Angst lässt das Blut gefrieren

Angst kann krank machen

"Vor Angst stockt ihm das Blut", "Es ließ mir das Blut in den Adern gefrieren" – Wieder einmal wird die Weisheit, die aus dem Volksmund spricht, mit einer Aufsehen erregenden wissenschaftlichen Studie bestätigt: Starke Angst und Panikattacken erhöhen die Blutgerinnung und somit das Risiko für Thrombose, Herzinfarkt und andere Krankheiten.

Ich erinnere mich an meinen Aufenthalt im DGK Buoch, wo man mein Blut mittels Dunkelfeldmikroskopie untersuchte. Die freundliche Mitarbeiterin erklärte mir, dass sich Konflikte und jegliche Form von Stress unmittelbar auf das Blutbild auswirken und dies mittels Mikroskop sogar für das menschliche Auge sichtbar wird. Fasziniert betrachtete ich den stark vergrößerten Bluttropfen, der mir durch einen kleinen Stich in die Fingekuppe abgenommen wurde, auf dem Monitor und stellte mir vor, wie die Abwehrzellen vor lauter psychischer Last Ihre Arbeit niederlegen und "gestresste" Blutkörperchen vor lauter Angst zusammenkleben. Und ich dachte: Wie eng doch die Bande zwischen Geist und Körper ist, und wie fantasielos wir Menschen doch immer noch sind und dies übersehen können.

Vielleicht vermag die Studie des Forscherteams um Dr. Franziska Geiser und Ursula Harbrecht von der Universität Bonn hier Veränderung zu bringen. Bisherige Studien, die auf den Einluss von Stress und Angst auf die Blutgerinnung hindeuten, beruhten ausschließlich auf der Auswertung von Fragebögen, die von gesunden Menschen ausgefüllt wurde. Anders die Bonner Studie, die die Blutgerinnung von Patienten mit Angststörungen untersuchte.

Angst und Panikattacken sind nichts Seltenes. Allein unter den verschiedenen Formen sozialer Phobie, also der Angst vor sozialen Situationen und der Bewertung durch andere, leiden laut offizieller Statistik rund 15 Prozent der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens. Auch andere Ängste, wie Agoraphobie (die Angst vor dichten Menschenmengen) oder Tierphobien sind verbreitet. Die Betroffenen erleiden in angstbesetzten Situationen oft Panikattacken, die mitunter sehr dramatisch sein können: Herzrasen, Schweißausbrüche, Zittern, ohnmächtig werden, um nur einige zu nennen. Nicht verwunderlich also, dass Ängste wie diese Auswirkungen auf tiefer körperlicher Ebene haben und somit Krankheiten bedingen können.

Die Bonner Forscher verglichen in ihrer Studie Menschen, die unter solch ausgeprägten Panik- und Angststörungen leiden, mit einer gesunden Kontrollgruppe. Dabei wurde das Blut der Teilnehmer untersucht bevor und nachdem sie einige Testaufgaben am Computer bewältigen mussten. Das Ergebnis scheint eindeutig: Das Gerinnungssystem der Angstpatienten war deutlich stärker aktiviert als bei der gesunden Kontrollgruppe.

Das Blutgerinnungssystem des Menschen basiert auf zwei Mechanismen, die sich im Normalfall in etwa die Waage halten: Die Koagulation, also die Blutverdickung, um beispielsweise eine Blutung nach einer Verletzung zu stoppen, und die Fibrinolyse, also die Blutverdünnung, die die Pfropfenbildung durch Blutverdickung wieder auflöst. Bei den Angstpatienten entdeckten die Forscher ein Ungleichgewicht dieser beiden Mechanismen. Bei ihnen kommt es zu einer erhöhten Koagulation bei gleichzeitiger Hemmung der Fibrinolyse – die Gerinnungsneigung erhöht sich also. Im allerschlimmsten Fall kann dies zu einer Verstopfung der Herzkranzarterie führen.

„Das heißt natürlich nicht, dass alle Patienten mit einer ausgeprägten Angststörung nun Angst haben müssen, einen Herzinfarkt zu erleiden. Die ermittelten Gerinnungs-Werte waren stets im physiologischen Bereich, also ohne akute Gefahr“, so Studienleiterin Dr. Franziska Geiser. Eine tatsächliche Gefährdung bestehe nur, wenn weitere Risikofaktoren, wie Rauchen oder Übergewicht, dazu kämen. Weiterhin deuten erste Ergebnisse einer Folgestudie darauf hin, dass die Gerinnungsaktivierung während einer erfolgreichen Therapie rückläufig ist.

Ich muss wohl nicht erwähnen, dass die Studienergebnisse nicht nur für Angstpatienten mit einer ärztlichen Diagnose von Bedeutung sind. Den Rat, den mir die Expertin am DGK Buoch einst gab, möchte ich daher auch an Sie weitergeben: Auch wenn sich Konfliktsituationen nicht vermeiden lassen und diese einfach dazugehören, versuchen Sie weitgehend den damit verbundenen Stress zu vermeiden oder zu reduzieren. Gehen Sie raus in die Natur. Entspannen Sie sich und meditieren Sie. Lesen Sie ein gutes Buch oder treffen Sie sich mit Menschen, die Ihnen gut tun. Fassen Sie positive Gedanken und sorgen Sie für mentalen Freiraum in Krisenzeiten. All das tut nicht nur Ihrer Psyche gut, sondern ganz offensichtlich auch Ihrer Gesundheit.

Ich wünsche Ihnen alles Gute,
Andreas Thies

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Quellen

Bildequellen

 

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