(P. Köhler) Es gibt deutschlandweit 94 Screeningeinheiten. Die ersten fingen 2005 an; jede SE versorgt ungefähr 200.000 Frauen im anspruchberechtigten Alter 50-69 Jahre. Alle Kennzahlen der gemeinsamen europäischen Leitlinie sind eingehalten: z.B. ist die Wiedereinbestellrate (Anteil der Frauen, die zur Abklärung nochmals ins Screeningzentrum gerufen werden) 5.3 % (Leitlinie: höchstens 7 %); die Zahl der in-situ-Karzinome (= sehr gut heilbare Frühformen) 19.8 % (Leitlinie: mindestens 15 %); der Anteil der Karzinome unter 11 mm 30.8 % (Leitlinie: mindestens 25%); und so fort. Das heißt, alle Ziele sind erreicht außer zweien:
Erstens ist die Teilnahmerate im Bundesdurchschnitt 54 % und liegt damit deutlich unter der europäischen Vorgabe von 70 %. Andererseits gibt es kaum Staaten, die diese sportliche Ziel wirklich erreicht haben (z.B. Frankreich 46 %, Italien 60 %, EU-gesamt 64 %); realistisch für ein auf absoluter Freiwilligkeit und ausgewogener Aufklärung basierendes System wie unseres dürften eher eine 60 % Akzeptanz und Teilnahme sein.
Zweitens gibt es noch keine Bestätigung, dass das Hauptziel wie geplant erreicht werden wird: die Sterblichkeit der Brustkrebspatientinnen durch unser Screening um 30 % zu senken. Das kann frühestens zehn Jahre nach Programmbeginn, also ca. 2015 statistisch nachgewiesen werden. Immer wieder wird es in Frage gestellt. Fakt bleibt aber: in Schweden und Großbritannien hat es funktioniert! (Quelle)
Unsere vorläufigen Erfahrungen sind Folgende: Wenn wir 2000 Frauen einladen, kommen 1000 zum Screening. Davon bestellen wir etwa 50 zur Abklärung ins Screeningzentrum, und dort finden die projektverantwortlichen Ärzte sieben bis acht Karzinome (in der ersten Runde, später werden es weniger). Das sind dreimal mehr als vor dem Screeningprogramm, und die Tumoren sind zu drei Vierteln noch nicht metastasiert. Deshalb können die meisten Operationen heute die Brust erhalten, und es gibt weniger Chemotherapien. Die betroffenen Frauen werden zur Behandlung ausschliesslich in zertifizierte Brustzentren überwiesen. Das wird die Ergebnisse sowohl kosmetisch, als auch was die Heilung betrifft, nochmals verbessern.
An dieser Stelle herzlichen Dank an Gerlinde Kretschmann, die seit einigen Monaten die Schirmherrschaft über das Screeningprogramm im Ländle übernommen hat!
Weitere Informationen gibt es unter www.kooperationsgemeinschaft-mammographie.de (für Ärzte) und www.mammo-programm.de Informationen (für alle Interessierten), und www.mammascreen-bw.de (KV Baden-Württemberg, hier können auch Termine vereinbart werden). Eine sehr ausführliche, verständliche Broschüre kann man hier herunterladen (PDF).
Für die FrauenärztInnen noch ein Tipp: Sie können an den postoperativen multidisziplinären Fallkonferenzen (EBM 01758) zu Ihren Patientinnen ab Juli auch telefonisch teilnehmen, Ihre persönliche Anwesenheit in Tuttlingen ist nicht mehr erforderlich.