Die Therapie von subklinischen Erkrankungen der Schilddrüse befindet sich im Umbruch
– zumindest, wenn man sein medizinische Antennenfähnchen ins Internet hält. Der moderne Patient recherchiert zudem – und wird verunsichert. Eine endokrinologische Privatpraxis tut sich ganz besonders hervor, mit der Forderung, grundsätzlich alle Patienten zu behandeln, die TSH-Werte über 2,5mE/l aufweisen. Wertende Aussagen wie “Die neue, herabgesetzte TSH-Obergrenze hat sich noch nicht bei allen Labors herumgesprochen” die implizieren, das Labor sei einfach nicht auf den neustem Stand, sind keine Seltenheit. Doch das es auch Gründe gibt, warum man an alten Parametern, die sich bewährt haben, festhält wie z.B. eine iatrogene Hyperthyreose – das wird nicht erwähnt. Ich gehe in diesem Artikel nur auf subklinische Hypothyreosen ein, die nicht auf Autoimmunprozesse zurückzuführen sind. Auch erhebe ich keinen Anspruch auf Richtigkeit – bin ich doch nur Studentin der Pharmazie.
Cave: Rp.: L-Thyroxin quantum satis versus Missbrauchspotential
Man könnte meinen, dass man einfach so viel L-Thyroxin in den Patienten reinschüttet, bis er sich wohlfühlt. Quantum satis eben – so kommt es eben rüber, wenn man den TSH-, fT3- und fT4-Spiegel nicht mehr ernst nehmen kann und nach Gutdünken auf das Wohlbefinden des Patienten hintherapiert . Lobenswert: Man therapiert nicht sachliche Parameter, sondern den Patienten. Schön gedacht, nur: Es gibt keine Langzeitstudien ob die Behandlung von subklinischen Hypothyreosen denn wirklich einen so großen Vorteil hat. Und ob es stimmt, wenn einem der durchtrainierte Bodybuilder erzählt, dass er mit seinem neuen TSH-Spiegel bei 0,3mE/l sich viel wohler fühlt, und Nebenwirkungen verschweigt, weil er es zum raschen Fettabbau missbraucht – sei dahingestellt. Genauso wie bei Patienten die unter Anorexie oder ähnlichem leiden. Es wird bei diesen Fällen im Notfall so lang Ärztehopping betrieben, bis einem die gewünschte Diagnose gestellt, und das Wunschmedikament verschrieben wird. Aber diese einseitge Sichtweise würde eben wieder Patienten benachteiligen, die wirklich unter relativen Symptomen leiden, die auf eine latente Hypothyreose zurückzuführen sind.
Pauschal lässt sich an Hand der Standard-Schilddrüsenparametern leider gar nichts über die Behandlungswürdigkeit von subklinischen Hypothyreosen sagen
Das fühlt sich an wie blindes Topfschlagen – ist es auch. TSH, fT3 und fT4 sind eben – wenn die letzten beiden denn überhaupt bestimmt wurden – nur grobe Anhaltpunkte. Stichfeste Aussagen können eben erst gemacht, wenn auch ein Ultraschall der Schilddrüse vorgenommen wurde und die TPO-Antikörper bestimmt. Außerdem sollte der behandelnde Arzt eine genaue Anamese durchführen und über die gesamte Medikation und eventuelle Eingriffe an der Schilddrüse informiert worden sein. Es gibt im Übrigen Hinweise darauf, dass SSRI, die zur Behandlung von Depressionen eingesetzt werden, auch den Schilddrüsenhormonspiegel beeinflussen können. Wie, ob und in welcher Größe dieser Effekt ist – weiß man noch nicht genau. Deshalb ist besonders bei Patienten, die sowieso schon unter Behandlung mit Antidepressiva stehen, Vorsicht bei der Interpretation der Schilddrüsenwerte geboten. Bei Lithium ist eine Interaktion mit der Schilddrüse bekannt und erwiesen – bei den modernen SSRI noch nicht.
Der mündige Patient sollte sich im Übrigen seine Laborparameter aushändigen lassen – und diese auch ggf. seinen behandelnden Fachärzten vorlegen, falls Zweifel an der eigenen Therapie bestehen und sich das eigene Befinden eher verschlechtert. Auf keinen Fall sollte aber die Medikation eigenhändig abgesetzt werden.
Quellen bzw ausführlichere Fakten zum Thema:
http://www.aerzteblatt.de/archiv/52315
http://www.aerzteblatt.de/archiv/39277/Latente-Hypo-Hyperthyreose-Wann-Therapie-wann-nur-Kontrolle
http://www.aerzteblatt.de/archiv/34334/Schilddruese-Was-sich-hinter-latenter-Hypothyreose-verbirgt
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC518867/?tool=pubmed
http://www.scielo.br/scielo.php?pid=S0047-20852007000400009&script=sci_abstract