Neurologischer Krankentransport

Der Melder geht, wir sind mit dem RTW gerade unterwegs auf Verpflegungssuche. Als Einsatz erwartet uns eine Einweisung in ein Krankenhaus im Nachbarort. Also ein Krankentransport. Weitere Informationen kann uns die Leitstelle leider nicht geben.

An der angegebenen Adresse angekommen, werden wir schon von der aufgeregten Mutter an der Tür erwartet. Unser Patient für diesen Einsatz ist ihre jugendliche Tochter. Diese leidet an einem sehr großen Hirntumor, welcher vor kurzer Zeit operativ entfernt wurde. Erst in den letzten Tagen hatte die Mutter ihre Tochter aus der Reha-Klinik abgeholt.

Trotz des Hirnturmors war ihre Tochter bisher immer eine aufgeweckte, normal lebende junge Frau. In der Anamnese finden wir heraus, dass die Tochter seit der Rückkehr aus der Reha vor einem Tag apathisch bis hin zu somnolent ist, sich nicht mehr artikulieren kann und über Übelkeit und Erbrechen klagt. Die Frage nach Nackenschmerzen oder Kopfschmerzen kann uns die Patientin leider nicht beantworten. Der Blick in die Pupillen zeigt weite, lichtstarre Pupillen, die man allerdings aufgrund der Fast-Blindheit nicht wirklich effektiv beurteilen kann.

Nachdem wir die Patientin dann in den RTW transportiert haben, erheben wir die Vitalwerte. Der Blutdruck ist mehr als nur im Keller, die Frequenz hingegen sehr hoch. Ohne Worte einigen wir uns als Team darauf, umgehend einen Doktor anzufordern und schon mal einen Zugang zu legen. Der Arzt wird nachher im RTW zusätzlich noch einen zweiten Zugang legen.

Während der Behandlung, das NEF ist gerade eingetroffen, scheint die Patientin hypotoner, aber weiter tachykarder zu werden. Den Plan, in das ursprünglich geplante Krankenhaus zu fahren, verwerfen wir angesichts des schlechten Zustandes und steuern sofort das nächstgelegene Krankenhaus an. Dort fahren wir umgehend auf die Intensivstation und übergeben die Patientin in die Hände des Intensivteams.

Das Team ist auch mehr als ratlos: Die Symptome sprechen auf jeden Fall für einen erhöhten Hirndruck, eine Meningitis kann nicht ausgeschlossen werden, ein Hirnödem ebenfalls nicht, eine Sepsis auch nicht.

Während wir unseren RTW wieder vollkommen einsatzbereit machen, wird die Patientin sofort ins CT gefahren. Dort zeigt sich auf jeden Fall keine Blutung…die Meningitis lässt sich leider immer noch nicht ausschliessen. Allerdings verspricht uns das Ärzteteam uns anzurufen, wenn sie genaueres wissen, oder im schlimmsten Falle, eine Meningitis vorliegen sollte.

Mit flauem Bauch und Ungewissheit fahren wir zurück zur Wache und gehen in den Feierabend. Trotzdem kann man sich nicht so wirklich entspannen, wenn man nicht weiss und sich leichte Sorgen macht.

Doch auch nach vier Stunden hat sich das Krankenhaus noch nicht gemeldet, nun wird man davon ausgehen können, das es auf jeden Fall keine Meningitis ist.

Schon ein komisches Gefühl, die Unsicherheit…aber irgendwo auch Berufsrisiko.

Werde mich auf jeden Fall in der kommenden Schicht beim Krankenhaus informieren, wie es der Patientin ergangen ist. Einfach auch aus medizinischem Interesse….

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