Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) hat in diesem Jahr den Medizin-Management-Preis gewonnen. Der verantwortliche Projektleiter, Herr Dr. med. Urs-Vito Albrecht, erläutert, was das Besondere am “Forensikon” ist:
“Die Etablierung des niedersächsischen Online-Konsils „Forensikon“ ermöglichte bundesweit erstmalig die rechtsmedizinische Beratung über ein Internet-Portal. Im Fokus stehen hierbei Verdachtsfälle von Kindesmissbrauch, die von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten für Kinder- und Jugendheilkunde und Allgemeinmedizin nicht zweifelsfrei festgestellt werden können. Gerade in dünn besiedelten Regionen ist meist kein rechtsmedizinisches Institut direkt vor Ort (in Niedersachsen steht rechnerisch nur eine Fachärztin oder ein Facharzt für Rechtsmedizin pro eine Million Einwohner bzw. 6000 km2 Fläche zur Verfügung). Dank „Forensikon“ können somit auch Ärztinnen und Ärzte in entlegenen ländlichen Gebieten zeitnah und qualitätsgesichert beraten werden.
Um Forensikon nutzen zu können, müssen sich die ratsuchenden Medizinerinnen und Mediziner über das Portal der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) einwählen.
Der Anfrageprozess ist im Wesentlichen in drei Schritte gegliedert. Im ersten Schritt wird die Anfragenachricht als Freitext formuliert und kann zusätzlich durch Details zu Vorgeschichte und Untersuchungsbefund sowie dem Upload von anonymisierten Fotos ergänzt werden. Personendaten von Betroffenen oder Angehörigen werden dabei nicht erhoben. Im folgenden zweiten Schritt prüfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts für Rechtsmedizin regelmäßig die Mailbox auf Neuzugänge und wählen diese anschließend zur Bearbeitung aus. Die jeweiligen Antworten werden im System gespeichert und der oder die Anfragende wird im dritten Schritt über die Beantwortung informiert. Eine Rückfrage kann wiederum gemäß dem beschriebenen Prozedere gestellt werden. Die gesamte Kommunikation wird protokolliert, ist für beide Seiten sichtbar und somit ein transparenter und in sich geschlossener Vorgang.
„Forensikon“ ist im Jahr 2011 als Teil des niedersächsischen „Projekt Kinderschutz“ des Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration online gegangen.
Die interdisziplinäre Kooperation aus Politik, Wirtschaft und öffentlich-rechtlichem Bereich bildet das Fundament für Qualität und Nachhaltigkeit des „Forensikons“. Das Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannoverstellt die fachliche Kompetenz in der Beratung sicher. Die Entwicklung erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik (PLRI) und der IT-Choice AG. Das „Forensikon“ ist zur Sicherstellung der Datensicherheit in das Dienstportfolio der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) eingebettet.
Das „Forensikon“ wurde bereits 2010 mit dem Karl-Storz-Telemedizin-Preis und im Oktober 2012 mit dem Medizin-Management-Preis ausgezeichnet.”
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