Sexualität im Alter: Noch so ein Tabu…

Es ist schon eine Weile her, und ich habe damals in der Gynäkologie gearbeitet.
Da war eine Dame, in den Siebzigern und ziemlich füllig, stolze Mutter von fünf Kindern und inzwischen siebenfache Großmutter, die litt unter einem Gebärmutter-Vorfall. Für die mitlesenden Nichtmediziner: Die Gebärmutter stülpt sich durch die Scheide nach außen. Das ist ziemlich häufig und betrifft oft auch andere Organe (z.B. Harnblase) und für die Patientin, wie man sich denken kann, sehr unangenehm. Risikofaktoren sind Übergewicht und häufige Geburten (Tipp an die mitlesenden jüngeren Mütter: Aus diesem Grund sind Rückbildungsgymnastik und Beckenbodengymnastik so wichtig!).
Also gut.
So etwas kann man behandeln.
Man kann es operieren: Man kann die Gebärmutter herausnehmen und das übrige Gewebe “straffen”. Allerdings war das bei dieser Dame nicht so einfach: Neben ihrem Übergewicht hatte sie noch verschiedene andere Risikofaktoren, aufgrund deren nicht nur der Operateur, sondern auch der Anästhesist kalte Füße bekam.
Man entschied sich schließlich für die zweitbeste Lösung: ein sogenanntes Ringpessar, also einen Ring, der in die Scheide eingeführt wird, und das Gewebe von innen stützt und einen Vorfall verhindert.
Die Patientin wurde also entlassen und kam ein paar Wochen später zur Nachkontrolle wieder.
Sie war höchst unzufrieden.
Warum?
“Na dieses Ding da….”
“Was ist damit?”
“Es stört uns halt…”
“Wen stört es?”
“Na… uns!”
“Was meinen Sie?”
Die Dame wurde rot.
“Also… meinen Mann und mich…”
Mein Oberarzt schien immer noch nicht zu verstehen.
“Wobei stört es Sie?”
“Wenn wir… Sie wissen schon… dieser Ring stößt ihn halt immer zurück!”
Endlich hatte der Oberarzt kapiert und begann zu lachen.
“Ja, das geht natürlich nicht mehr!” sagte er dann und nach einer Weile fügte er hinzu “Sie sind doch inzwischen über Siebzig, gute Frau, irgendwann ist halt mal Schluß damit!”
Die Patientin sagte nichts mehr.
Und der Oberarzt schickte sie nach ein paar Floskeln hinaus. Ich habe sie nie wieder gesehen.

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