Beruf Landarzt – besser geht’s nicht (6)

Reden wir über Geld (1)

In meiner kleinen Beispiel-Region um die Dörfer A-D werden zuletzt, Stand 2011, noch 3.300 Patienten pro Quartal von zwei Hausärzten versorgt. Es waren einmal fünf Hausärzte und 6.000 Patienten/Quartal.

Der verbliebene Hausarzt in Dorf A versorgt 2.400, der Hausarzt in Dorf C noch 900 Patienten/Quartal.

900 Patienten pro Quartal zu betreuen bedeutet zwar viel Arbeit, wenn man ein gewissenhafter Arzt sein will, ist aber normalerweise zu bewältigen. Allerdings ist der Hausarzt in Dorf C nicht mehr gesund und hat die 65 schon überschritten. 900 Patienten bedeuten für ihn eine Überforderung, der er sich schon bald nicht aussetzen will.

Der Hausarzt in Dorf A ist hoffnungslos überfordert. Er verrichtet Arbeit, die für 3 Hausärzte reichen würde, dazu kommt, dass er ständig spürt und weiß, dass er ein besserer Arzt sein könnte, wenn er mehr Zeit hätte.

Unzureichende Abrechnung

Beide verbliebenen Hausärzte sind also auf ihre Weise überfordert. Diese Tatsache ruft eine übliche Erscheinung unter den Landärzten hervor, die uns im Zusammenhang mit dem Fortgang dieser Artikelreihe interessiert: Sie rechnen schlecht ab. Nicht, weil sie kein Geld gebrauchen könnten oder barmherzige Samariter sind, die den Krankenkassen helfen wollen. Sie nehmen sich schlicht nicht die Zeit für eine ordentliche Abrechnung. Das Chaos des Alltags ist so groß, dass medizinisch unwichtige Dinge schnell zu kurz kommen und Umsatz ist zunächst einmal medizinisch unwichtig. Zumal Landärzte nicht als ökonomisch versiert gelten, um es milde auszudrücken.

Was heißt nachlässige Abrechnung?

  1. Gebührenziffern, die abgerechnet werden könnten, werden vergessen
  2. nicht selten wird die komplette Abrechnung eines Patienten vergessen (zum Beispiel bei einem spontanen Mitbesuch in der Familie oder bei einem nächtlichen Anruf)
  3. es fehlt die Zeit, die gesamte Abrechnungen vor Einreichung gewissenhaft zu überprüfen
  4. es fehlt die Zeit, sich abrechnungstechnisch auf dem neuesten Stand des Wissens zu halten
  5. es fehlt die Zeit, sich neben den normalen kassenärztlichen Budgets (RLV/QZV) mit neuen Honorartöpfen (Vorsorge, DMP und HZV) zu beschäftigen. Hinzu kommt, dass diese Nebenbudgets alle einen erheblichen Zeitaufwand fordern, wenn man sie aktivieren und organisatorisch auf den Weg bringen will.

Sparen an der falschen Stelle

Überforderte Ärzte “sparen” sich gern den Verwaltungsakt des genauen Abrechnens. Darüber hinaus verzichten sie auf eine präzise Kontrolle, der auf dem Krankenschein eingetragenen Diagnosen, ebenfalls weil die Zeit fehlt. So kommt es neben dem unfreiwilligen Honorarverzicht noch zu Honorarkürzungen. Dies sind u. a. Regresse, auf Grund des Fehlens von plausiblen Diagnosen auf dem Abrechnungsschein.

Einschub für Laien: Wenn Sie auf einem Abrechnungsschein nur einen Schnupfen erwähnen, aber im Quartal Medikamente gegen Diabetes, Bluthochdruck und Rheuma verordnen, die Behandlung einer chronische Erkrankung eintragen, dazu zum Orthopäden, Augenarzt und Hautarzt überweisen, haben Sie als abrechnender Hausarzt ein logisches Problem, auf das sich Kontrolleure gern stürzen. Solche Mechanismen führen nicht nur zu Kürzungen der Honorare, sondern schnell auch mal zum Verdacht des Abrechnungsbetrugs. Ich sage nicht, dass jeder Abrechnungsbetrug auf solchen Nachlässigkeiten beruht, aber Unstimmigkeiten sind schnell passiert. Einschub Ende.

Ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Wenn man sich erstmal richtig mit der Abrechnung beschäftigt und der entsprechenden Organisation darum herum, graust es einen, wie viel Geld man verbrannt hat – dazu später.

Ich weise an dieser Stelle noch einmal darauf hin:

Honorar ist nicht Verdienst, sondern Umsatz. Vom Honorar bestreitet der niedergelassene Arzt seine Kosten, bezahlt also sein Personal, seine Immobilie und alles, was den Betrieb am Laufen hält.

Gehen wir näher auf den Hausarzt in Dorf A ein und analysieren im nächsten Artikel seine Abrechnung, damit seinen Umsatz und dazu seine Kostenstruktur.

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