Wie kommuniziert man effizient? Diese Frage stellte sich auch der aus Teil 1 dieser Mini-Serie bekannte Dr. P., der schon mit Schrecken daran dachte, in seiner knappen freien Zeit Kommunikationsseminare besuchen zu müssen. Die entscheidenden Schritte, um effizient zu kommunizieren, lassen sich ohne jegliches Zutun von außen vornehmen. Notwendig ist hierfür lediglich eine (selbst)kritische Praxis-Eigenanalyse. Die folgenden Punkte zeigen die im Zusammenhang mit der Patientinnenkommunikation am häufigsten zu beobachtenden Fehler und die zugehörigen Maßnahmen, um diese zu vermeiden:
(1) Eine der wichtigsten Einflussgrößen auf die Patientinnenkommunikation ist die Praxisorganisation. Sind Bestellsystem, Arbeitsabläufe und ärztliches Zeitmanagement nicht aufeinander abgestimmt, kommt es zu längeren Wartezeiten. Die Folgen: sowohl der Zeitdruck des Arztes als auch die Erwartungshaltung der Patientinnen an das Arztgespräch steigen. Diese Konstellation führt zu dem fast schon als „klassisch“ zu bezeichnenden Dilemma der einseitigen Kommunikation: der Arzt übernimmt die Gesprächsführung und reduziert durch Ja-Nein-Fragen die Patientin auf möglichst kurze Antworten. Ein Dialog, der von den meisten Patientinnen erwartet wird, kann unter diesen Umständen gar nicht erst aufkommen. Für manche Situationen ist dieses Vorgehen durchaus geeignet, z. B. um gehemmten Patientinnen zu helfen oder um Vielrednerinnen zu stoppen, das Gros der Patientinnen schätzt diese Gesprächsform jedoch nicht. Will man die Patientenkommunikation optimieren, steht somit an erster Stelle die Überprüfung der Praxisorganisation. Ziel ist, die Anzahl der Patientinnen und die Arbeitskapazität des Praxisteams sowohl zeitlich als auch quantitativ aufeinander abzustimmen, um insgesamt einen harmonischen und stressfreien Arbeitsablauf zu erhalten. Gelingt dies, greift ein wichtiger Mechanismus: bei gleicher Gesprächslänge beurteilen Patientinnen die Gesamtqualität des Gesprächs mit einem entspannten Arzt durchschnittlich mit der Note „1,6“ (Basis: Schulnotenskalierung), bei einem angespannt wirkenden Arzt lediglich mit der Note „3,9“.
Zur Organisation gehört auch, dass Patientenkontakte, von denen bereits im Vorfeld bekannt ist, dass sie länger dauern werden, auf Randzeiten der Sprechstunde verlegt werden. Ebenso ist es unerlässlich, Pufferzeiten einzuplanen und vor allem ein striktes Terminsystem zu etablieren, da das „Einschieben“ von Patientinnen zu den häufigsten Störgrößen des Praxisablaufs und damit der Kommunikation gehört.
(2) Patientinnen erwarten eine uneingeschränkte Kommunikation ohne Störungen mit dem Arzt. Doch das Durchstellen sog „wichtiger“ Telefonate oder das Einholen von Unterschriften für die Betreuung anderer Patientinnen durch die Mitarbeiterinnen gehören in vielen Frauenarztpraxen zur Regel. Das empfinden Patientinnen nicht nur als unhöflich, sondern Störungen führen auch zu Konzentrationsverlusten bei den Ärzten. Die häufig verwendete Formel „Ja, wo waren wir noch einmal, ach ja…“ verdeutlicht dieses Phänomen sehr plastisch. Störungen führen immer zu Verlängerungen von Gesprächen, die dann nicht harmonisch, sondern eher abrupt-gehetzt enden – für die Patientinnen ein weiteres negatives Erlebnis. Dabei ist die Lösung dieser Probleme sehr einfach: mit dem Personal wird verabredet, dass Störungen grundsätzlich ausgeschlossen sind, für telefonische Rückrufe werden entsprechende Blockzeiten eingeplant, notwendige Absprachen werden zwischen Patientenkontakten getroffen.
(3) Effiziente Kommunikation im Sinne eines Informationsaustausches wird erst möglich, wenn zwischen Arzt und Patientinnen keine Kommunikationsbarrieren existieren. Diese bestehen zum einen in räumlichen Anordnungen: der niedrige Patientenstuhl vor dem hohen Arztschreibtisch, die große Distanz zum Arzt über die Schreibtischfläche oder die durch einen Computerbildschirm teilweise verstellte Sicht sind solche Barrieren. Sie schrecken ab, verhindern ein Sich-Öffnen und können sogar zu Abwehrhaltungen führen. Zum anderen werden Barrieren durch eine nicht patientengerechte Sprache aufgebaut. Das Unverständnis führt auf Seiten der Patientinnen zu Einschüchterung, zu einem In-Sich-Zurückziehen und zu Unzufriedenheit. Untersuchungen belegen, dass die Verwendung verständlicher Erläuterungen nicht zu der vielfach befürchteten Verlängerung von Patientinnengesprächen führt, dafür aber die Compliance und vor allem die Arzt-Patientinnenbindung verstärken. Voraussetzung einer effizienten Kommunikation ist in diesem Kontext die initiale Analyse des Wissenstands der Patientinnen zu ihren Erkrankungen und den Therapiemöglichkeiten („Haben Sie hiervon schon einmal gehört…?“).
(4) Arzt-Patientenkommunikation muss – soll beide Seiten zufriedenstellen – im Grundsatz als Dialog angelegt sein. Natürlich ist es notwendig, dass der Arzt, um überhaupt eine Diagnose stellen oder eine Beratung durchführen zu können, bestimmte Fragen stellt. Das wird auch von ihm erwartet. Die drei wichtigsten Grundregeln eines dialogorientierten Arzt-Patienten-Gesprächs lauten hierbei:
– Patientinnen möglichst nicht bei ihren Schilderungen unterbrechen
– Emotionen der Patientinnen nicht ignorieren und
– eindeutige Erklärungen abgeben.
Mit Hilfe einer kurzer Zusammenfassung lässt sich überprüfen, ob die Gesprächspartnerin alle Informationen verstanden hat, mit Kopfnicken und anderen non-verbalen Signale können Zuwendung und Interesse gezeigt werden.
Bei der Untersuchung von Kommunikationsprozessen in Frauenarztpraxen stösst man immer wieder auf ein für viele Praxisinhaber sehr wichtiges Thema: die „schwierigen Patientinnen“. Hiermit beschäftigt sich am 02.03.2013 Teil 3 dieser Mini-Serie.
Der Optimierungs-Tipp zum Thema: ÄQSI Nr. 84: Die ärztliche Qualitätssicherungsinitiative “IFABS Analyse-, Fortbildungs- und Optimierungsprogramm für niedergelassene Ärzte”
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