Der „akute“ Rücken in der ZNA

Wie versprochen startet Martin seine Show mit Hinweisen zum Thema des akuten Lumbago bei nofame4u.de… wir freuen uns wie gehabt über ein reichliches Feedback

 

Der „akute“ Rücken in der ZNA

 

Viele in der Notaufnahme kennen das Phänomen bzw. werden damit konfrontiert: Zuweisung via Notarzt, Rettungsdienst oder Selbstvorstellung wegen Rückenschmerzen. Als diensthabender mit
neurologischem Background bekommt man alles, was auch nur einen Millimeter und auch völlig egal wohin ausstrahlt. Häufig stellt sich dann bei fachkundiger Anamnese heraus, dass nicht mal das der
Fall ist. Daher zunächst zum gemeinen LUMBAGO (Empfehlungen der Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz): Zunächst ist eine Einteilung in akut, subakut oder chronisch
sinnvoll (man bekommt ja nicht immer nur Ersteren zu sehen) und dementsprechend u.g. Vorgehen sinnvoll:

 

Keine weitere apparative Diagnostik

• vorerst bei fehlenden Hinweisen für gefährliche Verläufe und andere ernstzunehmende Pathologien, Klassifikation der Beschwerden zunächst als nichtspezifischer Kreuzschmerz (A)

 

Weitergehende somatische und psychosoziale Diagnostik

• bei anhaltenden Schmerzen

(> 12 Wochen) (A)

 

Indikationen zu bildgebenden Untersuchungen

• keine bei akutem Kreuzschmerz (KS) nach klinischem Ausschluss gefährlicher Verläufe (A)

• entsprechend klinischem Verdacht bei Warnhinweisen („red flags“) (A)

• einmalige

o bei subakutem KS (6-12 Wochen) ohne Besserung ausgeprägter und aktivitätseinschränkender Schmerzen oder mit Progression trotz leitlinien- gerechter Therapie (A)

o sofern nicht schon geschehen, bei chronischem KS (> 12 Wochen) trotz leitlinien-gerechter Therapie nach Ausschluss von psychosozialen Chronifizierungsfaktoren (A)

• nur bei klinischen Hinweisen auf Organpathologie bei chronischem KS und Vorliegen psychologischer Chronifizierungsfaktoren (A)

 

Nun kommt die Schwierigkeit Warnhinweise zu erkennen ins Spiel.

Und los geht es: Tabelle 1: Warnhinweise auf eine spezifische vertebragene Ursache mit oft dringendem Handlungsbedarf („red flags“) modifiziert nach Empfehlungen zur Therapie der
Kreuzschmerzen – AkdÄ [4]

 

Fraktur

schwerwiegendes Trauma z. B. durch Autounfall oder Sturz aus größerer Höhe, Sportunfall

Bagatelltrauma (z. B. Husten, Niesen oder schweres Heben bei älteren oder poten-tiellen Osteoporosepatienten)

systemische Steroid- therapie

 

Tumor

höheres Alter

Tumorleiden in der Vorgeschichte

allgemeine Symptome: Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, rasche Ermüdbarkeit

Schmerz, der in Rückenlage zunimmt

starker nächtlicher Schmerz

 

Infektion

allgemeine Symptome, wie kürzlich aufge-tretenes Fieber oder Schüttelfrost, Appetitlosigkeit, rasche Ermüdbarkeit.

durchgemachte bakterielle Infektion

i.v.-Drogenabusus

Immunsuppression

konsumierende Grunderkrankungen

kürzlich zurückliegende Infiltrationsbehandlung an der Wirbelsäule

starker nächtlicher Schmerz

 

 

Die meisten der „red flags“ bekommt man mit einer (erweiterten) Anamnese, der Entzündungsparameter sowie einer nativen Röntgendiagnostik in
den Griff. Nun kurz noch ein Exkurs zum radikulär ausstrahlenden Rückenschmerz: Grundregel:

Suche nach manifesten (klar klinisch zu erkennenden) Paresen bzw. Plegien (kompletten Lähmungen) und Fragen nach Blasen- und/oder Mastdarmstörungen. Wenn keines von beidem vorliegt, ist in der
Regel keine weitere Akutdiagnostik oder Therapie nötig. Auch eine Röntgendiagnostik und ein Labor sind (sofern keine „red flags“ vorliegen) meist entbehrlich.

 

Praktisches Vorgehen:

  • Kann die Schmerzausstrahlung radikulär sein, d.h. einem Dermatom entsprechend (z.B. L5 Fußrücken/Großzehe oder S1 Fußsohle/Außenrand/Beinrückseite)? 
  • Gibt es ein fassbares motorisches Defizit (hier am Beispiel der unteren Extremität)

 

a. Fußsenkung (Zehenstand) = S1

  b. Fußhebung (Fersenstand)= L4/L5

c. Hüftabduktion (Bein abheben in Seitlage)=L5

d. Kniestreckung (Kniebeuge machen lassen oder Knie gegen Widerstand durchstrecken

lassen)= L4

e. Hüftbeugung (Knie zur Nase)= L2/L3

 

Wenn hier keine Paresen (Vorsicht: Schmerz kann eine Parese imitieren > ggf. nach Analgesie nachuntersuchen) und keine verdächtige Ausstrahlung bestehen, so ist ein
(relevantes) Radikulärsyndrom unwahrscheinlich. Dem Geübten kann ggf. noch der Reflexstatus helfen (Seitenvergleich!).

 

Wenn weiterhin (oder gerade nach der Untersuchung) der Verdacht auf ein Radikulärsyndrom besteht, so sei auf die Leitlinie Radikulopathie der DGN (dgn.org) verwiesen. Hektik oder Notfalldiagnostik braucht man wie gesagt NUR machen wenn MANIFESTE PARESEN (Kraftentfaltung gegen Schwerkraft nicht mehr möglich) ODER/UND Blasen-/Mastdarmstörungen
auftreten.

 

Therapeutisch in der Akutsituation ist eine stationäre Aufnahme dann gerechtfertigt, wenn iv- Schmerztherapie benötigt wird (z.B. Würzburger Schmerztropf). Ansonsten kann nach den Empfehlungen
der Leitlinie Kreuzschmerz vorgegangen werden. Bei Radikulärsyndromen empfiehlt sich die Kombinationstherapie mit einem neuropathisch wirksamen Medikament wie Gabapentin
oder Pregabalin (Lyrica).

 

Hier noch mal alle Links für den nächsten oder ersten „akuten“ Rücken

http://www.kreuzschmerz.versorgungsleitlinien.de/

http://dgn.org/inhalte-a-z.html

http://dgn.org/inhalte-a-z/482-leitlinien-der-dgn-lumbale-radikulopathie.html

http://dgn.org/inhalte-a-z/481-leitlinien-der-dgn-zervikale-radikulopathie.html

 

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