“Schwierige Patientinnen”: Über das Schubladen-Denken in Frauenarzt-Praxen / Teil 3 der Mini-Serie “Best Practice-Kommunikation in der Frauenarzt-Praxis”

Bei der Untersuchung von Kommunikationsprozessen in Frauenarztpraxen stösst man immer wieder auf ein für viele Praxisinhaber sehr wichtiges Thema: die „schwierigen Patientinnen“. Das Spektrum dieses Patiententyps ist sehr groß, denn das Label „schwierig“ wird leider sehr schnell und zu häufig vergeben, z. B. wenn
– Mitarbeiterinnen mit Patientinnen nicht zurecht kommen und diese dann dem Arzt als „schwierig“ ankündigen,
– Patientinnen detailliert nachfragen, der Arzt aber unter Zeitdruck steht,
– empfohlene Therapien nicht ohne weiteres angenommen werden („Gibt es denn nicht auch etwas Natürliches…?)
und erstreckt sich bis hin zu Patientinnen, denen Diagnosen mitgeteilt werden müssen, die ihr Leben negativ verändern werden. Insgesamt gesehen besteht ein linearer Zusammenhang zwischen der Anzahl der als schwierig eingestuften Patienten und der Stressbelastung eines Praxisteams. Dabei ist Anzahl wirklich schwieriger Patientinnen – wie bereits angeführt – sehr gering und im Kern geht es um schwierige Gesprächssituationen. „Schwierig“ wird es immer dann, wenn die Ziele des Arztes nicht mit denen der Patientinnen übereinstimmen. Ist eine Zielharmonie dauerhaft nicht erreichbar, handelt es sich um eine „echte“ schwierige Patientin. Das können z. B. Fälle sein, in denen vom Arzt Verordnungen oder sonstige Leistungen gefordert werden, die er so nicht erfüllen kann oder will, auf denen die Patientin aber beharrt. Einen Sonderfall stellt sicherlich die Übermittlung lebensverändernder Diagnosen dar. In diesen Situationen ist es vor allem wichtig:
– sich gut auf das Gespräch vorzubereiten,
– die Fakten verständlich, aber kurz und knapp darzulegen,
– soweit möglich, auch positive Botschaften zu übermitteln
– alle Informationen zu übermitteln,
– zurückhaltende Empathie zeigen,
– sich genügend Zeit zu nehmen und diese vor allem der Patientin für die Akzeptanz der Nachricht und für ihre Fragen zu geben,
– mögliche weitere Schritte (z.B. Kontrolluntersuchungen) schon vorbereitet oder vorgeplant zu haben
– unsichere Versprechen bezüglich des möglichen Krankheitsverlaufes zu vermeiden und – ganz wichtig –
– einen Spielraums für eigene Entscheidungen der Patientin zu schaffen.​

Teil 1: Kommunikations-Notstand in der Frauenarztpraxis: Lediglich 26% der Ärztinnen und Ärzte kommunizieren professionell mit ihren Patientinnen
Teil 2: Unwissenheit oder Gleichgültigkeit? Nur 1/3 der Frauenärzte kommunizieren professionell mit ihren Patientinnen

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