Herr Krawummski hat Blutdruck.
Also gut, jetzt mal langsam. Ist mir schon klar, jeder Mensch hat Blutdruck. Zumindest jeder lebende Mensch. Wer keinen Blutdruck hat, der sollte sich schleunigst mal reanimieren lassen und falls gerade kein fitter Anästhesist oder Notarzt zur Hand ist sind die Chancen hoch, dass man bald den Bestatter seines Vertrauens kontaktieren sollte. Also, die Anghörigen sollten das natürlich tun, aber darum geht es jetzt ja gar nicht.
Der Blutdruck von Herrn Krawummski ist zu hoch.
Und das berechtigt ihn, von nun an am Stammtisch und auch sonst überall mit stolzgeschwellter Stimme verkünden zu dürfen: “Isch abe Blutdruck!”
Und mich berechtigt es, ihm eine Pille dagegen aufzuschreiben.
Alles kein Problem!
“Geben wir eine halbe Ramipril!” sage ich zu Jenny.
Ist Okay, sagt Jenny und nickt dienstbeflissen, wie sich das für eine fleißige Schwester gehört. Vielleicht sagt sie auch “geht klar!” oder “alles in Ordnung, Doc,” oder “machen wir doch, Chef!”, so genau habe ich da gerade nicht hingehört. Hatte wichtigeres zu tun, das Ramipril aufschreiben nämlich, eine halbe Zwanziger einmal täglich morgens.
Eine Stunde später steckt Jenny den Kopf durch meine Arztzimmertür.
“Hamwanich!”
“Wie bitte?”
“Haben wir nicht, das Ramipril!”
Das gibt’s doch nicht! Ramipril ist ein absolutes Standardmedikament, das dürfte so mindestens jeder zweite Patient hier auf Station bekommen.
Das gibt’s hier nicht?
Gibt’s doch nicht!
Kopfschüttelnd bewege stehe ich auf, folge Jenny ins Schwesternzimmer zum Medikamentenschrank und eine Sekune später habe ich eine Schachtel der gewünschten Pillen da herausgezogen.
Jenny schmollt.
“Hättste doch auch gleich sagen können, dass das Delix ist!”
“Ach, Jenny-Schatz! Du weißt doch, dass jedes Medikameent zwei Namen hat.”
“Und Ihr Doktors müsst immer den falschen verwenden!”
Den Falschen? Nee, den Richtigen!
Warum muss das Leben bloß immer so kompliziert sein?