Die Verordnung eines Arzneimittels außerhalb seiner Zulassungsindikation stellt einen Off-Label-Use dar und wird nur in eng begrenzten Ausnahmefällen von der kassenärztlichen Vereinigung anerkannt.
Neben dem Anwendungsgebiet eines Arzneimittels zählt auch dessen Dosierung zur Zulassungsindikation. Dies hat das Sozialgericht Berlin in seinem Urteil vom 14.12.2011 (S 71 KA 161/11) klargestellt.
Der Fall:
Hintergrund der Entscheidung war die Klage der Krankenversicherung einer Patientin auf Festsetzung eines Einzelverordnungs-Regresses gegen den behandelnden Arzt. Als Allgemeinmediziner hatte dieser der Patientin schmerzlindernde Medikamente zur Behandlung eines chronischen Schmerzsyndroms verordnet. Die Tageshöchstdosen für beide Medikamente waren in einem extremen Maß überschritten worden. Der Arzt begründete dies mit der Unverträglichkeit der Patientin auf andere Präparate.
Dies ließ das Sozialgericht für eine erstattungsfähige Anerkennung der Verordnung jedoch nicht ausreichen. Zur Begründung ihrer Entscheidung zogen die Richter die von den obersten Bundesgerichten aufgestellten Kriterien für einen ausnahmsweise rechtmäßigen Off-Label-Use heran.
Danach kann die vertragsärztliche Anerkennung der Verordnung ausnahmsweise dann erfolgen, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, keine andere Therapie verfügbar ist und auf Grund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann
Werde ein Regress festgesetzt, dem eine unzulässige Verordnung zugrunde liegt, wie dies beim Fehlen der Arzneimittelzulassung des verordneten Medikaments, bei einem unzulässigen Off-Label-Use, bei Verordnung entgegen einem AMRL-Verordnungsausschluss oder bei Unvereinbarkeit einer Verordnung mit den Vorgaben des § 135 Abs 1 SGB V der Fall sei, könne eine Unwirtschaftlichkeit nur bejaht oder verneint werden, so die Richter des Sozialgerichts.
Dies bedeutet für die Praxis, dass nicht nur von der zugelassenen Dosierung überschießenden Arzneimittelkosten im Wege des Regresses zurückgefordert werden können, sondern die Kosten der gesamten Verordnung.
Praxistipp:
Wenn Sie die Verordnung eines Arzneimittels in einer, von der Zulassung abweichenden Dosierung (nach oben oder unten) erwägen, prüfen Sie den Einzelfall genau! Im Zweifel ist eine Rücksprache mit der Krankenkasse des Patienten, vor allem bei kostenintensiven Arzneiverordnungen, der sicherste Weg. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die ausführliche Dokumentation der Gründe dieser speziellen Verordnung. Sollte dennoch ein Regress gegen Sie festgesetzt werden, legen Sie fristgerecht Widerspruch gegen den Bescheid ein.
Beachten sollten Sie immer auch haftungs- und strafrechtliche Aspekte von Überdosierung und versuchen Sie, diese Risiken zu vermeiden.