Weihnachtsblog
Jetzt ist es da – das große Fest. Es weihnachtet von allen Seiten. Wirklich allen. Meine Frage an euch Leser: Hat euch der Advents-Wahn auch angesteckt oder seid ihr resistent? Hier eine kurze kommentierte Auflistung des Angebots, das seit einigen Wochen auf uns einprasselt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
TV
Selbst das systematische Nutzen ausschließlich öffentlich-rechtlicher Kanäle kann nicht verhindern, dass man spätestens beim ersten Werbespot auf Arte (gibt’s wirklich!) dann doch mal kurz auf die dummdreisten Privatsender rüberzappt. Quasi aus Versehen. So kriegt man dann leider auch mit, dass der schwule Bauer Veit jetzt glücklich mit einem Pferdebesitzer liiert ist und dass Dieter Bohlens vernarbtes Braunleder mit Sprechluke immer noch über die Mattscheibe flimmert. Überall werden noch schnell vor Jahresende Superstars, die Stimme Deutschlands, Deutsche Super Deppen oder sonst welche Opfer gesucht, die bereit sind, sich für wenig Geld ordentlich zum Hampelmann zu machen. Für das abendliche Rest-Angebot scheuen die Programmplaner keine Kosten und Mühen und schicken den Redaktionspraktikanten in die Asservatenkammern der Advents-Klassiker. Zutage gefördert werden dann „Filme“ wie Santa Clause, Santa Clause 2, Bad Santa oder die 180. Wiederholung von Kevin allein zu Haus. Für die ganz harten Romantiker läuft dann Stirb langsam 2 in der Spätvorstellung. Endlich ein Film, den ich mir zur Weihnachtszeit sehr gerne ansehe. Yippikayeh…
Geschenke
Klassiker wie Parfüm-Sets für die Dame, den edlen Kaschmir-Pullover für den Herrn von Welt, schmale blonde Puppen mit wechselbarem Kleiderangebot nebst Miniaturautos für die Kinder und die edel verpackte Pralinenauswahl namhafter Chocolatiers für Omma und Oppa stehen allerorten zum Kauf bereit. Wer etwas kreativer beim Beschenken sein möchte, kann sich vom Angebot zahlreicher Versandhäuser inspirieren lassen: Dort finden sich pfiffige Last-Minute-Geschenkideen wie ein Plüsch-Wookie oder der Jedi-Gedächtnis-Morgenmantel für den ganz harten Star-Wars-Fan. Aber auch Fernbedienungen im Zauberstabformat, selbstrührende Tassen (??) oder albern bedrucktes Klopapier (welch Verschwendung) sind im Angebot der individuellen Geschenke-Anbieter. Wobei ich mich frage, wer sich ernsthaft über solche Geschenke freut. Derjenige, der den Tag gerne damit beginnt, seinen Frust am Wecker auszulassen, wird sich über einen wegrollenden Klingelapparat sicher nicht freuen. Erst kürzlich las ich einen Bericht darüber, dass Schenken auch eine Form der Kommunikation darstellt, und je unpersönlicher ein Geschenk, desto desolater der Dialog. Quasi fürs Hinterteil. Wo wir wieder beim Klopapier wären.
http://www.otz.de/startseite/detail/-/specific/Tipps-vor-Weihnachten-Wie-man-Freude-schenkt-51578504
Wetter
Wetter? Was für Wetter? Hat’s diesen Winter überhaupt schon mal geschneit? Nächstes Thema.
Essen und Trinken
Jawoll. Spätestens seit die Sommersonne die Umgebung nicht mehr auf 25 Grad Dauertemperatur erwärmt, sind die Discounter mit Lebkuchen, Christstollen, Dominosteinen und Schokomännern ausgestattet. Wer die Wahl hat, hat die Qual. Schließlich müssen bis zum Weihnachtsabend noch die durchschnittlichen 8 Pfund Lebendgewicht auf die Hüften, bevor dann ab Januar der Run auf neu eröffnete Fitnessstudios herrscht. Gut, dass bei uns um die Ecke kürzlich auch eins aufgemacht hat…
Seit Anfang Dezember locken dann endlich die Weihnachtsmärkte mit gebrannten Mandeln, Schmuck aus Halb-Edelsteinen oder Glas (kaum zu merken der Unterschied. Gewieft!) und Kerzen in allen Formen und Farben. Auch Anhänger der Onkelz oder Metallica finden beim Stand mit den detailgetreu gearbeiteten Totenschädeln oder Pentagrammanhängern das Richtige für die Schwiegereltern. Die ältere Generation wird ebenfalls bedient, dort wo sich auf dem Marktplatz die Menge fluchtartig zurückzieht, geht’s in Richtung Hauswaren-Abteilung. Hier findet die rüstige Hausfrau Teppichklopfer, rostfreie Pfannenwender und aparte Twin-Sets in den gedeckten Farben beige und khaki oder auch schon mal gewagter in sanftrosé. Damit auch der Göttergatte was zu Freuen hat unterm Weihnachtsbaum, wird noch schnell die 10er-Vorratspackung Baumwollsocken zum Preis von 11 ergattert.
Dort, wo die Menge der Weihnachtsmarktbesucher sich wieder hortet, schart, prügelt und schlägt man sich durch zu den Glühweinständen, die praktischerweise auch noch die fettreiche 1-m-Bockwurst im Angebot haben. Schließlich muss man sich für die zahlreichen lokalen Glühwein-Variationen auch magentechnisch rüsten. Doch hier bahnen sich ungeahnte Gefahren ihren Weg, warnen Verbraucherschützer. Finden sich, neben undefinierten Promille-Zahlen doch häufig auch krebserregende Zuckerabbauprodukte und Fuselöle im angewärmten Getränk! Diese Fuselöle führen dann zum ungeliebten Kater nach durchzechter Nacht. Auch das Gefäß selbst birgt drastische Gefahren. Können sich dort, am feucht-warmen Rand doch zahlreiche Herpesviren nach Lust und Lauen tummeln und beim nächsten Weihnachtsmarkbesucher für unfeine Bläschen am Mundwinkel sorgen.
Doch trotz erhobenem Zeigefinger lasse ich mir das leckere Heißgetränk schmecken. Auf den ernst gemeinten Rat aus Verbraucherforen, doch den Tassenrand mit geschmacks- und hautneutralen Reinigungstüchern abzuwischen, verzichte ich gerne. Trotz Trinkproben durch den überregionalen Glühweinbestand bin ich bis heute Herpes-frei, und dank Schokofrüchten habe ich auch meinen Vitamin-C -Bedarf mehr als ausreichend gedeckt. Bei diesem überschäumenden Angebot ist es fast unmöglich, keine Weihnachtsstimmung zu entwickeln. Daher habe ich auch schon seit geraumer Zeit meine Geschenke fertig verpackt in der Wohnung liegen. Allerdings keinen Wookie. Der Adventskranz steht mit mittlerweile vier angebrannten Kerzen auf dem Tisch. Lametta und Engelshaar flittern durch die Wohnung. Ich bin gerüstet. Weihnachten kann kommen. Irgendwo hab ich sogar ein Sagrotan-Tüchlein, falls die Spülmaschine ausfällt.
Und, weihnachtet’s auch bei euch?
Fröhliche Weihnachten aus der Via medici Redaktion!
Christine