Wir verkaufen in der Apotheke auch Blutdruckmessgeräte. Da gibt es verschiedene Varianten – die meisten aber inzwischen vollautomatisch, entweder für das Handgelenk oder für den Oberarm.
Etwas ungewöhnlich ist der Wunsch ein Blutdruckmessgerät der alten Sorte zu kaufen – also eines von denen, das zusätzlich zur von Hand aufpumpbareren Manschette noch ein Stethoskop braucht. So eines (Bild)
Ich selber habe mit diesen messen gelernt, darum weiss ich auch wie das geht … und dass das nicht ganz einfach ist. Das Stethoskop will richtig platziert sein, man darf nicht zu schnell die Luft ablassen (auch das muss man selber) und die Endpunkte der Messung werden durch die Geräusche definiert, die man hört. Man hört den Pulsschlag beim Ablassen der Luft beginnen –das ist die Systole. Man lässt die Luft weiter ab, bis man den Puls auf einmal nicht mehr hört – das ist die Diastole.
Es braucht ziemlich Übung und Koordination – Aufpumpen, dann Luft vorsichtig ablassen, gut hinhören, Zahlen merken, weiter langsam Luft ablassen, gut hinhören, Zahlen merken…
In der Apotheke messen wir kaum noch mit denen. Früher habe ich es noch gelegentlich gemacht, wenn ich den Verdacht hatte, dass der Puls unregelmässig ist. Heute zeigen die modernen Geräte sogar das selber an.
Darum bin ich also etwas überrascht, wenn jemand unbedingt so einen will. Und ich weise natürlich darauf hin, dass das nicht ganz einfach ist. Vor allem, wenn man sich selbst messen will.
Aber wenn jemand unbedingt so einen will, dann halte ich ihn natürlich nicht davon ab. So haben wir vor wenigen Wochen ein solches Gerät bestellt und verkauft.
Einige Wochen später kommen 2 Frauen ( augenscheinlich Mutter und erwachsene Tochter) in die Apotheke und die ältere Frau hält mir genau das Gerät unter die Nase. Es muss fast das sein. Ich glaube viele sind davon nicht im Umlauf …
jüngere Frau: “Könnten Sie damit mal messen? Ich denke, das ist kaputt oder funktioniert nicht mehr ….”
Pharmama: “Was ist denn nicht in Ordnung damit?”
jüngere Frau “Es misst zu hohe Werte.”
Pharmama: “Können sie mir mal an ihr zeigen, wie sie messen?”
Beide Frauen –schauen sich an: “Äh, lieber nicht.”
Pharmama: “Nein? Gut, dann …. mache ich das mal.”
Ich platziere das Stethoskop, passe die Manschette an und erkläre dabei, was ich mache. Dabei lasse ich durchscheinen, dass es wesentlich einfacher zu handhabende Geräte für den Heim-gebrauch gibt …und dass es ziemlich Übung braucht … wie ich beim Verkauf ja auch schon gesagt habe.
Ich messe. Der Blutdruck ist im oberen Normalbereich.
Die Frau ist erleichtert.
Die Tochter sagt: “Dann geht das Gerät?”
Pharmama: “Ja, so wie es aussieht ist alles in Ordnung. Was war denn bei ihnen?”
“Nun”, meint die jüngere “meine Mutter war sehr beunruhigt … und sie kann damit nicht messen.”
Pharmama: “Aber … wie?”
jüngere Frau: “Mein Vater misst sonst immer. Er hat auch das Gerät gekauft.”
Hmmm.
Die beiden packen das Gerät wieder ein und verabschieden sich.
Tochter zu mir (verschwörerisch beim Herausgehen): “Ich glaube, er hat das gemacht, damit sie nicht zu oft misst. Und sich dann beunruhigt.”
… das ist natürlich auch eine Methode, wenn ich das auch nicht ganz so … freundlich finde.