Wenn der “unzarte” Edzard den Schüßler versalzt

Sie kennen vielleicht bereits meine kritische Haltung zu Herrn Professor Edzard Ernst – wenn nicht, ich habe sie in meinem Artikel: “Der Chefkritiker vom Dienst” bereits ausführlich dargelegt.

Kurz zusammengefasst: An der Universität von Exeter existiert ein Lehrstuhl für “Alternative Medizin”, und der deutsche “Leer”stuhl (Entschuldigung, Lehrstuhl)-Inhaber Herr Professor Ernst läßt merkwürdigerweise keine Chance aus, alternative Heilmethoden zu kritisieren oder ins Lächerliche zu ziehen – teilweise mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten.

Mit einem solchen Hintergrund freut sich jedes Boulevardblatt, wenn man ihnen einen fertigen Text zum Drucken gibt, und so konnte Herr Edzard Ernst wieder einmal in seiner fast unnachahmlichen Art zuschlagen: Diesmal waren die Schüßler Salze im Visier des Professors für Alternativmedizin.

Das dankbare Magazin ist der Stern (Artikel unter: stern.de/gesundheit/ratgeber-alternativmedizin-schuessler-salze-teuer-aber-wertlos-1604695.html) und man könnte fast meinen, dass sich hier zwei gesucht und gefunden haben. Jedenfalls arbeitet sich Herr Ernst besonders heftig an den Salzen des Herrn Schüßler aus.

Prof. Ernst bemäkelt zum Beispiel, dass es sich hier um eine verkappte Form der Homöopathie handele, ohne dabei wirklich Homöopathie zu sein. In dem oben verlinkten Beitrag habe ich schon einmal über seine Sichtweise zur Homöopathie berichtet und dass er diese als besondere Form der Scharlatanerie betrachtet. Denn ganz unalternativ geht auch unser Alternativprofessor vom pharmakologischen (also schulmedizinischen) Dogma des Dosis-Wirkungs-Prinzips aus: Viel Substanz = viel Wirkung – keine Substanz = keine Wirkung. Und da auch Wilhelm Schüßler aus der Homöopathie kam und seine alternative Richtung quasi homöopathisch ausrichtete, indem er seine Salze ebenfalls potenzierte, kann die ganze Richtung für Ernst keinen Sinn machen. Denn die Schüßler´schen Präparate können keine aktiv wirksame Konzentration an Wirksubstanz mehr haben.

Aber damit ist der Fall noch nicht abgehakt. Nein, denn sofort danach wird Schüßler mitsamt seiner Lehre vom eifrigen Professor noch ans Hakenkreuz geschlagen. Ja – die Schüßler´schen Theorien waren in der Nazizeit en vogue, was natürlich einen unheimlichen Verdacht auf diese Medizinrichtung wirft. In die gleiche Kerbe schlägt auch die deutsche Wikipedia: „Solche Versuche fanden auch in den Konzentrationslagern Dachau und Auschwitz statt, unter Leitung des Reichsarztes SS Ernst-Robert Grawitz. Dabei wurden unter anderem künstlich herbeigeführte Fälle von Blutvergiftung und Malaria weitgehend erfolglos behandelt. Für die Häftlinge nahmen diese Experimente in den meisten Fällen einen tödlichen Ausgang“. Aber Moment mal – wenn die menschenunwürdigen Zwangsmedikationen im Konzentrationslager doch “bewiesen” haben, dass die Schüßlersalze wirkungslos sind, wie kann man die Nazis dann als Vorbild für heutige Nutzung der Salze heranziehen? Sehr rätselhaft.

Das Beste kommt aber zum Schluss. Der Professor für Alternativmedizin schreibt im Stern: „Bei meinen Recherchen fand ich keine einzige Studie zur Wirkung der Schüßler-Salze bei irgendeiner Erkrankung. Wie kann das sein? Sicher verdienen die Hersteller genug an diesen Mitteln, um wenigstens ein oder zwei Untersuchungen durchzuführen“. Und als mögliche Erklärung für das Fehlen der Studien fällt ihm ein: „Es wurden Studien gemacht, doch die Ergebnisse fielen so aus, dass die Hersteller sie schleunigst verschwinden ließen“.

Ach so. Das kennen wir ja bereits von der Pharmaindustrie.

Der Versuch einer objektiveren Betrachtungsweise
Ob die Schüßler Salze medizinisch besonders wirksam oder überhaupt wirksam sind, kann ich nicht beurteilen. Dass es keine Studien und schon gar keine klinischen Studien dazu gibt, das stimmt. Denn auch ich habe, ganz wie Prof. Ernst, nichts in dieser Richtung finden können. Aber daraus lässt sich keinesfalls ableiten, dass die Salze nicht wirksam sind. Denn es gibt somit auch keine evidenzbasierten Befunde, dass sie NICHT wirksam sind. Wir können aber davon ausgehen, dass die Schüßlersalze nicht die Nebenwirkungen haben, wie wir sie in der Medikation der Schulmedizin Tag für Tag erdulden dürfen. Die Bewertungskriterien für Substanzen seitens der Schulmedizin haben für mich spätestens seit Avandia und Vioxx einen superfaden Beigeschmack bekommen. Denn es wird immer offensichtlicher, dass die Schulmedizin mit ihrer unwissenschaftlichen (pseudowissenschaftlich wäre auch treffend) Einstellung und Vorgehensweise quasireligiös bestimmen will, was wirken darf und was nicht.

