Ein Patient unterzog sich vor vier Jahren an seinem einzigen Auge einer Katarakt-OP. Der Visus verschlechtert sich tendenziell und der Patient braucht zum Lesen eine Lupe. Nun soll die in mehr…
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Frage (Update 11)
Bin ich der einzige, der die gestrige ARD-Dokumentation über die von der bösen Pharmaindustrie seit 20 Jahren verhinderte rosafarbene Vitamin-B12-Salbe namens “Regividerm”, die Neurodermitis zu “heilen” in der Lage ist, spontan für einen aberwitzigen PR-Stunt erster Güte hält?
Hier der Link zur Sendung.
Die Süddeutsche Zeitung glaubt die Geschichte.
Fefe, unumstrittener Experte für Verschwörungen jeglicher Art, glaubt sie auch.
Die Home-Page des Herstellers: www.regividerm.de
Wir haben uns deshalb gegen alle Widerstände entschlossen, Regividerm® Salbe selbst zu produzieren und hoffen, damit schon bald den Betroffenen der großen Zivilisationskrankheiten Neurodermitis und Psoriasis (Schuppenflechte) wirksam und nebenwirkungsarm helfen zu können!
Update: Mehr über die Hintergründe gibt es in einem gut 5 Jahre alten Artikel der Boocompany.
Update 2: Vielleicht fehlt ja dem Autor auch ein wenig Abstand zu seiner Geschichte:
Update 3: Martens’ Rezeptbuch zur Doku erreicht Platz 5 der Amazon-Bestsellerliste.
Update 4, 14:30: Platz 3. Herta Müller ist gepackt. Da geht noch was.
Update 5, 17:45: Wer das Rezeptbuch noch nicht bestellt hat, kann sich auch gleich die fertig zusammengerührte Wundersalbe holen. Das ging ja dann doch erstaunlich fix, wenn man das resignierte Gejammer im Film noch vor Augen hat.
Update 6. 18:05: Die Süddeutsche Zeitung bringt einen weiteren Artikel und hat noch nicht Lunte gerochen:
So lange wird er jedenfalls nicht mehr auf Regividerm warten müssen, dem Mann kann geholfen werden. Siehe Update 5.
Update 7: Ich habe ja schon so manche Markteinführung von fragwürdigen Medikamenten und Medizinprodukten verfolgt. Aber diese Geschichte hier hätte man nicht besser inszenieren können. Allein das Timing ist schon ein Meisterstück.
Update 8: Meine absolute Lieblingsstelle im Film ist übrigens ein Zitat von Professor Peter Altmeyer, einem der verantwortlichen Wissenschaftler der beiden bislang bekanntgewordenen Regividerm-Studien (bei ca. 11:25):
Update 9: Hier hat sich jemand die beiden rosabedingt unverblindeten Studien genauer angesehen und ist nicht überzeugt.
Update 10: Die Süddeutsche Zeitung freut sich jetzt in ihrem dritten ahnungslosen Artikel mit uns, dass Regividerm überraschenderweise doch nicht erst in 14 Jahren zu haben sein wird.
TV wirkt.
Update 11: In einem hektisch nachgeschobenen vierten Artikel beginnt die Süddeutsche Zeitung jetzt, mit kräftigen Schlägen zurückzurudern. Aber sie glauben immer noch, dass die Studien verblindet gewesen seien:
Nein. Denn wir wissen ja:
Und:
Hätte mich ehrlich gesagt auch überrascht.
Risiken und Nebenwirkungen des Pillenmarketings
In der Schweiz untersucht die Arzneimittelaufsichtsbehörde (Swissmedic) Daten und Studien sowie zu Risiken und Nebenwirkungen verschiedener Antibabypillen. Auslöser war der Fall einer 16-jährigen Schweizerin aus Schaffhausen, die seit der Einnahme des Verhütungsmittels Yasmin® des Hersteller Bayer schwer behindert ist, nicht mehr sprechen kann und künstlich ernährt werden muss. In der Schweiz sind seit 1990 mindestens fünf Frauen verstorben, nachdem sie mit fünf gängigen Präparaten hormonell verhütet hatten.
Das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erklärte, dass für Yasmin® Meldungen eingangen seien zu “sieben Todesfällen im Zusammenhang mit der Anwendung des Arzneimittels Yasmin oder Wirkstoffkombination von Yasmin”. Einer dieser Fälle beziehe sich auf den Tod eines Embryos in der sechsten Schwangerschaftswoche bei einer Frau, die unter Yasmin schwanger wurde. Das BfArM sieht jedoch keinen Anlasse für neue Untersuchungen.
Yasmin® ist eine echter Blockbuster und Umsatzgarant für das Unternehmen. Die Produktfamilie um die Antibabypille war 2008 die stärkste Medikamentengruppe des Pharmageschäfts von Bayer. Im ersten Quartal erzielte der Konzern damit einen Umsatz von 319 Millionen Euro, ein Plus von 7,4 Prozent binnen Jahresfrist. Umso härter trifft das absehbare Ende des Booms. Den Informationen des Tagesspiegels zufolge will der Konzern in diesem Jahr jetzt nicht mehr wie noch zu Beginn des Jahres vorgesehen 240 Millionen Verpackungseinheiten in Berlin produzieren, sondern nur noch 180 Millionen, also ein Viertel weniger.
In den Fokus gerät dabei auch die Marketing-Strategie, die auf den “Zusatznutzen” der oralen Kontrazeptiva zielt. Schönere Haut, keine Gewichtszunahme durch das Gestagen Drospirenon, Linderung von PMS-Beschwerden, bis hin zum “Verlegen” der Periode. Die Verhütung gerät zur Nebensache.
