Best Practice-Lücke „Kunden-Telefonkontakt“ – das vernachlässigte Apotheken-Marketinginstrument

Untersucht man überdurchschnittlich erfolgreiche Apothekenbetriebe, so zeichnen sich diese u.a. auch durch ein vorbildliches Telefonverhalten aus. Weit entfernt von der inzwischen zur Floskel erstarrten Meldeformel „Guten Tag, meine Name ist . . . , was kann ich für Sie tun?“ setzen die meist entsprechend geschulten Mitarbeiter die drei Ziele der Apotheken-Telefonkommunikation – Information, Kundenorientierung und Verkauf – professionell um. In der Fachliteratur wurde der Telefonkontakt mit tatsächlichen und potentiellen Kunden im Rahmen des Apothekenmarketings bislang eher „stiefmütterlich“ behandelt. Doch gerade diese Kontaktart besitzt sowohl für die Gewinnung von Neukunden als auch für die Bindung von Bestandskunden einen hohen Stellenwert, bietet er den Anrufern doch die Möglichkeit, sich – neben dem Besuch vor Ort – ein „Bild“ über die Dienstleistungsqualität der Apotheke zu machen bzw. einen existierenden Eindruck zu verstärken. Gerade Neukunden, deren Erstkontakt zur Apotheke telefonisch erfolgt, nutzen die Signale ihrer Gesprächspartner (Freundlichkeit, Umfang der Informationen etc.), um Rückschlüsse auf die generelle Dienstleistungsqualität der Apotheke zu ziehen. Für Apotheken, die der Telefonkommunikation nur einen geringen Stellenwert zumessen, steht allein das Informationsziel im Vordergrund, bei dem ein Anruf lediglich als Option gesehen wird , das Anliegen des Anrufers sachgerecht und vollständig zu erledigen. Erfolgreiche Apotheken sehen jedoch auch den Kundenorientierungsaspekt, der darauf abzielt, einen Kunden zu binden bzw. zu gewinnen sowie und für die Apotheke ein Image aufzubauen sowie den Verkaufsaspekt, der den Anruf auch als Option zur Umsatzerzielung nutzt.
Das Untersuchungsdesign: mit einem Problemkunden auf dem Prüfstand: Im Rahmen einer Pilotuntersuchung analysierte das Institut für betriebswirtschaftliche Analysen, Beratung und Strategie-Entwicklung (IFABS) das Telefonverhalten von bundesweit 100 nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Apotheken. Der Anrufer entsprach dabei dem Typ eines „Problemkunden“ in Form eines „Vielredners“. Gesprächsanlass war die Suche nach einem Mittel gegen Reisekrankheit. Der Anrufer führte dabei zwei Präparate an und versuchte zu klären,
– ob die Apotheke die beiden Mittel vorrätig hat,
– welches der beiden Präparat der Apothekermitarbeiter empfehlen würde,
– wie teuer die beiden Produkte im Vergleich sind,
– ob der Preis im Fall dieser Produktgattung ein Qualitätsindikator ist,
– wie viele Tabletten man pro Anwendung zu sich nehmen müsse,
– welches der beiden Mittel schneller wirkt,
– ob es noch weitere empfehlenswerte Produkte gäbe,
– wie diese ggf. in Preis, Wirkung und Dosierung zu den beiden anderen Produkten stehen und
– ob diese Produkte ebenfalls vorrätig sind.
Ziel des Anrufers sollte es sein, durch den Apotheken-Gesprächspartner alle Fragen ausreichend beantworten zu lassen. Die „richtige“ Gesprächsstrategie des Apotheken-Mitarbeiters wäre, den Kundentypus zu erkennen, Teilinformationen zu geben und vor allem das Telefonat in ein Verkaufsgespräch vor Ort in der Apotheke umzuwandeln, den Anrufer also „in die Apotheke zu holen“. Das Testergebnis: Ernüchterung auf der ganzen Linie: Die Zusammenfassung der wesentlichen Resultate der Telefonate belegen ein bislang brachliegendes Optimierungspotential im Hinblick auf den Einsatz des Marketinginstrumentes „Telefonkontakt“ (die Angaben beziehen sich auf die ermittelten Durchschnittswerte):
– Die Zeit bis zur Meldung eines Apotheken-Gesprächspartners betrug i.d.R. 16 Sekunden.
– Nur in 23 Fällen nannte der Gesprächspartner seinen Namen verständlich.
– In lediglich 11 Telefonaten wurde der Anrufer mit seinem Namen angesprochen, den er zu Beginn des Gesprächs deutlich genannt hatte.
– In 53 Fällen wurde das Gespräch durch Ladengeräusche beeinträchtigt, da das Telefon in der Nähe der Verkaufsstelle angebracht war.
– Es wurden 1,8 der insgesamt 10 Fragen beantwortet.
– Nur 16 der 100 Ansprechpartner signalisiertem dem Anrufer durch Rück- und Zwischenfragen Interesse.
– Nach ca. 1 Minute 45 Sekunden stellte sich bei den Apotheken-Mitarbeitern Ungeduld ein und das Sprechverhalten änderte sich (Sprechtempo, Wortwahl, Stimmfarbe).
– Die Ansprechpartner verwendeten zum großen Teil sog. „kalte“ Abschlusstechniken: Abbruch des Gesprächs aus Zeitgründen (wartende Kunden) (55), Verweis darauf, dass telefonische Auskunft zu aufwendig wäre (14) oder Angebot eines Rückrufs durch eine in der Materie kompetenteren Kollegen (10), tatsächlich erfolgte ein Rückruf: nur in einem Fall.
– Lediglich 8 der 100 Gesprächspartner reagierten so, wie es richtig gewesen wäre, allerdings in abwehrend-passiver Form („Ich habe jetzt keine Zeit, kommen Sie doch vorbei…“), nicht auffordernd-aktiv („Diese Unterschiede würde ich Ihnen gerne persönlich erklären, kommen     Sie doch am besten bei uns vorbei vorbei…“).
Fazit: Insgesamt bewertet wurde in den Test-Telefonaten noch nicht einmal das Informationsziel ausreichend erfüllt. Der Anrufer verfügt – nimmt man den durchschnittlichen Informationsgehalt als Referenz – lediglich über die Auskunft, ob es eines der beiden Produkte verfügbar ist und welches man ihm empfehlen würde. Weitere Fragen erzeugen Ungeduld und Unfreundlichkeit und führen rasch zu einem Abbruch des Telefonats. Damit steht die konkrete Anwendung des Marketinginstrumentes „Telefonkontakt“ nicht nur in einem krassen Gegensatz zu den praktischen Möglichkeiten, sondern auch zur sonstigen Dienstleistungsstrategie von Apotheken.
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