: Datenhungrig & intransparent
Der Weg aus der Tabaksucht ist steinig, die langfristigen Erfolgsquoten sind niedrig (1), daran kann auch der Trend zur Nutzung digitaler Raucher-Coaches aus der Hosentasche derzeit noch wenig ändern (2). Kostenlose Raucher-Apps für Verbraucher informieren, rechnen, schrecken ab, rationieren und dokumentieren (3). Sie legen dabei einen enormen Datenhunger an den Tag, ohne allzu viel über die Motive und die Qualifikation ihrer Anbieter preiszugeben.
Hier die Ergebnisse des aktuellen Screenings der Initiative Präventionspartner. Sie hat im Dezember 2014 insgesamt 29 Apps zur Raucherentwöhnung untersucht, die insgesamt mind. 1,6 Millionen mal heruntergeladen worden sind. In diesem Blogbeitrag werden die untersuchten Apps unter besonderer Berücksichtigung von Qualität- und Transparenzkriterien beleuchtet:
- Berechtigungen: Bei jeder vierten App (7/29) erklären sich die Berechtigungen nicht unmittelbar aus dem Funktionsumfang, den die App bietet. Im Durchschnitt braucht jede App 3,7 Berechtigungen (108 Berechtigungen /29 Apps), z. B. uneingeschränkten Internetzugriff (20/29 Apps), das Lesen des Netzwerkstatus (19/29), den Zugriff auf Speicher bzw. SD-Karte (13/29), da viele Apps mehr oder weniger umfangreiche Dokumentationen in einem sog. Rauchertagebuch anbieten. Spitzenreiter ist eine App, die insgesamt 13 Berechtigungen fordert.
- Datenhunger der Apps vs. Angaben zum Datenschutz: Nur 2 Apps (13 %) machen Angaben zum Schutz der Nutzerdaten. Zur Erinnerung: 17 der untersuchten Raucher-Apps dokumentieren personenbezogene Daten ihrer Nutzer.
- Angaben zur fachlichen Fundiertheit der Aussagen: Den Namen oder die Qualifikation des Autors gibt nur jede sechste App bekannt (17 %), Angaben zu den Quellen der gesundheitsbezogenen Informationen oder den Tipps (z. B. Folgen des Rauchens, Sterblichkeit, Gesundheitsschädigungen der Organe durch Tabakkonsum, Regeneration des Nichtrauchers etc.) nennt nur jede 13. App (n = 2; 7 %). Werden Quellen genannt, sind diese unvollständig, so dass der Nutzer sie nicht rückverfolgen kann. Verbraucher haben also keine Chance, die gesundheitsbezogenen Angaben in der App im Hinblick auf ihre fachliche Richtigkeit und Aktualität zu überprüfen.
- Verkaufsplattform: Obwohl 62 % (18/29) der Apps ohne Einblendungen von Werbeanzeigen auskommen, offerieren viele dieser kostenlosen Apps Zusatzmodule oder Bücher des Anbieters, um damit Umsatzerlöse zu erzielen.
- Interessenskonflikte: Wirtschaftliche Motive des Anbieters bleiben dem Nutzer in der Regel verborgen, nur eine App (n= 1; 3,5%) macht konkrete Angaben zur Finanzierung.
- Fragen & Anregungen: Etwa jede zweite App (n = 14; 48%) gibt dem Nutzer die Möglichkeit, den Anbieter per mail zu kontaktieren, konkrete Angaben zu Ansprechpartnern fehlen in der Regel.
- Rechtliche Pflichtangaben: Ein Impressum, das für jeden gewerblichen App-Anbieter verpflichtend ist, findet sich lediglich in 4 der 29 untersuchten Apps (17 %).
FAZIT: Kostenfreie Raucher-Apps bezahlt der Nutzer möglicherweise mit seinen Daten, auf die Dritte unberechtigt zugreifen, die Wahrscheinlichkeit, dass diese Apps den erfolgreichen Rauchausstieg erleichtern, ist derzeit jedoch gering. Dabei bieten Apps technisch optimale Voraussetzungen dafür, die in Leitlinien überprüften individualisierten Coaching-Ansätze wirksam und kostengünstig zu vermitteln. Die dazu erforderlichen, multifunktionellen Raucher-Apps evidenzbasiert zu entwickeln und über Studien zu evaluieren, ist komplex, zeit- und kostenintensiv. Wenn sich innovative App-Entwickler mit finanzstarken Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesundheitswesen zusammentun, kann es gelingen, diese Herausforderungen zum Wohle der App-Nutzer zukünftig erfolgreich zu meistern.
Zum Download der Testübersicht mit 29 Apps zur Raucherentwöhnung
Zur Methodik des App-Screenings
Quellen:
(1) AWMF – Leitlinie Sucht: Tabakbedingte Störungen. Leitlinie Tabakentwöhnung.
(2) Abroms L, Padmanabhan N, Thaweethal L, Phillips T. iPhone apps for smoking cessation: a content analysis. Am J Prev Med. 2011;40(3):279-285.
(3) Blogbeitrag: „Was „Raucher-Apps“ können und was nicht: Screening 12/2014