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Qlasse Werbung
Beim Marketing für die neue Antibaby-Pille Qlaira®, ausgesprochen Klära, wird schweres Geschütz aufgefahren. Gleich drei Banner werben auf der Seite des Gesundheitsportals Onmeda für die “neue Qlasse der Verhütung”. Jedem, der lesen kann, wird klar sein, dass der Aufwand für ein Kontrazeptivum mit “Q” gemacht wird.
Durch die Werbung, die sich an Fachkreise richtet und im Prinzip nur durch den Handelsnamen “Qlaira®” ergänzte Laienwerbung ist, weiss jeder Frauenarzt und Apotheker, was die Patientin meint, wenn sie “irgendwas mit Q… und natürlich” anspricht.
Für mich ist dies verbotene Werbung für ein verschreibungspflichtiges Medikament. Möglicherweise bin ich auch zu sensibel…
Rezension und Rezeption des Wunderheiler-Artikels
Zu dem Wunderheiler-Beitrag im SZ-Magazin hatte ich dem Autor Werner Bartens, leitender Redakteur im Wissenschaftsressort der Süddeutschen Zeitung, eine E-Mail geschrieben, in der ich näheres über die Studien wissen wollte, die Werner Bartens als Fakten in dem Artikel beschreibt.
Meine Recherchen waren relativ erfolglos, daher erhoffte ich vom Autor Details zu erfahren.
In der Zwischenzeit hatte mein Mitblogger hockeystick ein Posting verfasst, in dem die fehlende Distanz des Artikel im SZ-Magazin kritisiert und die Interessen des im SZ-Magazin gefeierten “Wunderheilers” hinterfragt worden sind.
Als Reaktion erhielt ich eine E-Mail von Bartens, mit dem Vorwurf, “mein” Text sei mit Häme und unredlichen Vorwürfen durchsetzt. Auf meine Frage nach den Studien wird nicht eingegangen. Mal abgesehen davon, dass Werner Bartens offensichtlich nicht verstanden hat, dass es hier zwei Blogger gibt, verweist er darauf, im Posting unsauber zitiert worden zu sein, und stellt klar, dass sein Artikel vorsichtige Formulierungen enthält, wie etwa “womöglich”, “ahnt”, “ungewiss”, “helfen könnte”, usw. Es wird ein falscher Eindruck beklagt, ohne zu reflektieren, dass der Artikel im SZ-Magazin mit “Der Wunderheiler – Dieser Mann hat eine Salbe erfunden, die dem Körper helfen soll, sich selbst zu heilen. Fauler Zauber? Nein. Die Salbe wirkt” betitelt ist.
Das Posting war von hockeystick. Aufgrund der E-Mail habe ich mir eigene Gedanken über den Artikel gemacht. Wenn man sich den Beitrag von Bartens genau ansieht, ist es ein Meisterwerk subtiler Andeutungen. Das Wort “Wunder” dominiert, wird jedoch immer wieder halb zurückgenommen. Kaum einem Leser wird auffallen, dass beim Satz “Die Experimente im Labor wurden dutzendfach wiederholt, die Studien in Fachmagazinen publiziert, in denen sie nur erscheinen, wenn andere Kollegen die Untersuchungen begutachtet haben”, keine peer-reviewten klinischen Studien mit hoher Evidenz gemeint sind, sondern Laborexperimente an Gewebeproben.
Werner Bartens hat kein Problem damit, sich zu distanzieren: “Sollten die Erprobungen an Hunderten von Patienten ähnlich erfolgreich verlaufen wie die ersten Heilversuche…” – jedoch trotzdem am Ende eine Service-E-Mail-Adresse zu nennen, die den leidgeplagten Patienten Hoffung auf ein Wunder verspricht. Das geht Hand in Hand mit der Präsentation von Kinderschicksalen, die Aufmerksamkeit für das Thema erzeugen. Die emotionale Nähe ist bei Kinden gleich eine andere, als bei übergewichtigen, rauchenden, alten multimorbiden Diabetikern, bei denen durch die Therapie chronisch offene Wunden geheilt werden könnten.
Die Kritik an dem Blog-Posting verliert sich in Wortklauberei. Die Frage der Rezeption sollte jedoch für Journalisten das eigentliche Ziel der Arbeit sein. In SPON war letzte Woche ein Artikel, der beschrieben hat, dass Piloten in schwierigen Situationen nie “Sie brauchen keine Angst zu haben” den Passagieren erzählen sollten. Genauso sollten seriöse Wissenschaftsjournalisten nie das Wort “Wunder” benutzen. Erst recht nicht inklusive Wortkombinationen achtmal im Artikel. Die Reportage suggeriert Heilung für Patienten, die jegliche Hoffnung längst aufgegeben haben und sich an jeden Strohhalm klammern. Es kommen keine Patienten zu Wort, denen Baders Heilversuch möglicherweise doch nicht das Wunder gebracht hat. Für mich fehlt es bei Bartens in dieser Hinsicht an Verantwortung. Aus dieser kommt man auch mit geschickt gesetzten Konjunktiven nicht heraus.
