Das Missverständnis
Für mich als Hausarzt beginnt mit dem Herbst die Zeit, in der ich sehr häufig mit Infektionskrankheiten zu tun habe. Absehbar ist, dass auch wieder die Tage kommen werden, an denen ich mit folgender Aussage konfrontiert werde: Jetzt habe ich eine Grippe, obwohl ich mich doch habe impfen lassen!.
Diese Beschwerde steckt voller Missverständnisse, allen voran die Verwechslung von grippeähnlichen Symptomen mit einer tatsächlichen Grippevirusinfektion. Grippale (grippeähnliche) Infekte gibt es jede Menge, die echte Grippe ist selten (s.u.).
Hilfreiche aber überschätzte Impfung
Die Grippeimpfung ist eine gute und hilfreiche Sache, aber weitaus weniger gut und hilfreich, als uns Gesundheitspolitiker, Medien und vor allem die Impfindustrie glauben machen wollen. Für eine Gegend wie Europa oder Nordamerika ist die Grippeimpfung – vor allem anderen – ein gutes Geschäft. Riesige Umsatzzahlen bei geringem Bedarf, das ist optimales Marketing und kostet keinen Cent (jedenfalls keinen offiziellen Cent, was die Impfindustrie inoffiziell Richtung Zeitungen, Fernsehsendern und Gesundheitspolitikern springen lässt, wissen wir nicht).
Warum so ketzerisch?
1. Eine Grippeimpfung hinkt der Gegenwart hinterher.
Die Grippeimpfung ist eine aktive Impfung, das heißt, unser Körper wird durch die Impfung aufgefordert, Antikörper gegen das Antigen Grippevirus zu bilden. Als antigene Substanz wirkt dabei die äußere Hülle des Grippevirus. Grippeviren wechseln allerdings ständig die Zusammensetzung ihrer äußeren Hülle, und zwar von Generation zu Generation, sprich von Jahr zu Jahr oder schneller. Ein Grippevirus 2008 sieht anders aus, als jenes von 2007 oder 1968 oder 1918. Die Varianten sind unendlich. Es wird also quasi gegen einen Krankheitserreger geimpft, den es gar nicht mehr gibt. Nicht, dass das vollkommen nutzlos wäre. Immerhin wird sich der Körper an das ungefähre Ziel dieser Impfung erinnern, aber die Impfung ist längst nicht so effektiv und damit nicht so wichtig, wie uns immer Glauben gemacht wird.
2. Grippeepidemien sind selten.
Zugegeben diese Aussage ist etwas provokant, aber auch nicht ganz falsch. Die letzte große Grippeepidemie, die unsere Breitengrade betraf, liegt vierzig Jahre zurück. Übrigens ist das kein Verdienst der Impfung, sondern unserer verbesserten Ernährung, Hygiene und medizinischen Versorgung. Was unsere Breitengrade alljährlich massenhaft überfällt sind Erkältungsviren, die mit Grippe nichts zu tun haben, sondern lediglich grippale (grippeähnliche) Symptome auslösen. Aber ein Thema wie die Vogelgrippe hat zu gerade astronomischen Verkaufszahlen im Falle des Grippeimpfstoffes geführt. Wer regiert hier die Welt?
3. Eine Grippeimpfung gaukelt eine Sicherheit vor, die sie nicht leisten kann.
Aus dem vorher gesagten ergibt sich, dass die Grippeimpfung etwas vortäuscht, was sie nicht leisten kann. Ihre Effektivität erreicht nicht annähernd den Wert einer Tetanusimpfung, einer Immunisierung gegen Kinderlähmung oder Diphterie und schon gar nicht der unter 5. angesprochenen Verhaltensmaßnahmen.
4. Marketingobjekt Vogelgrippe
Die Vogelgrippe war keine Epidemie, die unter den Menschen grassiert wäre. Sie war das, was der Name sagt, eine Infektionskrankheit des Federviehs. Die geradezu hysterisch über die Medien abgewickelte Vogelgrippe forderte in Ihrem gesamten Verlauf etwa 20 Todesopfer (die statistischen Zahlen schwanken), in Buchstaben – zwanzig, bei Abermillionen Kontakten. Ich will den Opfern nicht Unrecht tun, aber diese etwa zwanzig Menschen waren wahrscheinlich alt und/oder chronisch krank! Eine Krankheit wie die Vogelgrippe mit weltweit vergleichbar niedriger Sterberaten ist meines Wissens extrem selten.
5. Grippeimpfung erstetzt gesunde Lebensweise nicht.
Dinge, wie Bewegung, körperliche Abhärtung, gesunde Ernährung und geduldiges Auskurieren von Erkältungskrankheiten werden in der Infektvorsorge gern vergessen, sind aber weitaus wichtiger als eine Grippeimpfung. Dies gilt auch für die von der Impfindustrie bevorzugt angesprochenen Patientengruppen: alte und chronisch kranke Menschen. Regelmäßige Spaziergänge, Vermeidung von Übergewicht, ausgewogene Ernährung, genügend Flüssigkeitszufuhr und soziale Integration würden auch in diesen Fällen mehr bringen als die passive Maßnahme einer aktiven Impfung.