Zertifizierungsprogramm stellt Behandlungsstandards und Patientensicherheit in einer schnell wachsenden medizinischen Disziplin sicher
Berlin, September 2012. Die Behandlungsmethoden der minimal-invasiven, interventionellen Radiologie und Neuroradiologie haben in den vergangenen Jahren einen enormen Aufschwung erfahren. Unter Bildkontrolle können „Interventionalisten“ verschlossene Gefäße wiedereröffnen und damit erfolgreich Schlaganfallpatienten oder Patienten mit peripher-arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) behandeln oder – ebenfalls unter Einsatz von bildgebenden Verfahren – präzise lokalisiert Tumoren zerstören und Gefäßfehlbildungen verschließen. Um die Qualität dieser komplexen Eingriffe zu fördern sowie die Ausbildung kontinuierlich zu verbessern, hat die Deutsche Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimal-invasive Therapie (DeGIR) bereits vor zwei Jahren ein Qualifizierungs- und Zertifizierungsprogramm aufgelegt. Ab Oktober 2012 wird das Programm um den neuroradiologischen Interventionsbereich erweitert werden. Damit sind sämtliche Interventionsbereiche und alle gängigen Techniken durch das Zertifizierungsprogramm der beiden Fachgesellschaften, DeGIR und Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR), abgedeckt.
„Interventionelle Radiologie markiert einen Megatrend in der Medizin: In zahlreichen Anwendungsgebieten sind die Erfolgsraten minimal-invasiver Verfahren denen offen-chirurgischer Verfahren ebenbürtig oder überlegen, während die Komplikationsraten zum Teil deutlich niedriger sind. Auch aufgrund der demografischen Entwicklung, die eine Zunahme von Krebserkrankungen und Erkrankungen des Gefäßsystems mit sich bringt, wird der Bedarf an gut ausgebildeten Interventionellen Radiologen zunehmen. Das gemeinsame Zertifizierungssystem trägt diesen enormen Anforderungen durch ein strukturiertes Ausbildungsprogramm und die Festlegung von Standards Rechnung“, sagt Professor Dr. Dierk Vorwerk, Präsident der DeGIR.
„Die Interventionelle Neuroradiologie hat die Schlaganfallbehandlung in den vergangenen zehn Jahren revolutioniert. Die lokale Gefäßeröffnung beim ischämischen Schlaganfall ist eine äußerst wirksame Behandlung. Umso wichtiger ist es, dass sie von Spezialisten vorgenommen wird, die über einen hohen Ausbildungsstandard verfügen. Ich freue mich daher, dass die Neuroradiologischen Interventionen Bestandteil der Zertifizierung werden“, betont Professor Dr. Olav Jansen, Präsident der DGNR.
Prof. Dr. Michael Forsting, Präsident der Deutschen Röntgengesellschaft ergänzt: „Die interventionellen Behandlungsmethoden sind ganz wesentlich in unserem Fach entwickelt worden. Es ist daher auch genuine Aufgabe unserer Fachgesellschaften, die Standards der Methoden zu setzen und für eine fundierte Ausbildung zu sorgen. Das Zertifizierungsprogramm von DGNR und DeGIR sorgt für mehr Qualität und damit für mehr Patientensicherheit.“
Das Programm von DeGIR und DGNR umfasst drei Stufen. Für das Basiszertifikat in Stufe 1 werden grundlegende Fähigkeiten in interventionellen Techniken vorausgesetzt. Das Spezialisierungszertifikat in Stufe 2 kann in sechs Modulen erworben werden, die die unterschiedlichen Bereiche abbilden (vor allem Gefäß eröffnende und Gefäß verschließende Verfahren, Bild gestützte Gewebeprobenentnahmen, minimal-invasive Tumortherapien, Eingriffe in den Kopfgefäßen bei der Behandlung von Aneurysmen oder Schlaganfällen). Stufe 3 ist das Ausbilderzertifikat, es wird an Ausbildungsstätten und deren Ausbilder mit Stufe 2-zertifizierten Ausbildern vergeben, die die Erfahrungen an andere Radiologen und Neuroradiologen weitergeben. Weitere Bestandteile des Programms sind Basis- und Spezialisierungskurse, die der theoretischen und praktischen Vermittlung der Interventionstechniken dienen. Alle Zertifikate sind an den Facharzt für Radiologie bzw. an die Schwerpunktbezeichnung Neuroradiologie gebunden.
In den vergangenen zwei Jahren hat die Deutsche Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimal-invasive Therapie (DeGIR) rund 800 Radiologen und radiologische Zentren zertifiziert.
Weitere Informationen zum Zertifizierungsprogramm finden Sie auf den Internetseiten der Fachgesellschaften:
Informationen zu den Methoden und Einsatzgebieten der Interventionelle Radiologie unter http://www.medizin-mit-durchblick.de
Interventionelle Therapie eines Schlaganfalls bei einem 70jährigen Patienten mit einer Halbseitenlähmung rechts und Sprachstörungen seit einem Tag: Die linke Halsschlagader war fast vollständig verschlossen (Bild links). Mit Hilfe eines Stents gelang es den normalen Gefäßdurchmesser wieder herzustellen mit entsprechender Normalisierung des Blutflusses im Kopf und Erholung des Patienten (Bild rechts).