“Hmmmm.”
Ich nippe an meinem Espresso.
“Was ist denn nun das Besondere an Palliativmedizin?” frage ich.
Kalle nickt.
Offenbar hat er auf diese Frage gewartet.
“Palliativmedizin ist eine Fachrichtung, wie jede andere auch,” beginnt er, “und natürlich gibt’s dazu entsprechende Lehrbücher. Ich könnte Dir jetzt einen Vortrag darüber halten, was da drin steht. Aber das kannst Du auch selbst tun!”
Er holt tief Luft.
“Aber Palliativmedizin ist anders!” fährt er fort.
“Inwiefern?”
“Du hast andere Prioritäten!”
“Zum Beipiel?”
“Du willst, dass es Deinen Patienten gut geht!”
“Will das nicht jeder Arzt… äh… also fast jeder Arzt?”
Kalle lächelt.
“Die moderne Medizin – so wie sie in Deutschland seit dem Neunzehnten oder auf jeden Fall seit dem zwanzigten Jahrhundet praktiziert wird – zieht vor allem darauf ab, dass ein Mensch so lange wie möglich lebt!”
“Was ist falsch daran?”
“Du hast doch bestimmt auch irgendwann einmal Situationen erlebt, in denen bei Schwerstkranken oder Sterbenden Patienten Maßnahmen getroffen wurden, die eigentlich keinen Sinn mehr ergaben, aber man hat es trotzdem getan, weil man nicht aufgeben darf… und letztendlich auch, weil man Angst davor hat, von wütenden Angehörigen vor Gericht gezerrt zu werden!”
Ich nicke zustimmend.
“In der Palliativmedizin ist anders. Da darf man gesunden Menschenverstand benutzen!”