Patientenverfügung I

Auftakt zu einer Artikelserie zum Thema Vorausverfügungen.
Allgemeines
Als Hausarzt stelle ich immer wieder fest, wieviel Verwirrung, Unsicherheit und Unwissenheit zum Thema Patientenverfügung und verwandte Erklärungen unter allen Beteiligten bestehen. Dazu kommt häufig eine gehörige Portion Oberflächlichkeit, ebenso auf allen Seiten. Genau daraus resultiert meines Erachtens, der unstete und unsichere Umgang mit derlei Verfügungen auf Seiten von Verwandten, Bekannten und vor allem auf Seiten der behandelnden Ärzte.  
Die Ängste der Ausstellenden einer Patientenverfügung bieten dann auch ein weites Spektrum. Sie reichen von: Die Ärzte tun sowieso nicht das, was ich will! Bis hin zur Sorge, frühzeitig als Organersatzlager zu enden, obwohl das eigene Leben ohne große Mühe noch rettbar gewesen wäre.
Die Reaktionen der Ärzte auf Patientenverfügungen sind nicht weniger vielfältig. Sie reichen von: Der Tod ist mein Feind. Ich tue alles, was in meiner Macht steht, ihn zu verhindern. Was interessiert mich der Wisch. Bis hin zum ausführlichem Studium der Verfügung mit Rückversicherung bei Verwandtschaft und Hausarzt.
Gesetzliche Regelung nicht sinnvoll
So ist die Lage in der täglichen Praxis uneinheitlich und unüberschaubar, auch und weil der Gesetzgeber nicht viel Bestimmendes zur Klärung beiträgt. Meiner Meinung nach ist das gut so. Eine gesetzliche Bestimmung würde die Sachlage nicht vereinfachen, sondern verkomplizieren. Wir wissen alle, wie gesetzliche Bestimmungen aussehen: Ausufernde Texte verfasst in einer nur für Fachleute zu verstehenden Sprache.
Die Situation ähnelt der in der Diskussion um das Thema Sterbehilfe. Ob erlaubt oder nicht erlaubt, ob aktiv oder passiv, das deutsche Volk sollte nach und nach zu einer Regelung kommen, die sich in der täglichen Praxis findet und sich dann an ihr orientiert. So sollte es auch in der Frage der Patientenverfügung sein. Diese wichtige Angelegenheit gehört nicht in die Form eines komplizierten Gesetzestextes, sondern der Umgang mit ihr muss wachsen.
Was haben Patientenverfügung und Rechtschreibreform gemeinsam?
Gestatten Sie mir einen kleinen Exkurs zur Rechtschreibreform. Hätte der Gesetzgeber sich beispielsweise beim Thema Rechtschreibreform ebenso zurückgehalten wie bei den vorgenannten Themen, wäre uns allen einige Verwirrung erspart geblieben. Ich bin nicht gegen Reform, aber in diesem Fall war sie überflüssig. Die deutsche Sprache ist über Jahrzehnte ohne Verordnungen gewachsen und hat sich modernisiert. Grammatik und Rechtschreibung bedurften keiner Reform, sie haben sich selbst reformiert. Oder haben Sie Foto und Telefon vor der Reform noch mit ph geschrieben? Der Delfin wäre auch von allein mit der Zeit zu seinem f gekommen.
Der Vergleich mit der Rechtschreibreform hinkt zwar, was die Bedeutung für das Leben betrifft, zeigt aber auf, was passieren könnte, wenn Patientenverfügung und Sterbehilfe gesetzlich geregelt würden: Verwirrung einerseits und Abhängigkeit andererseits, von Experten, die Gesetzestexte lesen, verstehen und interpretieren können.
Regelung für Patientenverfügung?
Die Klärung um das Thema Patientenverfügung muss wachsen. Einerlei, was man grundsätzlich von derlei Verfügungen hält, Patienten, Angehörige und Ärzte sind längst noch nicht so weit, dass eine einheitliche Regelung vollstreckt, gleichsam über Deutschland gestülpt werden könnte. Alle Beteiligten müssen noch lernen. Eine wirkliche, darüberhinaus einheitliche Einstellung, muss sich in Deutschland noch formen, auch wenn einiges bereits gängige Praxis ist.
Voraussetzung für eine begründete Meinung ist Wissen, Wissen zu den Schlagworten: Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung beispielsweise. Dazu soll diese kleine Artikelserie beitragen.
Fallbeispiel im nächsten Artikel
Wie weit das Spektrum der derzeitigen Praxis um das Thema Patientenverfügung reicht, soll im nächsten Artikel anhand zweier Fallbeispiele gezeigt werden.

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