Eine wesentliche Ursache für Probleme in Arztpraxen ist die unterschiedlichen Wahrnehmung der Praxisarbeit aus Arzt- und Mitarbeitersicht. Beispielhaft verdeutlichen die Ergebnisse einer Benchmarking-Praxisanalyse in einem kardiologischen Praxisbetrieb diesen Sachverhalt. Der Praxisinhaber verfolgt unternehmerisch mit seiner in einer ostdeutschen Großstadt angesiedelten Einzelpraxis, zusammen mit seinem fünfköpfigen Mitarbeiterinnen -Team, eine Halte-Strategie. Das wirtschaftliche Ergebnis ist nach Meinung des Arztes befriedigend, das Benchmarking-Leistungspotential seines Praxismanagements, d.h. alle Maßnahmen, Routinen und Verhaltensweisen, beginnend bei der Planung über Patientenmanagement, Führung, Organisation etc. bis hin zum Finanzmanagement, ist im Vergleich zu seiner Fachgruppe überdurchschnittlich ausgebildet. Allerdings sind die Patienten mit “ihrer” Praxis im Fachgruppen-Vergleich nur unterdurchschnittlich zufrieden und führen eine Vielzahl von Verbesserungswünschen an, insbesondere zur Organisation der Praxisabläufe. Die Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterinnen bewertet der Kardiologe als sehr gut. Umso erstaunter ist er über das Ergebnis der Mitarbeiter-Zufriedenheitsbefragung, einem Bestandteil der Praxisanalyse. Bewertet auf einer Schulnoten-Skala ergibt sich eine Beurteilung von lediglich 3,6. Die Fragebogen-Kommentare des Personals zeigen die Gründe hierfür. Gewünscht sind vor allem:
– Klare und freundlichere Aufgabenverteilung und Ansagen vom Praxisinhaber
– Würdigung der Arbeit
– Mehr Motivation, auch durch Lohnerhöhung oder Prämie (seit 3 Jahren nichts passiert)
– Für Telefonate an der Anmeldung einen zweiten PC-Monitor aufstellen
– In Stoßzeiten eine zweite Kollegin an der Anmeldung
– Mehr Anerkennung und Lob vom Chef
– Der Chef sollte auch einmal auf uns hören, z. B. auf unsere Organisations-Vorschläge.
Die Resultate unser Instituts-Untersuchungen zeigen, dass die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiterinnen als realitätsnaher Indikator für die Beurteilung der Arbeitsproduktivität verwendet werden kann. Ab der Note “3″ ist sie bereits um ein Drittel niedriger als bei positiveren Zufriedenheitswerten. So hemmt der Praxisinhaber durch ein falsches Führungsverhalten und durch eine unrealistische Einschätzung seiner Führungswirkung die Arbeitsleistung des Teams. Hinzu kommt, dass es keinerlei Praxisbesprechungen oder andere Möglichkeiten gibt, bei denen die Mitarbeiterinnen ihre Vorschläge für organisatorische Verbesserungen anbringen können. Die Folgen: Demotivation und Desorganisation. Der geschilderte Fall ist typisch für viele Arztpraxen auch anderer Fachgruppen: Praxisinhaber und Medizinische Fachangestellte arbeiten in zwei “Welten”, die nicht oder nur unzureichend miteinander koordiniert werden. Das Erfolgsrezept für Arztpraxen ist – so lehren dieses und viele andere Beispiele – vor allem eine gut funktionierende interne Kommunikation.