Viele niedergelassenen Ärzte sind Theken-Touristen. Sie verlassen durchschnittlich 46 Mal pro Tag ihr Konsultationszimmer und gehen an den Empfang, um dort Anweisungen zu übermitteln, Organisatorisches zu erledigen oder Unterlagen abzugeben. Bei einer mittleren Aufenthaltsdauer von 52 Sekunden ergibt sich hieraus ein täglicher Verlust an patientenbezogener Arbeitszeit von knapp 40 Minuten. Hierbei vergeuden die Praxisinhaber Zeit durch die Übernahme von Aufgaben, die originär in den Arbeitsbereich der Mitarbeiterinnen gehören. Auf das Jahr hochgerechnet und aggregiert ergeben sich dadurch gut 18 Arbeitstage, die ausschließlich mit Botengängen verbracht werden. Hinzu kommen weitere Negativ-Effekte:
– durch die administrative Tätigkeit verkürzt sich die Vorbereitungsmöglichkeit auf das jeweilige Folgegespräch, das dementsprechend nicht mit einer sofortiger Konzentration auf den Patienten, sondern mit organisatorischer Vorarbeit beginnt,
– in der Zeit am Empfang werden immer wieder schnelle Zwischendurch-Entscheidungen verlangt, die Entscheidungsqualität sinkt dadurch,
– es ist keine Sekunden-Entspannung möglich (“Durchatmen”), so dass die Energie des Arztes im Tagesablauf schneller verbraucht wird,
– Patienten erhalten das Signal, dass der Arzt sich nicht mehr mit dem vorhergehenden Praxisbesucher im Gespräch befindet und hoffen auf einen baldigen Aufruf, die Ungeduld wächst dadurch,
– die Medizinischen Fachangestellten ergreifen die Möglichkeit, kleinere Probleme oder Fragen zu klären, die sie andernfalls selbst lösen müssten, selbständiges Handeln, das auch ärztliche Entlastung bedeutet, wird folglich nicht gefördert.
Fazit: Arbeiten differenzieren und delegieren ist effizienter und patientenorientierter als transportieren.
Der Praxisberater aus dem Buchhandel: Die Benchmarking-Praxisanalyse
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