Auch bei der neuen Pille Qlaira® zielt Bayer auf den Lebensstil und nicht auf die einzig zugelassene Indikation, der oralen Kontrazeption.
In den USA ist die FDA aufmerksam, wenn Pharmaunternehmen ihre Produkte mit irreführenden und überzogenen Aussagen bewerben, die nicht mit der Zulassung gedeckt sind. Das musste im Oktober 2008 Bayer für die Pille Yaz® erfahren. Das Unternehmen erhielt von der FDA einen Warnbrief, in dem zwei TV-Spots angemahnt wurden, in denen die Indikation der Pille erweitert, die Effektivität übertrieben und ernsthafte Risiken für Nebenwirkungen bagatellisiert worden waren.
In Europa dagegen verschliessen die Behörden die Augen, weil nicht sein kann, was nicht darf. Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente ist auf Fachkreise beschränkt. Obwohl gerade im Internet die Pharmaunternehmen immer dreister die Grenze zwischen erlaubter Information über Erkrankungen und verbotener Werbung für Arzneimittel zur Therapie dieser zu ihren Gunsten verschieben.
Nicht unerwartet daher das Statement des Leiters der Abteilung Pharmakovigilanz beim BfArM zu dem Lifestyle-Marketing für Antibabypillen, das die unbefriedigende rechtliche Situation bei der Medikamentenwerbung auf den Punkt bringt:
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Update
Hier ist einer der abgemahnten Spots:
Die Musik, ein Scandal Cover, liefert “The Veronicas”, ein angesagtes australisches Sänger- und Songwriter-Duo. Bayer hat sich schon 2005 die Zusamenarbeit mit der damals nur Australien bekannten Band gesichert.
Die Pharmaindustrie als Musikmanager. Auch mit Hilfe der Commercials haben die Veronicas den Durchbruch in den USA geschafft.
Der Lifestyle-Charakter der Medikamentenwerbung wird im Vergleich mit dem Spot aus dem Jahr zuvor deutlich.
"Programmlicher Befund nicht eindeutig"
Zu den verwirrendsten Formaten im deutschen Fernsehen gehört seit vielen Jahren die Sendung “Spektrum Gesundheit” mit Hademar Bankhofer. Nach dem Ende verschiedener Projekte im Zusammenhang mit Schleichwerbungsvorwürfen ist “Spektrum Gesundheit” Bankhofers letztes TV-Biotop.
Verwirrend ist die Sendung deshalb, weil man bei ihrer Betrachtung stets den Eindruck hat, versehentlich eine Dauerwerbesendung für verschreibungspflichtige Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel und Medizinprodukte eingeschaltet zu haben. Selbst bei genauem Hinsehen findet sich aber nie der Hinweis “Dauerwerbesendung”. Noch irritierender das Gefühl, dass das Heilmittelwerbegesetz für die Dauer der Sendung regelmäßig außer Kraft gesetzt zu sein scheint.
Ausgestrahlt wird die erstaunliche Sendung nicht etwa von einem unter einem Tarnnetz betriebenen Piratensender auf der Inselgruppe Saint Kitts und Nevis (oder gar von einem in den Bergen versteckten ORF-Tochtersender), sondern seit vielen Jahren ganz offiziell u.a. auf den Frequenzen von RTL und SAT1 im Rahmen des “Bayern Journals”. Produzent der Sendung ist die Firma Camp TV, die zuständige Aufsichtsbehörde ist die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM).
Und aktuell gibt es wohl berechtigten Grund, sich Sorgen um Bankhofers letzte verbliebene TV-Sendung machen. Es gibt nämlich hässliche Vorwürfe der Süddeutschen Zeitung, die BLM habe ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt und – man höre und staune – Schleichwerbung (!) im “Bayern Journal” toleriert. Es geht dabei u.a. um sechsstellige Privatdarlehen des kürzlich ums Leben gekommenen Camp-TV-Eigentümers Ralph Burkei an den Vorsitzenden des bayerischen Medienrates, Klaus Kopka, der eigentlich den Sender kontrollieren sollte, um Parteienfilz, merkwürdige Treffen und zeitliche Koinzidenzen:
[…]
In diese Zeit fällt auch das zweite Darlehen, das Kopka und seine damalige Freundin erhalten hatten. Es datiert vom 1. Mai 1997 und belief sich auf 120.000 Mark. Tags zuvor hatte die BLM 31 Beiträge im “Bayern Journal” beanstandet. Kopka sagte am Dienstag, hier gebe es “überhaupt keinen Zusammenhang”. Das sieht auch die BLM so. Kopka sagte weiter, Burkei habe niemals versucht, “mich für seine Ziele einzuspannen”.
Anlass für uns, zunächst einige Höhepunkte der Sendung aus den vergangenen Jahren revue passieren zu lassen:
“Spektrum Gesundheit” preist Airnergy an (2002):
“Spektrum Gesundheit” preist “Airnergy” an (2007):
“Spektrum Gesundheit” preist Kanne Brottrunk gegen Parkinson an:
“Spektrum Gesundheit” preist “Kanne Brottrunk” gegen Epilepsie an:
“Spektrum Gesundheit” preist “Duovital-Tonicum” (Duopharm) gegen Gelenkschmerzen an:
“Spektrum Gesundheit” preist das verschreibungspflichtige Medikament Memantin (Axura®, Merz) gegen Alzheimer an:
Die BLM bestreitet unterdessen in einer Pressemitteilung, dass sie ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkomme: