Situs Inversus (lat. invertierte Lage) ist der medizinische Ausdruck für das Vollbild einer Heterotaxie, eine seltene, aber an sich nicht krankhafte Besonderheit der Anatomie, bei der sich Organe spiegelverkehrt auf der anderen Seite des Körpers befinden.
Der Situs inversus tritt bei etwa einem von 8.000 bis 25.000 Menschen und bei der Hälfte der Menschen mit primärer ciliärer Dyskinesie (Kartagener-Syndrom) auf. Bei Menschen mit dieser Heterotaxie befindet sich die Leber beispielsweise auf der linken und im Gegensatz dazu die Milz auf der rechten Seite.
Medizinische Besonderheiten
Um eine Appendizitis (Blinddarmentzündung) nicht zu übersehen, muss bei Schmerzen im linken Unterbauch auch an die Möglichkeit eines Situs inversus gedacht werden.
Entsprechend der spiegelverkehrten Lage des Herzens (Dextrokardie (gr. dexios = „rechts“, kardia = „Herz“) muss die Ableitung des EKGs angepasst werden; es müssen u.a. in den Brustwandableitungen die Elektroden spiegelbildlich am Brustkorb befestigt werden. Bei einigen Menschen mit Pätau-Syndrom (Trisomie 13) liegt die Dextrokardie vor, während die übrigen Organe wie üblich angelegt sind.
Bild links: Thorax pa bei Situs Inversus totalis. Das Herz befindet sich auf der rechten Seite
Bild mitte: Situs inversus in einer CT-Aufnahme des Brustkorbs: Das Herz befindet sich rechts
Bild rechts: Bauchaufnahme desselben Patienten: Die Leber ist links zu erkennen
In Deutschland wird etwa einer von 20.000 Säuglingen mit komplett vertauschten Organen geboren. Beim so genannten Situs inversus liegen die Organe nicht nur auf der anderen Seite als bei der Mehrheit der Menschen, sie sind auch strukturell gespiegelt. Seltener ist der Situs ambiguus – dabei haben die Organe ihre ganz gewöhnliche Form, sitzen nur an der »falschen« Stelle im Körper.
Die spiegelbildliche Anordnung der Organe an sich ist gar kein Problem. Trotzdem haben Menschen mit gespiegelten Organen oft gesundheitliche Beschwerden, vor allem der Atemwege. Das hat die Mediziner lange erstaunt, bis sie auf die Ursache dieses so genannten Kartagener-Syndroms stießen: Es ist die Unbeweglichkeit der so genannten Zilien – feiner Härchen, die alle unsere Körperhöhlen von innen bedecken. In der Lunge sorgt die konzertierte Bewegung dieser Härchen dafür, dass Fremdkörper und Schleim nach draußen transportiert werden. Weil die Schwänze der Spermien sich nach demselben Prinzip bewegen, leiden Männer mit Kartagener-Syndrom oft unter Fruchtbarkeitsstörungen.
Die Zilien spielen aber auch eine Rolle bei der Entwicklung des Embryos. Der ist zu Beginn völlig symmetrisch, aber an einem bestimmten Punkt der Entwicklung sorgen bewegliche Härchen dafür, dass bestimmte Botenstoffe ungleichmäßig verteilt werden. Bei Menschen mit unbeweglichen Zilien entscheidet daher der Zufall über die Orientierung der Organe – und bei der Hälfte ergibt sich die »seitenverkehrte« Orientierung.
Quellen:Wikipedia, Zeit.de, Fotos: John S. To, MD