Bio ist zu kompliziert

Es folgt hier die Erklärung, weshalb wir in der Apotheke / Drogerie keine offenen Bio-Tees oder Bio-Gewürze mehr anbieten werden.

Als Apotheke und Drogerie liegt einer unserer Schwerpunkte auch auf der Phyto-Therapie. Wir haben ein ziemlich gutes Lager an verschiedenen Tees und Kräutern und darauf spezialisierte Mitarbeiter. Eine davon hat in den letzten Jahren auch dafür gesorgt, dass wir die Produkte vorzugsweise in Bio-Qualität einkaufen. Das macht Sinn, da da strengere Vorschriften bestehen, was Anbau und Pestizide etc. betrifft. Der Preis ist gelegentlich etwas höher, aber das war es uns wert.
Wir haben diese Tees und auch solche in Nicht-Bio-Qualität, wenn sie nur so zu bekommen waren in kleinere Einheiten vorabgefüllt und zum Teil fertige Mischungen für verschiedene Probleme vorbereitet (nennt man Defektur) und verkauft.

Damit sind wir im Sinne der Bio-Verordnung ein „nicht zertifizierter Betrieb“, der sowohl biologische als auch konventionell angebaute Lebensmittel offen verkauft. Die Verordnung des Bundes verlangt weitgehende Massnahmen im Umgang mit Bioprodukten.  
Alle Regeln dazu hier https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1997/2498_2498_2498/de
Ja, das ist schon älter … dass es uns (so) betrifft, ist erst kürzlich klar geworden.

Was muss ich als Apotheke / Drogerie als nicht zertifizierter Betrieb im Umgang mit Offenwaren in Bioqualität beachten?

  • Das Abwägen/Portionieren von biologischen Offenprodukten (Tees, Kräuter,Gewürze) muss vor dem Kunden, nicht im Labor und nicht im Voraus erfolgen. (Art 2 Abs 5 bis Bst e der Bioverordnung). Das ist schwierig: kaum Zeit, kaum Platz und das soll ja trotzdem hygienisch passieren.
  • Biologische Produkte müssen von konventionell produzierten Produkten getrennt gelagert werden. Biologische Tees dürfen nicht neben konventionell angebauten und nicht neben Arzneitees gelagert werden.
  • Weiter muss ich alle Massnahmen treffen, damit in der Apotheke biologische Qualität und konventionelle bzw. Arzneimittelqualität nicht vermischt werden können (Art 27.1 b und c).
    Das heisst konkret: ich muss ein separates Alphabet mit biologischen Offenprodukten schaffen, welches getrennt von den konventionellen Produkten ist. Da bekomme ich ein ernsthaftes Platzproblem.
  • Ich muss als Apotheke für alle Produkte, die unter diese Verordnung fallen, die entsprechenden Belege eines zertifizierten Produktions-, Aufbereitungs-, Vermarktungs-, Lagerhaltungs- oder Einfuhrunternehmens vorweisen können (Art 27.1.a der Bioverordnung). Ich habe die Analysenzertifikate der einzelnen Mittel, aber der Rest??

Die obigen Vorgaben gelten NICHT für vorverpackt bezogene Lebensmittel in Bioqualität. Hier ist der jeweilige Hersteller in der Pflicht, alle Vorgaben zu beachten.
Übrigens dürfte das der Grund sein, weshalb auf den meisten Sidroga-Tees nicht „Bio“ steht – da haben wir auch mal angefragt und sie haben zwar bestätigt, dass sie sehr viele biologisch hergestellte Tees verwenden, das aber aus gesetzlichen Gründen teils nicht drauf schreiben können.

Also passiert bei uns jetzt folgendes:

  • Wir verzichten auf den Verkauf von Offenwaren in Bioqualität. Ich biete (wo möglich) stattdessen entsprechende vorverpackte Produkte an.
  • Wenn ich noch offenen Tee in Bioqualität bestelle, so klassieren ich den ab und schreibe sie nur noch als konventionelles Produkt an. Die Bioqualität wird dann weder in Arzneiteemischungen noch beim Einzelverkauf angegeben.

Ich finds schade. Aber es reiht sich ein in Sachen wie dass wir nichts mehr wiederauffüllen dürfen, was eingenommen wird, oder auf der Haut angewendet wird. Oder dem Untergang der hausgemachten Kosmetik nach der neuen Kosmetikverordnung.