( … was bisher geschah … ) Und so schläft unser sympathischer Stationsarzt in seinem eigenen Bett wie ein Säugling ein. Es dauert nicht lange, da gelangt er in die spannende Phase der Nacht: REM-Schlaf. Hajos Augen bewegen sich hin und her und irre Dinge schießen ihm durch die Hirnwindungen, dann plötzlich … die Tür geht auf … träumt er?
Nein! Er ist hellwach, … schlagartig. Die Tür knarrt ein wenig und eine ihm unbekannte Person schleicht sich herein. Es ist dunkel, aber im Mondenschein kann er die Umrisse ausmachen. Reflexartig verlässt er das Bett und kauert sich völlig lautlos auf den Boden. Er zittert und ballt seine Fäuste. Ein Einbrecher? Wie soll er sich verteidigen? Laut brüllen, sich verstecken? Oder einfach draufhauen? Hajo hat Angst … die Rippen schmerzen wahnsinnig, aber massive Adrenalin und Kortisonausschüttung benebeln seine Nervenbahnen.
Die Person kommt näher, ganz langsam, geradewegs auf ihn zu. Jetzt oder nie! Hajo muss handeln. Doch wie? Und was? Hätte er doch nur fünf verschiedene Antwort- bzw. Aktionsmöglichkeiten zur Auswahl … Hajo! was für ein Blödsinn, denkst du gerade an Prüfungsaufgaben im Staatsexamen? Nimm einfach e) – also alle richtig …
Die Gedanken verdichten sich ebenso wie seine Körperspannung, er stürmt wie von Sinnen hinter dem Bett hervor und wirft sich mit voller Wucht auf den Einbrecher … beide schlagen hart auf dem Boden auf. Stöhnen, Röcheln und der Geschmack von Blut im Mund sowie ein spezieller Geruch …
“Aaah, Hajo! Was ist …. passiert?”
“Waaas, du bist das?”
Er lässt von der Person ab und hechtet zum Lichtschalter, dabei nimmt er noch mal eben ein kleines Bücherregal mit. Mit lautem Getöse bricht es in der Mitte auseinander. Alle Bücher liegen nun am Boden. Dann wird es Licht und Hajo kann nun endlich das unglückliche Szenario begutachten. Inmitten der Literatur und den Teppichen liegt …. Anna … und sie blutet heftig am Kopf.
“Anna! Es tut mir so Leid!”
Verzweifelt sucht er ein Taschentuch und hält es ihr auf die klaffende Platzwunde über der linken Augenbraue. Sie ist völlig blutüberströmt und schaut Hajo fragend an.
“Meine Schuld, ich hätte mich nicht so reinschleichen sollen! Ich … wollte nur meine Handtasche holen, … hatte ich in deinem Zimmer vergessen … weil ich morgen früh zum Dienst muss … ”
Sie zuckt etwas zusammen als Hajo ihr das Taschentuch aufs Auge presst.
“Muss man nähen?”
“Ja, ich denke schon!”
“Machst du das?”
“Ich habe alles da … ich machs!”
Hajo organisiert in Windeseile seinen gut sortierten Nähkoffer. Was für ein Arzt, immer einsatzklar, auch mitten in der Nacht.
“Leg dich aufs Bett und entspanne Dich”
“Aber das Blut …?”
“Kein Problem … ich betäube rasch …”
Behutsam deckt Hajo Annas Gesicht steril ab, nimmt sich Handschuhe, Nadelhalter und Faden, wartet etwas und beginnt dann mit der Hausarbeit. Anna ist ganz still, beim ersten Einstich blinzelt sie kurz. Die Platzwunde klafft weit auseinander, doch Hajo bekommt sie in den Griff, … ich meine die Platzwunde. Konzentriert führt er Stich für Stich aus … Knoten …
Anna Hand berührt Hajos Unterarm zufällig, fast schon sanft, oder doch mit voller Absicht? Noch einmal. Hajo läuft es eiskalt den Rücken hinunter. Sie lächelt ein wenig. Der letzte Knoten ist gemacht. Schön hat er genäht, aber … eine Narbe wird ihr bleiben, das steht fest. Pflaster. Verband … steriles Tuch weg … und dann stürzt er völlig unvermittelt in ihre rehbraunen Augen. Voller Sehnsucht blickt Anna ihn an. Ist gerade ein ganz anderer Knoten zwischen den beiden geplatzt?
Sie verharren. Welch ein Anblick! Die brünetten Haare blutverklebt, das Gesicht … wie aus einem Horrorfilm entsprungen und dennoch so attraktiv, so anziehend für Hajo. Die Zeit ist stehengeblieben. Es ist mitten in der Nacht, der Mond scheint und Annas Lippen sind leicht geöffnet. Immer näher, immer näher kommen sie sich. Ihr Geruch ist betörend, also mal abgesehen von dem eisenhaltigen Blutdampf … ihre Lippen berühren sich schließlich … und …
Fortsetzung folgt nächsten Dienstag …
Artikel von: Monsterdoc