In erster Linie geht es um: Geld

Und dabei sind die Kriterien sehr einfach und übersichtlich geordnet: Was der eigenen Kasse gut tut, darf bleiben. Das, was in Konkurrenz zum Medizingeschäft steht, muss untergehen. Und die Wissenschaft dient hier nur dazu, den Eindruck zu erwecken, dass die Entscheidungen für oder gegen eine Substanz oder Medizinrichtung auf objektiven Tatsachen beruhen würde. Hätte es im Fall Avandia und Vioxx eine knochentrockene wissenschaftliche Beurteilung gegeben, dann wären die Präparate nie in den Handel gekommen und etliche Patienten wären heute noch unter den Lebenden. Somit steht für mich auch fest, dass die Schüßler Salze nie den Schaden anrichten werden wie dies mit pharmazeutischen Präparaten geschehen ist und in Zukunft geschehen wird, wenn sich die Kriterien für die evidenzbasierten Tests nicht ändern.

Doch es geht noch schlimmer: Wenn man sich einmal das ganze Getöse um die HPV-Impfung (Gebärmutterhalskrebsimpfung, dank TV-Werbung damals in aller Munde) und deren unterstellten gesundheitlichen Nutzen ansieht, und wie hier die Schulmedizin urplötzlich das Prinzip der „Prophylaxe“ entdeckt, dann haben wir das Prinzip Avandia/Vioxx wieder einmal vor uns, nur diesmal in der Spritze. Wie grotesk sieht die ganze Sache inzwischen aus, angefangen mit dem Verdacht der Klüngelei zwischen dem Konzern “AstraZeneca” und dem Nobelkomitee bei der Verleihung des Nobelpreises an zur Hausen für seine „Entdeckung“, bis hin zu den nicht existenten Studien bzw. den verbogenen Studien, die die wissenschaftliche Legitimation für ein nebenwirkungsreiches, unwirksames Präparat abgeben sollen. Es ist derweil so grotesk, dass sogar Schulmediziner auf die Barrikaden gehen und sich gegen diese Impfung aussprechen.

Da klingt es geradezu wie Hohn aus der Feder unseres starrsinnigen Professors, wenn er die fehlenden Studien damit erklärt, dass sie zwar durchgeführt wurden, aber im Reißwolf verschwanden, weil die Schüßler-Industrie kein Wohlgefallen an den Ergebnissen fand. Ich weiß nicht, ob es wirklich so zugegangen ist. Ich weiß aber, dass genau diese Vorgehensweise in der Pharmaindustrie Gang und Gäbe ist. Schließt der Professor etwa hier von sich auf andere? Und warum bemüht er nicht einmal seinen Lehrstuhl und die damit verbundenen Möglichkeiten, indem er einfach selbst eine wissenschaftlich saubere Studie zu dieser Fragestellung inszeniert? Dazu sollte er doch in der Lage sein als Medizinprofessor, oder? Und auch alle Möglichkeiten, er müsste nur wollen. Oder hat er womöglich Bedenken, dass IHM die Ergebnisse dann plötzlich nicht gefallen könnten und er sich einen Reißwolf kaufen müsste? Fragen über Fragen, aber keine Antworten.

Der braune Müll

Und nun kann ich nicht mehr anders, als mich zu ärgern: Als Letztes das “Allerletzte”! Besonders perfide finde ich den Bezug der Schüßlersalz-Verwendung auf das Dritte Reich. Hier kommen die Toten der Konzentrationslager gerade recht, um diese Medizinrichtung als “Schlächtermedizin” darzustellen, sowohl von ihm als auch von Wikipedia. Man sollte bedenken: Schüßler hat weit vor den Jahren 1933-45 gelebt und war zu diesem Zeitpunkt schon längst verstorben. Dennoch wird er mit braunem Dreck beworfen, nur weil irgendwelche Nazis seine Medizin für gut befunden hatten und (nicht nur) damit menschenverachtende Tests durchführten. Ohne Erfolg, wie schon gesagt. Wenn wir das mal weiterdenken: Die Nazis hatten aber auch die Musik von Wagner für gut befunden. Dennoch pilgert heute noch die halbe Welt mit der größten Bayreuthwilligkeit zu den selbigen Festspielen. Haben wir es hier in Bayreuth jetzt samt und sonders mit Nazis zu tun? Schüßler ein Nazi-Mediziner und Wagner ein Nazi-Komponist?

Ich verstehe sowieso nicht, wieso die Kritik an einer Medizinrichtung die Hilfe der Nationalsozialisten und Konzentrationslager benötigt. Für mich zeigt das nur, dass ohne diese perfide Form der „Schützenhilfe“ kein vernünftiges Argument aus Geist solcher Menschen kommt. Eigentlich ist es nicht mal ein richtiges Argument, aber wir sind uns nunmal alle einig, dass Nazi schlecht ist und wenn man die Schüßlersalze in diese Richtung rückt, egal wie unsinnig der Zusammenhang ist, dann müssen auch Schüßler und seine Salze schlecht sein müssen. So geht anscheinend eine typische Ableitung der schulmedizinischen Wissenschaft?! Wen wundert es da noch, wenn diese Professoren nichts als “Leer”-stuhlinhaber sind.

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