Vollkommen ausgeblendet werden die ethischen Aspekte der “Heilversuche”. Medizinethiker sind sich einig, dass die ärztliche Diagnose- und Therapiefreiheit nicht von Forschern missbraucht werden dürfen, um zur Umgehung gesetzlicher Vorschriften Forschungsvorhaben als Heilversuch zu tarnen. Massgeblich ist die an objektiven Kriterien zu messende Zielrichtung des geplanten, immer streng einzelfallbezogenen Vorgehens. Steht allgemeiner Erkenntnisgewinn für die Wissenschaft im Vordergrund, so ist immer Forschung gegeben und Heilversuch sind ausgeschlossen. Heilversuche dürfen daher nicht rechtsmissbräuchlich zum Verschleiern von Pilotstudien oder klinischer Forschung im Allgemeinen eingesetzt werden. Das wird in dem Artikel von Bartens nicht getrennt. Heilversuche, experimentelle Forschung und klinischer Einsatz werden munter durcheinander gebracht und zu einer Wunder-Sosse verrührt.
Der Artikel könnte ein schönes Beispiel für die Anwendung der Kriterien von Gary Schwitzer abgeben, mit denen bei HealthNewsReview.org die Qualität von Medizinlournalismus bewertet wird. Ganz grob:
Werden Kosten diskutiert?
Nein. Der Aufwand für künftige klinische Studien, die Herstellung des Heilmittels, oder organisatorische Voraussetzungen für die Therapie werden nicht erwähnt. Stattdessen wird irgendwas mit 250 Euro genannt – ohne Grundlage.
Wird der mögliche Nutzen abgeschätzt?
Nur an Einzelfällen ohne Berücksichtigung der Versorgungslage.
Werden Nebenwirkungen erwähnt?
Nein. Stattdessen wird immer wieder das Wort “Wunder” gebraucht und ob es auch erfolglose Heilversuche gibt, wird nicht hinterfragt.
Evidenz?
Experimentelle Studien, Heilversuche und künftige klinische Studien werden bunt durcheinander gewürfelt und der jeweilige Evidenzgrad nicht sauber getrennt.
Wird die Erkrankung überschätzt?
Bei einige Beispielen wird sicherlich die Situation des Patienten dramatisiert und progrediente Verläufe als typisch dargestellt.
Therapeutische Alternativen?
Spielen keine Rolle in dem Artikel. Wunder sind nun mal alternativlos.
Ist der Ansatz wirklich neu?
Nicht wirklich, wenn man sieht, dass seit 15 Jahren Gewebezüchtungs-Verfahren auch von anderen Einrichtungen und Unternehmen erforscht und klinisch getestet werden. Was im Artikel kein Thema ist.
Verfügbarkeit?
Bleibt vollkommen offen, aber trotzdem gibt es eine Service-E-Mail-Adresse.
Wer wirbt dafür?
Einzig alleine Bader wird vorgestellt, der ein persönliches und finanzielles Interesse an der Therapie hat.
Interessenskonflikte?
Die vielfältigen geschäftlichen Aktivitäten von Bader und seiner Frau rund um den Therapieansatz sind bei Bartens kein Thema.
Desaströs. Aber auch wenn man die Kriteren des Deutschen Presserates ansetzt, verletzt der Artikel im SZ-Magazin meiner Meinung die Ziffer 14 des Pressekodex.
Pharmalobbyisten für Worst EU Lobbying Award nominiert
Die erfolgreiche Lobbyarbeit der Pharmaindustrie zur Einschränkung des Wettbewerbs und freien Warenverkehrs durch die Erzeugung von Panik vor gefälschten Medikamenten wird möglicherweise gebührend geehrt werden. Heisser Anwärter auf den Worst EU Lobbying Award ist diesem Jahr die “European Alliance for Access to Safe Medicine (EAASM)”, die nominiert ist, weil sie die Beteiligung grosser Pharmakonzerne in ihren Kampagnen verschweigt. Der Preis für das schlimmste Lobbying in der EU geht an diejenige Lobby-Kampagne, die am meisten auf Täuschung, irreführende Informationen oder andere unsaubere Lobbytaktiken zurückgegriffen hat, um die Entscheidungen innerhalb der EU zu beeinflussen.
Aus dem Nominierungstext:
Die Online-Abstimmung für die Worst EU Lobbying Awards endet am 30. November. Die Gewinner werden im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung am 9. Dezember in Brüssel verkündet. Also wählen gehen: