Von der Macht der Gedanken … und blauen Elefanten

Wenn Sie lesen „Denken Sie jetzt nicht an einen blauen
Elefanten,“ denken Sie natürlich an einen blauen Elefanten. Denn Gedanken, die
nicht gedacht werden sollen, drängen sich besonders auf. Genauso anschaulich
und eingängig wie der Titel ist das zweite Buch von Thorsten Havener. Zwar sind
viele der rezitierten Erkenntnisse bereits weitestgehend bekannt, aber es wird
trotzdem nicht langweilig. Als „Deutschlands bekanntester Gedankenleser“ weiß
der Autor, wie man ein Publikum unterhält. Das Buch ist ein Bestseller und
spricht einen großen Leserkreis an.

Die sehr einfache Darstellung psychologischer Mechanismen
aus dem Fundus der Grundlagenforschung fasziniert, geht aber auf Kosten einer
differenzierten Betrachtungsweise. Der überwiegend leicht verständliche
Plauderton kann nicht die Vielschichtigkeit psychologischer Phänomene
einfangen. Havener stützt seine Überlegungen auf klassische Befunde und Studien
der psychologischen Grundlagenforschung, bleibt aber im Umgang mit
Fachbegriffen ungenau. Zum Beispiel unterscheidet er zwei von Freud geprägte
Begriffe in verwirrender Weise: „das Unbewusste“ und „das Unterbewusstsein“.
Das Kapitel zum Unterbewusstsein leitet der Autor mit der 7±2 Regel von Miller ein, die nur bedingt etwas mit dem Unterbewusstsein zu tun
hat. Mehr Präzision in der Auswahl der Beispiele und mehr Detailliebe bei der
Erwähnung wissenschaftlicher Forschung hätten diesem Buch gut getan.

Der Autor „erläutert erstaunliche Tricks und Methoden, unsere
Gedanken zu befreien,“ steht auf seiner Webseite. Allerdings sind zum Beispiel
seine wärmstens empfohlenen Favouriten unter den Entspannungsmethoden
hinlänglich bekannt: die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson und das
Autogene Training, das im Übrigen nicht von Jacobson entwickelt wurde wie
Havener – oder war es Spitzbart? – irrtümlich schrieb. Es ist unklar, welche
Passagen vom zweiten Autor, Dr. Med. Michael Spitzbart, stammen. Havener spart
nicht mit  autobiographischen
Anekdoten, wie die häufig verwendete Ich-Form suggeriert. Der Leser erfährt
sehr viel Persönliches über den „Gedankenleser“ Thorsten Havener, was ihn
einerseits sehr sympathisch macht, andererseits aber häufig zu weit vom Thema
wegführt.

Sehr interessant sind seine seltenen Erläuterungen, wie er
psychologisches Grundlagenwissen und gute Beobachtungsgabe in verblüffende
Showeinlagen übersetzt. Diese eingestreuten Beispiele machen das Buch anregend
und haben im Familienkreis für Unterhaltung gesorgt. Der ein oder andere Trick
über den wir in Shows staunen, ist jetzt entzaubert.

Leicht verständlich und gut zu lesen ist das Buch von
Havener und Spitzbart, aber für Leser mit psychologischen Vorkenntnissen größtenteils überflüssig. Mich jedenfalls hat das Buch überzeugt, dass sein
Autor bestimmt ein sehr guter Redner ist und ich gerne mal eine seiner Shows
besuchen würde.


Rezension zu „Denken Sie nicht an einen
blauen Elefanten! Die Macht der Gedanken
“ von Thorsten Havener (03/2010). Hamburg: Rowohlt Verlag
GmbH. 255 Seiten.

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