Menschen mit Behinderungen können nur dann an der Gesellschaft teilhaben, wenn sie medizinisch ausreichend versorgt sind. Patientenrechte spielen hier eine wichtige Rolle. Wer seine Rechte als Patient nutzen möchte, der muss sie zunächst einmal überhaupt kennen. Auf der Tagungsreihe „Teilhabe braucht Gesundheit“, die ich von November 2010 bis September 2011 durchgeführt habe, wurde unter anderem bemängelt, dass Patientenrechte momentan in unterschiedlichsten Rechtsgebieten erfasst sind, teilweise nur unvollständig.
Es ist gut, dass mit dem geplanten Patientenrechtegesetz ein besserer Überblick über Patientenrechte geschaffen werden soll. Ein solches Patientenrechtegesetz konnten viele Vorgängerregierungen nicht auf den Weg bringen. Positiv hervorzuheben ist außerdem, dass mit dem Patientenrechtegesetz die Patientenbeteiligung ausgebaut werden soll.
Eines der wichtigsten Rechte behinderter Patientinnen und Patienten ist ein barrierefreier Zugang zu Arztpraxen und Kliniken und barrierefreie Information und Kommunikation. Hierzu ist jedoch im derzeit veröffentlichten Referentenentwurf des Patientenrechtegesetzes nichts ausgeführt. Allerdings will das Bundesgesundheitsministerium zusammen mit den Ländern und der Ärzteschaft noch in diesem Jahr ein diesbezügliches Gesamtkonzept erarbeiten. Es soll im Konzept nicht nur um den Abbau baulicher Barrieren, sondern auch kommunikativer Barrieren gehen. Von kommunikativen Barrieren sind am häufigsten blinde, gehörlose, taubblinde oder auch Menschen mit Lernschwierigkeiten betroffen.
Es wird zudem immer wieder bemängelt, dass medizinisches Personal, über die Köpfe behinderter Patientinnen und Patienten hinweg, mit Betreuungspersonen oder anderen Begleitern der behinderten Menschen spricht. Die Barrieren in den Köpfen zu beseitigen, wäre also auch wichtig, um Patientenrechten Platz zu verschaffen.
Im Patientenrechtegesetz sollte aber zumindest bereits die barrierefreie Information berücksichtigt werden. Es kann nicht sein, dass Patienten aufgrund ihrer Behinderung nicht alle Informationen erhalten, die anderen Patienten zustehen. Ich bin zuversichtlich, dass im Gesetzentwurf noch herausgestellt wird, wie wichtig die UN-Behindertenrechtskonvention für Patientenrechte ist und dass barrierefreie Information gewährleistet sein muss. Dies ist allein deshalb angebracht, weil die Bundesregierung im Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ausdrücklich das Patientenrechtegesetz mit aufgenommen hat.
Bei Leistungen, die nicht von der Krankenkasse bezahlt werden, den sogenannten „individuellen Gesundheitsleistungen“ (IGeL), muss zukünftig außerdem sichergestellt sein, dass medizinisches Personal behinderte Patientinnen und Patienten umfassend und barrierefrei aufklärt. Menschen mit Behinderungen berichten mir, dass Ärzte ihnen stattdessen teilweise unnötige Leistungen aufdrängen.
Quelle: “High Lights”11/12: 18.5.2012, erschienen beim LetV-Verlag.
Der Artikel bezieht sich auf den Referentenentwurf. Mittlerweile hat das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf beschlossen, der sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren befindet.